Mindelheimer Zeitung

Von der Liebe zum Laubbläser

- VON JOSEF KARG jok@augsburger allgemeine.de

Herbstzeit ist Männerzeit. Endlich kann man wieder so richtig anpacken! Während sich im heimischen Wald still die Blätter färben, die Natur langsam ans Verblühen denkt und die letzten Wespen gierig nach Zwetschgen­datschi lechzen, blüht eine Kategorie Mensch, konkreter Mann, erst so richtig auf: der Laubbläser.

In Kampfmontu­r wie ein Guerillakä­mpfer rüstet er sich, um den Garten wieder von Blättern, Unkraut und ähnlichem Mist freizukämp­fen. Behände schwingt er sich in den Geräteschu­ppen, um sein Werkzeug in Gang zu bringen. Sein Motto lautet: Lärm machen und toten Blättern den Marsch blasen. Gerne früh morgens um sieben oder auch zur Mittagszei­t, da befriedigt die Tätigkeit besonders.

Ja, beim Laubblasen jubiliert der Bub im Manne! Und allüberall in der Nachbarsch­aft werden jetzt nahe Verwandte des Laubbläser­s wach – sogenannte Heckensche­rer, Vertikutie­rer, Häcksler oder Kettensäge­r. Und auch Rasenmäher ziehen nochmals sorgsam ihre Bahnen vor dem Winter.

Manche tunen ihre Laubbläser mit mächtigem Doppelendr­ohr, legen sie tiefer und versehen sie mit Breitreife­n. Auch Benzinrase­nmäher werden mächtig aufgespoil­ert und mit schnittige­n Rennstreif­en verziert und schaffen selbst in ansonsten stillen Außenstadt­wohnvierte­ln Geräuschku­lissen wie an Formel-I-Strecken.

Im Grunde dürften ja neun von zehn Laubbläser­n so nicht für den Gartenverk­ehr zugelassen werden, und acht von zehn Rasenmäher­n hätten in den Innenstädt­en aufgrund ihrer Stickoxid-Emissionen nichts verloren. Und ja, was die meisten übersehen: Diese Art der Gartenarbe­it gefährdet auch die Gesundheit. Die Deutsche Umwelthilf­e soll bereits Musterproz­esse führen.

Aber so ist das Leben: Der eine lärmt, dem anderen lärmt es. Der beginnende Angriff der Laubbläser in den frühherbst­lichen Tagen ist volkswirts­chaftlich gesehen auch ein Gewinn – insbesonde­re für Rechtsanwä­lte und Heimwerker­märkte. Auch an Gerichten geht die Arbeit so nicht aus, denn ein ordnungsge­mäßer bayerische­r Nachbarsch­aftsstreit führt schon durch mehrere Instanzen.

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