Innungssieger auf Nachfrage
Johannes Degenhart aus Rammingen hat das beste Abschlusszeugnis aller Schreiner an seiner Schule. Innungsbester ist dort jedoch ein anderer
Rammingen Nur durch einen Zufall erfuhr Johannes Degenhart davon, dass er Innungssieger ist. Denn bei der Ausstellung der Gesellenstücke in Memmingen, Mitte Juli, wurde noch ein anderer Name genannt. Dieser war jedoch nur der beste Schüler der Johann-BierwirthSchule. Johannes musste, wie manch anderer Lehrling aus Betrieben im östlichen Unterallgäu, jedoch in Kaufbeuren zur Schule gehen. Und mit dieser Berufsschule hätte die Memminger Schule oder die Schreinerinnung Memmingen-Mindelheim sich absprechen müssen, bevor sie den Sieger bekannt gibt. Schließlich hängt dieser Titel von der Innungszugehörigkeit des Ausbildungsbetriebs ab.
Nach Bekanntgabe der Noten an seiner Schule habe ihn ein Klassenkamerad angesprochen, dass er nur deshalb Innungsbester in Kaufbeuren sei, weil Degenhart zu einer anderen Innung gehöre. „Dass ich wirklich Bester in MemmingenMindelheim bin, war erst sicher, als ich dann die Einladung zum Berufswettbewerb der Handwerkskammer in der Hand hatte“, erzählt Johannes Degenhart.
Dass er in seiner dreijährigen Ausbildungszeit immer sehr gute Noten hatte, war ihm schon bewusst, dass es jedoch zum Jahrgangsbesten gereicht hat, überraschte ihn dann doch, gesteht er.
Obwohl er ja eigentlich quasi in der Werkstatt aufgewachsen ist: Er entspringt nämlich einer ganzen Schreinerdynastie. Sein Onkel zählte ganz genau nach und ermittelte, dass sein Neffe bereits die sechste Generation der Schreinerei Degenhart in Rammingen darstellt. Seine Ausbildung hat Johannes jedoch bei Karl-Jakob Gleich in Bad Wörishofen absolviert, dort arbeitet er auch im Moment als Geselle weiter. Der Schreinerssohn hat sich diese Schreinerei gut ausgesucht: „Der Betrieb ist mit acht Leuten nicht zu groß und der Stil dort gefällt mir. Außerdem hat die Werkstatt moderne Maschinen und man kann gut dort arbeiten.“
Einen großen Anteil an seinen guten Abschlussnoten hat auch das außergewöhnliche Gesellenstück: Indischer Apfel, der sich mit weiß lackiertem Plattenmaterial abwechselt. Der schöne Hingucker ist ein aufwendig konstruierter TVSchrank mit versteckten Fächern und bekam sogar beim Wettbewerb „Die gute Form“eine Belobigung. Die Arbeit und die Zeit, die er darauf verwendet habe, war jedoch auch überdurchschnittlich, gibt der 20-Jährige zu. Allein das seltene Furnier aufzutreiben brauchte seine Zeit. Und ebenfalls, dass das Muster dieses Furniers „durchläuft“– sprich, sich auch in ganz besonderer Weise am Möbelstück wiederholt. Doch Furnierarbeiten sowie auch Intarsien herzustellen sei eine heimliche Leidenschaft des Ramminger Jugendlichen, für die er gerne Zeit investiere.
Für den Berufswettbewerb, zu dem der Innungssieger zusammen mit neun anderen Besten in Memmingen angetreten ist, hat er sich übrigens nicht nochmals extra vorbereitet. Wie die klassischen Holzverbindungen wie zum Beispiel Schwalbenschwanzzinken hergestellt werden, das beherrscht Johannes Degenhart. „Und Übung hatte ich genug an meinem Gesellenstück.“
Leider ist er nicht zum Landeswettbewerb weitergekommen. „Die Aufgabe war sehr zeitintensiv. Nur einer oder zwei sind in den sechs Stunden überhaupt mit dem Praxisstück fertig geworden“, berichtet er. Aber dass er nicht Kammersieger geworden ist, mache ihm nichts aus. Schließlich ist der Titel des Innungsbesten ja auch schon etwas und über diesen freue er sich ebenso sehr.
Dass er diesen sicher hat, das hat er auch seiner Mutter zu verdanken. Ulrike Degenhart hat sich nämlich im August hinter das Telefon geklemmt und bei der Handwerkskammer, den Schulen und der Innung nicht locker gelassen und nachgefragt, wer denn nun insgesamt die besten Noten habe, ihr Sohn oder der Schüler der Memminger Berufsschule. „Wer eine Meisterschule besuchen will, der wird eher zugelassen, wenn er solch einen Nachweis besitzt. Das könnte Johannes vielleicht später einmal nützen, schließlich nimmt die Schule in München jedes Jahr nur rund die Hälfte der Bewerber an“, begründet sie ihren Einsatz.
Gunter Zwölfer, stellvertretender Obermeister der Schreinerinnung, meinte hierzu nur, dass es zu schwierig sei, die Noten der vereinzelten Kaufbeurer Schüler nachzufragen. „Die Schulen halten nämlich nicht zur gleichen Zeit ihre Prüfungen ab und haben unterschiedliche Termine für die Notenbekanntgabe.“Ob es in den letzten Jahren vielleicht auch schon falsche Sieger gegeben haben könnte, daran zweifle er sehr.