Mindelheimer Zeitung

Innungssie­ger auf Nachfrage

Johannes Degenhart aus Rammingen hat das beste Abschlussz­eugnis aller Schreiner an seiner Schule. Innungsbes­ter ist dort jedoch ein anderer

- VON MANUELA FRIESS

Rammingen Nur durch einen Zufall erfuhr Johannes Degenhart davon, dass er Innungssie­ger ist. Denn bei der Ausstellun­g der Gesellenst­ücke in Memmingen, Mitte Juli, wurde noch ein anderer Name genannt. Dieser war jedoch nur der beste Schüler der Johann-BierwirthS­chule. Johannes musste, wie manch anderer Lehrling aus Betrieben im östlichen Unterallgä­u, jedoch in Kaufbeuren zur Schule gehen. Und mit dieser Berufsschu­le hätte die Memminger Schule oder die Schreineri­nnung Memmingen-Mindelheim sich absprechen müssen, bevor sie den Sieger bekannt gibt. Schließlic­h hängt dieser Titel von der Innungszug­ehörigkeit des Ausbildung­sbetriebs ab.

Nach Bekanntgab­e der Noten an seiner Schule habe ihn ein Klassenkam­erad angesproch­en, dass er nur deshalb Innungsbes­ter in Kaufbeuren sei, weil Degenhart zu einer anderen Innung gehöre. „Dass ich wirklich Bester in MemmingenM­indelheim bin, war erst sicher, als ich dann die Einladung zum Berufswett­bewerb der Handwerksk­ammer in der Hand hatte“, erzählt Johannes Degenhart.

Dass er in seiner dreijährig­en Ausbildung­szeit immer sehr gute Noten hatte, war ihm schon bewusst, dass es jedoch zum Jahrgangsb­esten gereicht hat, überrascht­e ihn dann doch, gesteht er.

Obwohl er ja eigentlich quasi in der Werkstatt aufgewachs­en ist: Er entspringt nämlich einer ganzen Schreinerd­ynastie. Sein Onkel zählte ganz genau nach und ermittelte, dass sein Neffe bereits die sechste Generation der Schreinere­i Degenhart in Rammingen darstellt. Seine Ausbildung hat Johannes jedoch bei Karl-Jakob Gleich in Bad Wörishofen absolviert, dort arbeitet er auch im Moment als Geselle weiter. Der Schreiners­sohn hat sich diese Schreinere­i gut ausgesucht: „Der Betrieb ist mit acht Leuten nicht zu groß und der Stil dort gefällt mir. Außerdem hat die Werkstatt moderne Maschinen und man kann gut dort arbeiten.“

Einen großen Anteil an seinen guten Abschlussn­oten hat auch das außergewöh­nliche Gesellenst­ück: Indischer Apfel, der sich mit weiß lackiertem Plattenmat­erial abwechselt. Der schöne Hingucker ist ein aufwendig konstruier­ter TVSchrank mit versteckte­n Fächern und bekam sogar beim Wettbewerb „Die gute Form“eine Belobigung. Die Arbeit und die Zeit, die er darauf verwendet habe, war jedoch auch überdurchs­chnittlich, gibt der 20-Jährige zu. Allein das seltene Furnier aufzutreib­en brauchte seine Zeit. Und ebenfalls, dass das Muster dieses Furniers „durchläuft“– sprich, sich auch in ganz besonderer Weise am Möbelstück wiederholt. Doch Furnierarb­eiten sowie auch Intarsien herzustell­en sei eine heimliche Leidenscha­ft des Ramminger Jugendlich­en, für die er gerne Zeit investiere.

Für den Berufswett­bewerb, zu dem der Innungssie­ger zusammen mit neun anderen Besten in Memmingen angetreten ist, hat er sich übrigens nicht nochmals extra vorbereite­t. Wie die klassische­n Holzverbin­dungen wie zum Beispiel Schwalbens­chwanzzink­en hergestell­t werden, das beherrscht Johannes Degenhart. „Und Übung hatte ich genug an meinem Gesellenst­ück.“

Leider ist er nicht zum Landeswett­bewerb weitergeko­mmen. „Die Aufgabe war sehr zeitintens­iv. Nur einer oder zwei sind in den sechs Stunden überhaupt mit dem Praxisstüc­k fertig geworden“, berichtet er. Aber dass er nicht Kammersieg­er geworden ist, mache ihm nichts aus. Schließlic­h ist der Titel des Innungsbes­ten ja auch schon etwas und über diesen freue er sich ebenso sehr.

Dass er diesen sicher hat, das hat er auch seiner Mutter zu verdanken. Ulrike Degenhart hat sich nämlich im August hinter das Telefon geklemmt und bei der Handwerksk­ammer, den Schulen und der Innung nicht locker gelassen und nachgefrag­t, wer denn nun insgesamt die besten Noten habe, ihr Sohn oder der Schüler der Memminger Berufsschu­le. „Wer eine Meistersch­ule besuchen will, der wird eher zugelassen, wenn er solch einen Nachweis besitzt. Das könnte Johannes vielleicht später einmal nützen, schließlic­h nimmt die Schule in München jedes Jahr nur rund die Hälfte der Bewerber an“, begründet sie ihren Einsatz.

Gunter Zwölfer, stellvertr­etender Obermeiste­r der Schreineri­nnung, meinte hierzu nur, dass es zu schwierig sei, die Noten der vereinzelt­en Kaufbeurer Schüler nachzufrag­en. „Die Schulen halten nämlich nicht zur gleichen Zeit ihre Prüfungen ab und haben unterschie­dliche Termine für die Notenbekan­ntgabe.“Ob es in den letzten Jahren vielleicht auch schon falsche Sieger gegeben haben könnte, daran zweifle er sehr.

 ?? Foto: Manuela Frieß ?? Johannes Degenhart aus Rammingen arbeitet bei der Schreinere­i Karl Jakob Gleich in Bad Wörishofen. Dass er den besten Ab schluss seiner Schule geschafft hat, erfuhr er nur durch Zufall.
Foto: Manuela Frieß Johannes Degenhart aus Rammingen arbeitet bei der Schreinere­i Karl Jakob Gleich in Bad Wörishofen. Dass er den besten Ab schluss seiner Schule geschafft hat, erfuhr er nur durch Zufall.

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