Mindelheimer Zeitung

Ein Leben mit der Angst

Teresa aus Babenhause­n hat in ihrer Heimat Myanmar viele Grausamkei­ten erlebt

- VON CLAUDIA BADER

Babenhause­n Seit der südostasia­tische Staat Myanmar, das frühere Birma, im Jahr 1948 die Unabhängig­keit erlangt hat, kommt die Bevölkerun­g nicht zur Ruhe. In verschiede­nen Landesteil­en kämpfen Rebellengr­uppen aus ethnischen Minderheit­en für mehr Autonomie oder Unabhängig­keit gegen die Zentralreg­ierung und deren Armee. Bewaffnete Konflikte zwingen immer mehr Menschen zur Flucht. Diese ist Teresa, deren Nachname wir zu ihrem Schutz nicht nennen, bereits im Jahr 2013 gelungen. Aus ihrer Heimat im Norden von Myanmar ist sie nach Deutschlan­d sowie über einen Umweg nach Babenhause­n gekommen.

In ständiger Angst um ihre Eltern und Verwandte verfolgt die 32-Jährige täglich die Nachrichte­n in Fernsehen und in der Zeitung. Wenn sie ihre Tochter im Arm hält, strahlt ihr sonst eher ernst und schüchtern wirkendes Gesicht. Denn nach allem, was die junge Frau in ihrem Leben schon erlitten hat, gibt die eineinhalb­jährige Justina ihr Hoffnung und Zuversicht.

Geboren und aufgewachs­en ist sie in einem kleinen Dorf im Norden Myanmars. Nach dem Schulab- schluss hat sie in einem Lager Waisenkind­er und Obdachlose betreut. „Vor allem die Bewohner der ländlichen Regionen in meinem Heimatland leiden unter den bewaffnete­n Konflikten“, sagt Teresa. „Als mein Heimatdorf im März 2013 von Rebellen niedergebr­annt wurde, standen meine Eltern und ich vor dem Nichts“, erinnert sich die 32-Jährige mit Tränen in den Augen: „Mein ganzes Hab und Gut sowie sämtliche Papiere wurden vernichtet.“Während Vater und Mutter zu den Großeltern in die Stadt geflohen sind, arbeitete und lebte die junge Frau im Flüchtling­scamp. Mit Schrecken denkt sie an diese Zeit zurück, in der das Lager regelmäßig von Rebellentr­uppen bedroht wurde. „Wenn wir nachts Schüsse gehört haben, die immer näher gekommen sind, haben wir um unser Leben gezittert und sind in den Wald geflohen.“Aus Angst vor Überfällen hat Teresa wie viele andere Mädchen und Frauen oftmals die ganze Nacht im Gehölz verbracht.

Inmitten dieser schlimmen Zeit hat die gläubige Christin die Hilfe eines Verwandten wie ein Wunder empfunden. „Ein Onkel, der in Myanmar ein höheres Amt bekleidet und schon vielen Menschen zur Flucht verholfen hat, fuhr mich mit seinem Auto ins benachbart­e Thailand. Dort hat mich ein Flüchtling­shelfer nach Bangkok gebracht und geregelt, dass ich nach München fliegen konnte.“Von den Flüchtling­sbehörden wurde die junge Frau ins Unterallgä­u umverteilt. Doch das Schild mit der Aufschrift „Babenhause­n“, mit dem sie von Zugschaffn­ern an den richtigen Ort gelotst werden sollte, hat ihr zunächst kein Glück gebracht. „Als ich in der gleichnami­gen Stadt in Hessen angekommen bin und mir niemand den Weg zur Straße „Am Espach“sagen konnte, stand ich heulend am Bahnsteig“, erinnert sie sich. Glückliche­rweise habe ihr die Polizei für die Nacht eine Notunterku­nft zugewiesen und am nächsten Tag sei sie dann endlich im richtigen Zug gesessen. Im Unterallgä­uer Babenhause­n angekommen, wurde Teresa nicht nur vom Verein „Menschen begegnen Menschen“herzlich empfangen. „Überall begegnen mir die Leute freundlich. Wenn ich mich noch nicht so gut ausdrücken kann, bemühen sie sich, mich zu verstehen.“

Beim Deutsch-Kurs in Babenhause­n hat Teresa einen aus Nigeria stammenden Flüchtling kennen und lieben gelernt. Die gemeinsame Tochter ist nun das ganze Glück des Paars. Allerdings ist der Asylantrag ihres Freundes, der einer festen Beschäftig­ung nachgeht, noch nicht anerkannt worden, während die junge Frau als anerkannte­r Flüchtling eine eigene Wohnung beziehen durfte. Nach Abschluss des laufenden Sprach- und Integratio­nskurses möchte die junge Frau eine Ausbildung beginnen. Eineinhalb Jahre hat sie bereits ehrenamtli­ch in einem Kindergart­en gearbeitet. Aber ihr Traumberuf ist nach wie vor Altenpfleg­erin.

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Foto: Claudia Bader Weil sie noch immer Angst vor Verfol gung hat, möchte sich Teresa nicht von vorne zeigen.

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