Eine Liebeserklärung an die schwäbische Heimat
Josef Hölzle hat ein lesenswertes Buch über das Unterallgäu geschrieben, das einen dramatischen Wandel durchgemacht hat. Vor allem die Menschen sind dem Autor wichtig
Mindelheim/Pfaffenhausen Er ist ein ebenso genauer wie liebevoller Beobachter seiner schwäbischen Heimat. Wo immer sich etwas im Raum Mindelheim verändert, ist das Interesse von Josef Hölzle geweckt. Es ist der Wandel, der den früheren Chef des Arbeitsamtes Augsburg und bekennenden Pfaffenhauseners Hölzle immer fasziniert hat, gepaart mit einer großen Portion Liebe zur Heimat und ihren Menschen. Diese Sympathie für Land und Leute ist auch in dem neuen Buch „Brauchtum – Heimat – Geschichten“zu spüren, das jetzt im Verlag Hans Högel KG Mindelheim erscheint.
Seit Jahrzehnten ist Sepp Hölzle Mitarbeiter der Mindelheimer Zeitung. Besonders schätzen ihn seine Leserinnen und Leser für seine Geschichten übers heimische Brauchtum, über die Heimat und ihre Menschen. In zahllosen Beiträgen für die Heimatzeitung hat Sepp Hölzle Geschichten aus dieser Heimat erzählt. Ihm war immer wichtig, keinesfalls in „Geschichts- und Heimattümelei“zu verfallen, wie er sagt, und in einer Vergangenheit zu schwelgen. „Freud und Leid, Entbehrungen sind mir wichtig zu erzählen.“
So interessiert ihn bei einer Burg nicht nur das historische Gemäuer, sondern eben auch, dass „dort 100 Menschen ums Leben gekommen sind“. Der Alltag der Menschen hat immer das besondere Interesse bei Josef Hölzle geweckt. So beschäftigt sich ein Beitrag mit der Frage, wie die Menschen früher ihre Lebensmittel konserviert haben. In Zeiten von Kühlschrank, Kühltruhe und Supermärkten ist viel Wissen verloren gegangen.
Dass der Autor schon ein wenig traurig findet, dass die Geborgenheit in der Dorfgemeinschaft heute vielleicht nicht mehr ganz so intensiv ist wie noch vor einem halben Jahrhundert, lässt er anklingen. Ein Beitrag in dem Buch erzählt von einer Oma aus Pfaffenhausen, die von ihrer Kindheit in der Großfamilie schwärmt. Der Wandel hat sich ganz besonders in der Landwirtschaft in atemberaubendem Tempo vollzogen. Sepp Hölzle ist auf Wirtschaftsstatistiken aus unserem Landstrich gestoßen, in denen es vor Jahrzehnten nur um die Zahl der Landwirte, die Zahl der Kühe, die Milchmenge und den Fettgehalt ging. Anderes spielte keine Rolle. Dass dieser Wandel auch seine weniger schönen Seiten mit sich brachte, klingt an. Die Natur sei teils zerstört worden, Tierarten sind ausgestorben. Eine Geschichte ist mit „Vom Naturparadies zum Maisfeld“überschrieben.
Über das Mühlenland oder das schwere Los der Dienstboten erzählt Hölzle ebenso wie über das kirchliche Leben. Der Notzeit nach den Kriegen widmet der Autor ein eigenes Kapitel. So erinnert er zum Beispiel an die Fliegerangriffe 1945 auf das Unterallgäu. Ein Dokument ist von besonderem Interesse. Zwei Tage vor Kriegsende hat ein SSMann in Weilbach ein Fahrrad beschlagnahmt. Der Empfang wurde offiziell durch ein Dokument des Pfaffenhausener Bürgermeister bestätigt, mit Stempel und Unterschrift. Eine Rückerstattung des Radls war natürlich Utopie.
Das Buch ist auf seinen 223 Seiten reich bebildert. Es enthält eine Fülle historischer Aufnahmen, die zum Teil zum ersten Mal veröffentlicht wurden. Für jeden Unterallgäuer ist es eine Einladung zum Entdecken der eigenen Heimat. Das Buch Josef Hölzle: „Brauchtum – Heimat – Geschichten. Das Unterallgäu im Spiegel der Zeit“, 19,50 Euro. Erschie nen im Verlag Hans Högel KG, Mindel heim. Erhältlich in den Geschäftsstellen der Mindelheimer Zeitung, bei DIN A4 Pfaf fenhausen und im Buchhandel (ISBN 978 3 9818338 7 4)