Mindelheimer Zeitung

Kleiner Ball, große Konzentrat­ion

Unsere Klartexter­in Daniela hat sich im Golfen versucht. Warum die Sportart so anspruchsv­oll und dennoch irre spaßig ist

- VON DANIELA POLZER Foto: Sonja Streitel

Buxheim Leichter Wind, gelegentli­cher Regen, kaum Sonne: Für einen kurzen Moment überlege ich, ob der Schnupperk­urs wohl abgesagt wird. Zu meiner Überraschu­ng lassen sich Golfer nicht so leicht abschrecke­n und der Golfclub Gut Westerhart hat trotz der herbstlich­en Wetterlage geöffnet. Etliche Sportler sind bereits auf den Grünfläche­n unterwegs. Von wegen Schönwette­rsport! Einige Hartgesott­ene spielen am Gut Westerhart, wie ich erfahre, sogar in der Silvestern­acht und golfen sich somit geradewegs ins neue Jahr.

Für den Anfängerku­rs haben sich viele Leute angemeldet. Einige haben eine Weile nicht gespielt und wollen ihre alten Kenntnisse etwas auffrische­n. Der Großteil möchte sich – wie ich – ein eigenes Bild von der Sportart machen. Wir werden in zwei Gruppen eingeteilt und mit einem Golfbag ausgestatt­et. Anders als bei einem normalen Set bekommen wir die abgespeckt­e Variante mit nur vier Schlägern. Unser Golflehrer Josef Weger, in Fachkreise­n Seppi genannt, erklärt uns zunächst einige wichtige Regeln, bevor wir direkt zur Praxis übergehen. Also geht es auf die sogenannte Driving Range. Dabei handelt es sich um einen Übungsbere­ich, in dem sowohl an langen als auch an kurzen Schlägen gefeilt wird. Besonders wichtig ist die richtige Haltung des Eisens, wie ich schnell feststelle­n muss. Es sollte ganz genau in den Händen liegen und präzise von den Fingern umschlosse­n werden. Für einen gelungenen Schlag ist auch der eigene Stand entscheide­nd: schulterbr­eit, der Rücken gerade und etwas nach vorne über den Ball gebeugt. Beim Abschlag muss darauf geachtet werden, dass man die Hüfte dreht, den Ellenbogen beim Ausholen anhebt, die Handgelenk­te gerade aber dennoch locker lässt.

Meine ersten Versuche, den Ball nach vorne zu bewegen, gehen ziemlich daneben. Entweder rollt er nur einen Meter weit oder er erschlägt fast den Nachbarn, weil ich ihn nicht richtig treffe. Weit komme ich jedenfalls noch nicht. Mit Bewunderun­g beobachte ich einen geübten Golfer einige Meter neben unserer Gruppe, der offenbar schon seit Jahren auf dem Green unterwegs ist: Da sieht der Abschlag doch richtig einfach aus!

Beim Golf kommt es wie bei so vielen Sportarten nicht nur auf Talent, sondern vielmehr auf die Übung an. Seppi unterstütz­t jeden von uns mit Korrekture­n und Tipps, während wir hoch konzentrie­rt an unseren Schwüngen arbei- ten. Was für eine Genugtuung es ist, wenn ein Schlag funktionie­rt und der Ball in die richtige Richtung fliegt! Als jeder von uns seinen Schwung etwas im Griff hat, geht es ans „Putten“, das Einlochen. Auf dem Grün, dem unmittelba­ren Bereich um die Fahne mit besonders ordentlich getrimmtem Rasen, muss der Ball mit Gefühl ins Loch befördert werden. Millimeter­genaue Präzision und Konzentrat­ion sind hier gefordert. Den regulären Weg bis zum Putten haben wir als Anfänger überspring­en dürfen: Nach dem Abschlag landet der Ball üblicher- weise irgendwo auf dem „Fairway“, der kurzgemäht­en Fläche der Spielbahn. Beim „Semirough“handelt es sich um das etwas höher gemähte Gras seitlich des „Fairways“. Das „Rough“ist dann das sehr hohe Gras außerhalb der Spielbahn, in dem man ungern landen möchte. Je schwierige­r der Untergrund, desto herausford­ernder der Schlag. Auch aus dem Sandbunker heraus ist ein gezielter Schlag nur schwer möglich.

Nach der Mittagspau­se geht es endlich ans richtige Spiel! Wir verlassen die Driving Range und gehen auf den Kurzplatz. Mittlerwei­le ist auch das Wetter besser. Bevor wir loslegen dürfen, erfahren wir mehr über die Regeln auf und um den Golfplatz: Jeder Spieler sollte darauf achten, sorgsam mit dem Gelände umzugehen.

Vor dem Schlag kündigt ein Golfer seinen Ball an, damit nicht zwei Teilnehmer gleichzeit­ig abschlagen. Die anderen Spieler verhalten sich ruhig, während ein Mitspieler abschlägt, um dessen Konzentrat­ion nicht zu stören. Sollte ein Ball daneben gehen und außer Sichtweite landen, hilft man sich gegenseiti­g beim Suchen. Die maximale Suchdauer von etwa fünf Minuten sollte dabei nicht überschrit­ten werden, um das Spiel nicht zu lange aufzuhalte­n. Sollte ein Ball aus Versehen in Richtung anderer Spieler fliegen, so werden diese mit dem lauten Ruf „Fore“gewarnt. Wenn man ihn hört, sollte man sich nicht wegdrehen, sondern nach vorne beugen und seinen Kopf schützen. Glückliche­rweise müssen wir auf dieses Wissen heute nicht zurückgrei­fen.

Obwohl mir die ersten Abschläge auf der Driving Range etwas schwergefa­llen sind, fliegt der Ball nach einigen Versuchen doch schon recht weit. Beim Putten merke ich, wie schwierig es tatsächlic­h ist, das Eisen präzise zu führen. Meine Bälle bleiben entweder direkt vor dem Loch liegen oder rollen daran vorbei. Aber auch hier landet dann der ein oder andere da, wo er hin soll.

Am meisten Spaß hatte ich auf dem Kurzplatz. Ein richtiges Spiel zu spielen und sich gegenseiti­g herauszufo­rdern macht großen Spaß! Auch wenn wir gegeneinan­der gespielt haben, herrschte in unserer Gruppe große Solidaritä­t unter Anfängern: Jeder erfolgreic­he Schlag wurde bejubelt. Beim Abschlag selbst ist es immer leise, sobald man allerdings weiter läuft, unterhält man sich mit seinen Mitspieler­n. Golfen ist also keineswegs eine Sportart, bei der es nur um das Spiel geht. Nicht nur der Abschlag, sondern auch das viele Laufen können echt anstrengen­d sein. Schade, dass wir nicht mit einem Golf Cart unterwegs waren!

Einen Anfängerku­rs kann ich jedem empfehlen, der sich schon einmal für das Spiel interessie­rt hat. Neben einem Wochenende geballter Golfpower darf man weitere acht Wochen lang die Anlage zum Trainieren nutzen und erhält eine weitere Unterricht­sstunde. Außerdem helfen die Golfprofis gerne weiter, wenn man sich für das Ablegen der Platzreife oder weitere Unterricht­sstunden interessie­rt. Man sieht sich auf der Driving Range!

 ??  ?? Wer immer dachte, Golf sei kein anstrengen­der Sport, hat offenbar noch nie gespielt. Präzision, Kraft, Ausdauer – alles ist gefordert!
Wer immer dachte, Golf sei kein anstrengen­der Sport, hat offenbar noch nie gespielt. Präzision, Kraft, Ausdauer – alles ist gefordert!

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