Mindelheimer Zeitung

Geschafft!

Der Trägervere­in des „Fichtenhau­ses“in Anhofen hat gleich doppelt Grund zum Feiern

- VON SANDRA BAUMBERGER

Anhofen Ganz fertig ist es noch nicht, das neue „Fichtenhau­s“in Anhofen. Möbel und Schranktür­en fehlen noch, die Küche auch und aus der Decke halten einzelne Kabel Ausschau nach den Lampen, an die sie angeschlos­sen werden sollen. Doch solche Kleinigkei­ten stören bei der Einweihung des neuen Heimes für mehrfach behinderte Autisten nun wirklich niemanden.

Sie ziehen ohnehin frühestens im November ein und zu groß sind die Freude und die Erleichter­ung, dass das neue Heim überhaupt da steht. Dass es der rührige Trägervere­in mit seinen gerade einmal 55 Mitglieder­n tatsächlic­h geschafft hat, dieses erst Ein-, dann Zwei- und schließlic­h Dreimillio­nenprojekt zu verwirklic­hen. Dass er trotz mancher Hinderniss­e nicht aufgegeben und so den sieben Bewohnern des alten „Fichtenhau­ses“eine Zukunft gegeben hat. Denn wie berichtet wäre die ohne den Neubau höchst ungewiss gewesen. Die Heimaufsic­ht hatte mit der Schließung des alten Fichtenhau­ses gedroht, weil es – auch für die Mitarbeite­r – viel zu klein, eng und sanierungs­bedürftig ist, um dort noch länger sieben behinderte Erwachsene zu betreuen.

Entspreche­nd groß ist die Dankbarkei­t, die in allen Grußworten zur Einweihung des neuen Hauses zum Ausdruck kommt. „Wir danken Gott für diesen wunderschö­nen Neubau und allen, die sich dafür eingesetzt haben“, sagt Pater Michael Darlyvilla, der zusammen mit Anja Bittner, Vertrauens­frau der evangelisc­hen Kirche, nicht nur den Neubau, sondern auch die fünf Vorstandsm­itglieder des Trägervere­ins segnet. „Ohne Ihr Engagement wäre dieses Haus nicht möglich“, lobt der Geistliche. „Ich habe großen Respekt vor Menschen wie Ihnen.“

Beim anschließe­nden Festakt bedanken sich auch Staatssekr­etär Franz Josef Pschierer, Landrat Hans-Joachim Weirather, Bürgermeis­ter Peter Wachler und Patientenf­ürsprecher Detlef Langer für den Mut, die Kraft und die Ausdauer des Quintetts, das sich aus dem Mindelheim­er Neurologen Wilfried Mütterlein, dem Tussenhaus­ener Allgemeina­rzt Josef Nieberle, der Rektorin der Tussenhaus­ener Grundschul­e, Claudia Schmidt, ihrem Mann, Bankkaufma­nn Edgar Schmidt, und Heimleiter Alois Rindle zusammense­tzt. „Das war ja ein bisschen wie David gegen Golliath“, sagte Pschierer mit Blick auf die organisato­rischen und finanziell­en Hürden, die der Verein überwinden musste. Zwar habe der Freistaat das Projekt mit 1,4 Millionen Euro unterstütz­t, beinahe ebenso viel musste der Verein aber selbst tragen. „Und das ist verdammt viel Geld“, so Pschierer.

„Ich bin glücklich, dass Sie’s geschafft haben“, formuliert­e Landrat Weirather seine Anerkennun­g. Er sei dankbar, dass es so eine Einrichtun­g im Landkreis gebe, auch weil sie zeige, dass hier Ausgrenzun­g und Hass keine Chance haben. Bürgermeis­ter Wachler betonte, dass die Gemeinde wie in der Vergangenh­eit auch künftig geschlosse­n hinter dem „Fichtenhau­s“stehe. Und auch Heimleiter Alois Rindle nutzte die Gelegenhei­t, um sich im Namen der Belegschaf­t und der Angehörige­n ganz offiziell bei seinen Mitstreite­rn für ihren Mut, ihre Kraft, ihre Entschloss­enheit und ihre Ausdauer zu bedanken.

Zuvor war Wilfried Mütterlein, der Vorsitzend­e des Trägervere­ins, gewohnt hintergrün­dig-humorvoll auf die Entstehung­sgeschicht­e des „Fichtenhau­ses“und des Neubaus eingegange­n. Dabei vergaß er auch die Mitarbeite­r nicht, an deren Leidensfäh­igkeit das alte Haus sehr hohe Anforderun­gen gestellt habe. Er dankte ihnen, dem „wichtigste­n pädagogisc­hen Schatz“, den „wohlwollen­den Nachbarn“sowie allen Anhofenern, die dem „Fichtenhau­s“immer vorurteils­frei begegnet seien, den Architekte­n und auch den Behörden, ohne deren Wohlwollen das ungewöhnli­che Heim gar nicht so lange hätte überleben können. „Wir fanden die Idee des Fichtenhau­ses zu wertvoll, um diesen Funken verlöschen zu lassen“, sagte er. Ein Funke, der hoffentlic­h in die Heimlandsc­haft hinausleuc­hte.

Grund zum Feiern gab aber nicht nur die Einweihung, sondern auch die Verleihung der „Silberdist­el“, mit der die Augsburger Allgemeine und ihre Heimatzeit­ungen herausrage­ndes Engagement würdigen. Wie die Silberdist­el sei auch der Trägervere­in ein Tiefwurzle­r, sagte Johann Stoll, der Redaktions­leiter der Mindelheim­er Zeitung, bei der Verleihung. „Die Macher des Fichtenhau­ses gehören zu den Menschen, die sich unermüdlic­h für andere einsetzen“, sagte er und hob die Einzigarti­gkeit der Einrichtun­g hervor: „So etwas gibt es sonst nirgendwo.“Mit einem Augenzwink­ern bat er abschließe­nd darum, die „Silberdist­el“nicht gleich zu versilbern – auch wenn der Verein das Geld für die Ausstattun­g des einen oder anderen Zimmers ganz gut gebrauchen könnte.

 ??  ?? Die Einweihung des Fichtenhau­ses in Anhofen war allein schon Anlass zur Freude. Doch die Verleihung der Silberdist­el an den Trä gerverein durch MZ Redaktions­leiter Johann Stoll (rechts) sorgte einmal mehr für strahlende Gesichter bei (von links) Josef...
Die Einweihung des Fichtenhau­ses in Anhofen war allein schon Anlass zur Freude. Doch die Verleihung der Silberdist­el an den Trä gerverein durch MZ Redaktions­leiter Johann Stoll (rechts) sorgte einmal mehr für strahlende Gesichter bei (von links) Josef...
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Fotos: Baumberger Bei Tag der offenen Tür im Fichtenhau­s spielten Christoph und Ulrike Eckel vom „Sei denmarione­ttenspiel“für die Kinder.
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Den Segen gab es nicht nur für das neue Haus, sondern auch für die Helfer.

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