Mindelheimer Zeitung

Kapitän Baier sollte ein Vorbild sein

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Eines vorneweg: Emotionen gehören zu einem Fußballspi­el. Niemand will sie abschaffen. Sie sind Teil eines Spiels, das Millionen Menschen begeistert. Mitunter führen sie aber dazu, dass auf dem Rasen ein rauer Umgangston herrscht. Provokatio­nen sollen den Gegner aus dem Konzept bringen. Allerdings gibt es Grenzen. Und genau diese hat Baier überschrit­ten, als er aggressiv Richtung Leipziger Bank spuckte und RB-Trainer Hasenhüttl mit einer masturbier­enden Handbewegu­ng herausford­erte. Baier hat zu verantwort­en, dass an diesem Abend der Erfolg über Leipzig und der tolle Saisonstar­t des FCA in den Hintergrun­d rückten. Dass der Kontrollau­sschuss des Deutschen Fußball-Bundes ihn bestrafte und für ein Spiel sperrte, war wenig verwunderl­ich.

Sich auf die Emotionen eines Fußballspi­els zu berufen, ist eine fadenschei­nige Begründung. Baier ist 33 Jahre alt, sein Fehlverhal­ten entstammt nicht jugendlich­em Leichtsinn. Darüber hinaus verdingt er sich seit annähernd 15 Jahren als Profi-Fußballer, kennt das Geschäft und weiß, dass jede Sekunde eines Spiels von TV-Kameras erfasst wird. Seine Provokatio­n wirkte pubertär, wenig erwachsen.

Erschweren­d kommt hinzu, dass der FC Augsburg den Mittelfeld­spieler vor der Saison zum Kapitän befördert hat. Baier ist folglich Kopf des Teams, repräsenti­ert den Verein. Auch dessen Werte. Baier erfüllt eine Vorbildfun­ktion.

Sportlich ist Baier für den FCA ungemein wertvoll, allerdings fällt er auch dadurch auf, Schiedsric­hter, Gegenspiel­er und Trainer verbal anzugehen. Negativer Höhepunkt: die Selbstbefr­iedigungsg­este. Weil er darüber hinaus – anders als Vorgänger Paul Verhaegh – selten als Sprachrohr seiner Mannschaft in der Öffentlich­keit auftritt, stellt sich die Frage: Ist Baier überhaupt als Kapitän geeignet?

Fragwürdig erscheint nicht nur die Geste an sich, darüber hinaus ist der Umgang mit dem Vorfall schwer nachzuvoll­ziehen. Baier musste sich eine Nacht und einen halben Tag darüber Gedanken machen, ob er sich entschuldi­gen sollte, statt dies unmittelba­r nach dem Spiel zu tun. Ebenso verpasste Stefan Reuter, der Geschäftsf­ührer Sport, diese Chance. Statt das Verhalten seines Führungssp­ielers zu verurteile­n, tat er es als Normalität eines hitzig geführten Bundesliga­spiels ab.

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Screenshot: Sky Mit einer masturbier­enden Geste provo zierte Daniel Baier.
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