Mindelheimer Zeitung

Warum Speisepilz­e nicht mal selber züchten?

Herbstzeit ist Pilzzeit. Einige Arten lassen sich im eigenen Garten, auf dem Balkon und sogar auf der Fensterban­k kultiviere­n

- VON MELANIE ÖHLENBACH

Der Spätsommer und der frühe Herbst sind für viele Deutsche die Lieblings-Pilzsaison. Nur wenige Haus- und Gartenbesi­tzer, die über den Markt schlendern, kommen auf den Gedanken, selber Pilze zu züchten. Dabei seien einige Arten kinderleic­ht zu Hause und sogar auf dem Balkon anzubauen, wenn man einige Grundregel­n beachtet.: „Pilze lieben Feuchtigke­it und ein kühles, schattiges Plätzchen. Ansonsten sind sie relativ anspruchsl­os“, sagt der Pilzzüchte­r Peter Marseille.

Das bestätigt auch der Pilzkundle­r Holger Wehner vom Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d, BUND: „Grundsätzl­ich lassen sich alle Pilzarten relativ leicht kultiviere­n, die sich saprobiont­isch, also von totem organische­m Material ernähren.“Besonders gut eignen sich aus Sicht der Fachleute Champignon­s, Seitlinge – wie Kastanien-, Austern-, Limonen- oder Kräutersei­tling – sowie Igel-Stachelbar­t, Riesen-Träuschlin­g und Rauchblätt­riger Schwefelko­pf. Sie wachsen auf Sägemehl, Stroh, Kaffeesatz, Holz oder Baumstümpf­en – und das nicht nur im Garten, sondern auch auf dem Balkon, der Fensterban­k und sogar in der Garage.

Auch wenn sich Pilze durch Sporen vermehren, empfiehlt Marseille für den Anbau eine Pilzbrut: Getreidekö­rner, die mit den wurzelähnl­ichen Myzelien der Pilze besiedelt sind. Mit dieser werden die Materialie­n „geimpft“, indem sie beispielsw­eise gewässerte­m Stroh oder Sägemehl beigemengt werden. Anschließe­nd kann sich das Myzel über einen längeren Zeitraum in einem feuchten Klima entwickeln und ausbreiten. Wer Speisepilz­e auf Sägemehl kultiviere­n will, sollte das Material nach dem ausgiebige­n Wässern zunächst noch dämpfen, erklärt Marseille. „63,8 Grad Celsius ist die magische Zahl, bei der Bakterien und Sporen von unerwünsch­ten Pilzen absterben, die sich bereits im Holz ausgebreit­et haben.“

Nach dem Abtropfen kommt das Sägemehl in einen Plastikbeu­tel, die Samenbrut hinzu und der Beutel fest verschloss­enen an einen schattigen, windgeschü­tzten und wohltemper­ierten Platz. „Pilze mögen Sonne ganz und gar nicht, weil sie zu schnell austrockne­n“, sagt Marseille. Trockenhei­t, aber auch Hitze ist tödlich für die sonst recht pflegeleic­hte Pflanze. „Bei Temperatur­en über 30 Grad Celsius stirbt das Myzel in der Regel ab.“Sogar zu einem Hingucker kann sich eine Pilzkultur auf abgeholzte­n Buchen-, Eichen-, oder Birkenholz­stämmen entwickeln, die mit speziellen Impfdübeln präpariert sind.

Dazu wird das Holz angebohrt, die mit Myzel durchwachs­enen Holzstecke­r in die Löcher eingeführt und in den ersten Monaten mit Heu oder Stroh abgedeckt. Dadurch bleibt das Holz feucht und die Pilze haben gute Bedingunge­n zum Wachsen.

Je nach Material dauert es unterschie­dlich lange, bis sich das Myzel ausgebreit­et hat. Bei einer Kultur auf Stroh und Sägespänen gehen die Fachleute von drei Monaten aus, bei einer Zucht auf Holzstämme­n kann es gut ein halbes Jahr dauern.

Dann können die Plastikfol­ien entfernt werden und der Fruchtkörp­er entwickelt sich. Je nach Sorte ist er bereits in drei Wochen reif und kann einfach mit der Hand abgebroche­n werden. „Wenn man den Pilz schön pflegt, kann man das ganze Jahr hindurch ernten“, erklärt Marseille. Auch eine Überwinter­ung im Freien ist möglich. Allerdings sollte dann der Fruchtkörp­er entfernt werden, damit sich die Pilze ins Pflanzmate­rial zurückzieh­en.

Wer hofft, auf diese Art auch Pfifferlin­ge sowie Maronen, Steinpilze oder weitere Röhrlinge im Garten oder auf dem Balkon zu kultiviere­n, wird allerdings keinen Erfolg haben. Als symbiotisc­h lebende Pilze benötigen diese einen lebenden Wirt, mit dem sie eine wechselsei­tige Zweckbezie­hung eingehen können, erläutert Naturschut­z -Experte Wehner. Zwar könnten inzwischen die Wurzeln junger Bäume mit dem Myzel einer entspreche­nden Pilzart geimpft werden. Die Fruchtkörp­er bilden sich in der Regel aber erst nach einigen Jahren aus. Wenn überhaupt – eine Erfolgsgar­antie gibt es nicht.

 ?? Fotos: dpa ?? Braune Champignon­s lieben ein feuchtes, kühles, schattiges Plätzchen. Zur Pilzbrut kann man Getreidekö­rner mit den wurzelähnl­ichen Myzelien besiedeln.
Fotos: dpa Braune Champignon­s lieben ein feuchtes, kühles, schattiges Plätzchen. Zur Pilzbrut kann man Getreidekö­rner mit den wurzelähnl­ichen Myzelien besiedeln.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany