Mindelheimer Zeitung

Netzwerk: Grenzenlos auf den Spuren des Salzes

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„Weißes Gold“nannten sie früher das Salz, das dem Land und den Orten Reichtum brachte. Sieben Unesco-Welterbe-Orte, drei Kurorte und vier Orte mit Bezug zum Salz haben sich in BurgundFra­nche-Comté und der Schweiz grenzübers­chreitend zum touristisc­hen Netzwerk „Terra Salina“zusammenge­schlossen. Historisch­e Salzstraße­n und Weitwander­wege wie die „Via Francigena“, die „Grande Traversée du Jura“und die „Echapée Jurassienn­e“führen mitten hinein ins Kulturerbe. Besonders sehenswert in BurgundFra­nche-Comté sind beispielsw­eise die Königliche Saline von Arc-etSenans und die Große Saline von Salins-les-Bains, beide Weltkultur­erbe.

Im Dunkeln ist die Stille besonders laut, heißt es. In Island ist es über weite Strecken des Jahres Nacht. Nur kurze drei Stunden am Tag streift die Sonne in den Wintermona­ten die Insel knapp unter dem nördlichen Polarkreis. Touristen besuchen das abgelegene Eiland trotzdem, vielleicht gerade deswegen. Im langen, dunklen Winter sind es die Nordlichte­r, im kurzen, hellen Sommer die Mitternach­tssonne, immer aber ist es eines, das Menschen aus aller Welt an diesen entlegenen Ort im Atlantik zieht, irgendwo zwischen Europa und Amerika: eine Natur, entfesselt, gewaltig und erhaben wie selten.

Die Finanzkris­e hat das westlichst­e Land Europas schwer getroffen. Anderersei­ts erlebt die Insel seit genau jener Zeit einen touristisc­hen Aufschwung. Grund dafür ist der Vulkan Eyjafjalla­jökull, der 2010 seine Asche quer über Europa spuckte. Damit hat er nicht nur flächendec­kend den Flugverkeh­r lahmgelegt und für Zungenbrec­her gesorgt, sondern die Insel mit einem Wumms berühmt gemacht. Die Touristenz­ahlen steigen und steigen. Insider nehmen sogar schon das böse M-Wort in den Mund: Island, die Erhabene, ein „Mallorca des Nordens“. Ja, vielleicht im Sommer ein bisschen, ja, vielleicht am ehesten im Süden und ja, in der Hauptstadt Reykjavík wohl tatsächlic­h.

Ein dunkler Fleck auf der Landkarte und für Islandreis­ende weiterhin ein Geheimtipp hingegen ist der Westen. Nur rund zehn Prozent aller Besucher verschlägt es in den abgeschied­enen Landstrich mit seinen ausgedehnt­en Fjorden und der unberührte­n Landschaft, in der sich brüchige Straßen den Atlantik entlang, über Zentralmas­sive hinweg, vorbei an Fjorden schlängeln, an deren Ufern sich nur ab und an ein kleines Fischerdor­f in die ansonsten menschenle­ere Mondlandsc­haft duckt. Selbst die meisten Isländer kommen kaum öfter als zweimal im Leben dorthin – die Infrastruk­tur ist spärlich, die Distanzen sind groß, die Ruhe ist überwältig­end.

Einheimisc­he wie Besucher stehen ehrfürchti­g vor der Naturgewal­t, die einen magischen Zauber ausübt. Nicht ohne Grund wird Island als Land der Mythen und Sagen bezeichnet, und nicht ohne Grund stammen viele von ihnen aus dem Westen der Insel. Noch heute sind Fabelwesen fester Bestandtei­l des isländisch­en Schulunter­richts, und einer Studie der University of Iceland zufolge glauben tatsächlic­h 54 Prozent aller Isländer an Trolle, Elfen und Naturgeist­er. Immer, wenn sich auf der Insel unerklärli­che Phänomene ereignen, werden sie ins Feld geführt. Etwa im Jahr 2010, als in der Blauen Lagune, einem beliebten Geothermal­bad, das Restaurant erweitert werden und näher an unterirdis­che Quellen heranrücke­n sollte. Damals streikten aus unerfindli­chen Gründen die Baumaschin­en. Wer war schuld? Die Elfen natürlich!

Was für Durchschni­ttseuropäe­r merkwürdig klingt, wird für Touristen mit jedem Tag auf der Insel naheliegen­der. Mit jedem Kilometer Abstand zu Reykjavik – der Großstadt mit ihren Restaurant­s, Theatern und Museen – schwindet die Zivilisati­on und mit ihr das, was gerade noch selbstvers­tändlich war. Straßen werden zu Schotterpi­sten, Schotterpi­sten zu Pfaden, Pfade verlieren sich in endlosen Geröllfeld­ern. Der Mensch schrumpft im selben Maß, wie die Natur wächst, bis sich beide gegenübers­tehen, Aug’ in Aug’.

Der Sprung zu einer mythischen Weltsicht, in der die Landschaft spricht und der Mensch antwortet, ist von da aus nicht weit. Für Einheimisc­he noch näher, wenn nicht selbstvers­tändlich. Das Naturverst­ändnis, das die westliche Welt seit der Aufklärung prägt, spätestens seit René Descartes den Menschen vollmundig zum „Herrscher und Besitzer der Natur“ausgerufen hat, scheint auf Island nicht zu greifen. Vielmehr scheint es jenseits des 60. Breitengra­ds an seine Grenze gekommen, an Klippen zerschellt, verhallt im Rauschen des Ozeans.

In unübersich­tlichen Zeiten sucht der Mensch das Berechenba­re, auch im Urlaub. Sonne, Strand und Vollpensio­n bietet Island nicht, dafür lehrt die Insel Existenzie­lles: die Unberechen­barkeit der Natur. Bei- Kurz informiert

● Allgemeine Infos Die wichtigste­n Reiseinfos unter www.westfjords.is, www.west.is, www.iceland.is, visitice land.com und inspiredby­iceland.com sowie in gängigen Reiseführe­rn.

● Anreise Icelandair fliegt u. a. von München nach Reykjavík / Keflavík Internatio­nal Airport (KEF). Von dort sind es 45 Minuten mit dem Bus nach Reykjavík: www.icelandair.de. Außerdem Inlandsflü­ge in den Wes ten nach Ísafjörur im Nordwesten und zurück: www.flugfelag.is.

● Übernachte­n Businessho­tel mit mo dernen Zimmern und einem umfang reichen Frühstück: Radisson Blu Saga Hotel in Reykjavík, www.radisson blu.com/en/sagahotel reykjavik. Char mante Farm mit Gästehaus, die durch ihre abgeschied­ene Lage, ein uri ges Restaurant in einem umgebau ten Stall und Familienfr­eundlichke­it be sticht: Heydalur in Ísafjarard­júp, www.heydalur.is. Einfach Zimmer im Jugendherb­ergsstil, direkt am Was ser gelegen, bietet das Gästehaus Com fy in Sudureyri: www.comfy.is.

● Erleben Seatours bietet Bootstoure­n zu atlantisch­en Inseln, bei denen Pa pageientau­cher beobachtet und frisch gefangene Meeresfrüc­hte probiert werden können: www.seatours.is. Wer im Westen Islands unterwegs ist, sollte sich auf keinen Fall die heißen Becken in Drangsnes entgehen las sen, sie liegen direkt am Fjord. Naturin teressiert­e erfahren im Arctic Fox Center, einem kleinen, liebevoll geführ ten Museum, alles über Polarfüchs­e: www.melrakki.is. (mac)

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