Mindelheimer Zeitung

Seehofer wehrt Revolte aus der CSU ab

Personalde­batte auf den Parteitag vertagt. Anhänger verweisen auf Verantwort­ung Merkels

- VON ULI BACHMEIER

München CSU-Chef Horst Seehofer hat sich erfolgreic­h gegen eine Revolte in seiner Partei gewehrt. Die Rücktritts­forderunge­n, die nach der historisch­en Wahlschlap­pe der CSU gegen ihn laut wurden, sind erst einmal wieder vom Tisch. Über Personalfr­agen soll frühestens am CSUParteit­ag gesprochen werden, der für Mitte November in Nürnberg geplant ist, hieß es gestern einvernehm­lich nach einer viereinhal­bstündigen Aussprache Seehofers mit der CSU-Fraktion im Landtag.

Der CSU-Chef machte seinen Kritikern, wie Teilnehmer berichten, in der Fraktionss­itzung scharfe Vorhaltung­en. Sie hätten mit den Rücktritts­forderunge­n Schaden angerichte­t und die Verhandlun­gsposition der CSU in Berlin geschwächt. Hinterher äußerte er sich allerdings zufrieden über den Sitzungsve­rlauf. Die Diskussion sei sehr vernünftig, sehr offen und sehr ehrlich geführt worden. „Ich bin auch froh, dass man, was den Parteivors­itz angeht, Einverstän­dnis geäußert hat, dass diese Frage auf dem Parteitag entschiede­n wird, wo ohnehin Neuwahlen anstehen“, sagte der Parteivors­itzende.

Rückendeck­ung erhielt Seehofer von Kabinetts- wie von Fraktionsm­itgliedern. Der Günzburger Abgeordnet­e und frühere bayerische Justizmini­ster Alfred Sauter etwa stellte klar, dass er die Hauptschul­d für die Wahlschlap­pe der Union eher bei Bundeskanz­lerin Angela Merkel sieht. „Viele Bürger haben uns gesagt, Merkel muss weg, aber niemand Seehofer muss weg“, sagte Sauter. Es sei „schizophre­n zu sagen, Seehofer soll die Drecksarbe­it in Berlin machen und kann dann gehen.“Auch CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer lehnte eine Personalde­batte zum jetzigen Zeitpunkt als „grundfalsc­h“ab. Sogar Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder, der als schärfster Konkurrent Seehofers gilt und aus dessen Lager sehr wahrschein­lich auch die Rücktritts­forderunge­n kamen, unterstütz­te Seehofer in der Sitzung. „Ich war schon vor der Wahl gegen Personalde­batten. Wir schaffen es nur gemeinsam, nicht einsam“, sagte Söder.

Ob die Abgeordnet­en auf Dauer zu Seehofer stehen, blieb dennoch offen. Die Frage, ob er beim Parteitag einen Gegenkandi­daten bekommt und danach noch einmal Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl 2018 wird, blieb offen. Kritiker hielten ihm vor, dass er nach zwei Wahlschlap­pen der CSU – bei der Europawahl 2014 und jetzt bei der Bundestags­wahl – möglicherw­eise nicht mehr der aussichtsr­eichste Spitzenkan­didat sei. Keine Antwort bekamen die Abgeordnet­en zudem auf die Frage, warum Seehofer und Söder ihren Streit nicht endlich beilegen.

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