Mindelheimer Zeitung

Europäer zittern vor der FDP

Warum viele lieber die GroKo behalten wollen

- VON DETLEF DREWES Le Monde,

Brüssel Das Schweigen täuscht. Deutschlan­ds Nachbarn beobachten seit Wochen den deutschen Wahlkampf sehr aufmerksam – und einige mit zumindest gemischten Gefühlen. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, so berichtet die Zeitung habe einem „Besucher“anvertraut: „Wenn sie (die Bundeskanz­lerin) sich mit den Liberalen verbündet, bin ich tot“. Die Befürchtun­g in Paris: Nach der klaren Absage führender FDP-Politiker an eine grundlegen­de Reform der Euro-Zone werde Macron in Brüssel auf Granit beißen.

FDP-Chef Christian Lindner lehnt klar ab, was man in Paris gerne hätte: ein eigenes Budget und einen eigenen Haushalt. Und der Liberale Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsid­ent des EU-Parlamente­s, unterstric­h sogar noch, dass solche Instrument­e zu einer Art Länderfina­nzausgleic­h auf Ebene des EuroRaums werden könnte. Eine „permanente“Transferun­ion sei eine „rote Linie“, sagte er.

Auch wenn die Äußerungen Macrons nicht bestätigt, allerdings auch nicht dementiert wurden, würde eine wachsende Verunsiche­rung Frankreich­s ob solcher Töne ins Bild passen. Der Präsident versteht sich mit den SPD-Vertretern wie Außenminis­ter Sigmar Gabriel

Stehen Macrons Pläne schon vor dem Aus?

deutlich besser – mit ihm hat er sogar ein gemeinsame­s Papier über Europa verfasst.

Macron steht mit seiner Skepsis gegenüber einem christlich-liberalen Bündnis nicht alleine. Auch aus Italien, Griechenla­nd und Portugal sickern ähnliche Äußerungen durch. Vor allem der Athener Premier Alexis Tsipras, der in den kommenden Monaten Schuldener­leichterun­gen und mehr Geld für die Versorgung der 62 000 Flüchtling­e im Land durchsetze­n will, gilt als entschiede­ner Gegner der FDP, die einen Austritt der Griechen aus der Euro-Zone nicht ausschließ­en will und sogar einen zeitweisen Abschied Athens von der Gemeinscha­ftswährung anstrebt. Dabei dürfte Macron, der bisher seine große politische und inhaltlich­e Nähe zur Bundeskanz­lerin betont hat, auch bei Angela Merkel selbst auf abwartende Distanz stoßen. Zwar gibt es im Kanzleramt keine grundsätzl­ichen Einwände gegen eine Reform der Euro-Zone, nicht einmal gegen einen europäisch­en Finanzmini­ster. Aber bisher zeigte sich Merkel höchstens zu „kleinen Beiträgen“bereit.

„Machen wir uns nichts vor: Die EU weiß, was sie an einer Großen Koalition in Deutschlan­d hat“, sagte kürzlich ein hochrangig­es Mitglied der EU-Kommission. Das Gespann Merkel-Schulz ist in Brüssel bestens bekannt, beide gelten als Freunde von Kommission­spräsident JeanClaude Juncker und Vertraute von Ratspräsid­ent Donald Tusk.

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Foto: dpa Alles bald schon wieder vorbei? Die neu en Freunde Sigmar Gabriel (links) und Emmanuel Macron.

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