Aus der Traum
Tony Martin geht im Einzelzeitfahren leer aus. Den Titel holt sich der Giro-Sieger
Bergen Kaum war Tony Martin nach der ernüchternden Kletterpartie am Mount Floyen zurück im verregneten Bergen, wartete auch schon Freundin Nina samt Töchterchen sowie Mutter Bettina als Trost. Ein paar Stunden im Familienkreis durfte der entthronte ZeitfahrWeltmeister entspannen – und auf andere Gedanken kommen. Denn mit der erhofften Medaille wurde es beim Rad-Spektakel in Norwegen nichts. Platz neun, 1:39 Minuten Rückstand auf den überragenden Tom Dumoulin aus den Niederlanden – selten war Martin in einem WM-Einzelzeitfahren derart chancenlos. „Ich bin schon enttäuscht. Damit kann ich nicht zufrieden sein“, sagte Martin. Die nächste Oranje-Party – am Vortag hatten die Frauen die Konkurrenz demoralisiert – startete stattdessen Giro-Sieger Tom Dumoulin nach einer beeindruckenden Gala-Vorstellung. Das Giganten-Duell mit dem britischen Tour- und Vuelta-Champion Chris Froome war eine einseitige Angelegenheit. Dumoulin distanzierte im „Alpe d’Huez des Nordens“nach 31 Kilometern den früheren slowenischen Skispringer Primoz Roglic um 57,79 Sekunden. Für Froome reichte es nur zu Platz drei – mit 1:21 Minuten Rückstand. Martin, Titelverteidiger und viermaliger WM-Champion, hatte nach der Kletterpartie über 3,4 Kilometer mit durchschnittlich 9,1 Prozent Steigung auf den beliebten Aussichtspunkt deutlichen Rückstand auf Dumoulin. Zehntausende Radsportfans hatten für eine Stimmung wie bei den Bergankünften der Tour gesorgt. „Auch wenn es nicht meine Strecke war, war es eines der schönsten Finals, die ich gefahren bin“, betonte der Norwegen-Fan Martin. Nikias Arndt als weiterer deutscher Starter belegte den 19. Rang (+2:16). Damit blieb der Bund Deutscher Radfahrer erstmals seit den Titelkämpfen 2006 ohne Medaille im Einzelzeitfahren.