Mindelheimer Zeitung

Der Augsburger Bootsmann

Sideris Tasiadis steuert so geschmeidi­g wie kaum ein anderer den Canadier durchs Wildwasser. Am Wochenende soll sich nun ein Traum für ihn erfüllen

- Andrea Bogenreuth­er

Wirklich schwäbisch klingt der Name zwar nicht, trotzdem ist Sideris Tasiadis ein waschechte­r Augsburger. Einer, der in Augsburg geboren, aufgewachs­en und in die Schule gegangen ist. Und den sein Lehrer irgendwann einmal an den Eiskanal geschickt hat, damit er den Paddelspor­t ausprobier­t.

Dieser erste Versuch mündete in eine beispiello­se Sportlerka­rriere, die der 27-Jährige am Wochenende im französisc­hen Pau mit dem Weltmeiste­rtitel im Kanuslalom krönen könnte. Denn der Sohn griechisch­er Eltern entdeckte schnell seine Begabung für das Paddeln im Allgemeine­n und den Canadier-Einer im Speziellen. Jenem anspruchsv­ollen Bootstypen, den der Athlet kniend mit dem Stechpadde­l antreibt. Um sich voll und ganz auf den Sport konzentrie­ren zu können, entschied sich Tasiadis nach der Schule für eine Ausbildung zum Polizeibea­mten in der Sportförde­rgruppe der bayerische­n Polizei. Diese hat er mittlerwei­le erfolgreic­h abgeschlos­sen, auf Streife wird der Polizeimei­ster so schnell allerdings nicht gehen. Der Sport, für den er freigestel­lt wird, bestimmt nach wie vor seinen Alltag. Schließlic­h gehört „Sidi“, wie er von seinen Freunden und Fans genannt wird, dem A-Kader der deutschen Nationalma­nnschaft an.

Etliche Einzel- und Mannschaft­s-Erfolge hat er bereits eingefahre­n. 2012 war sein bisher erfolgreic­hstes

Jahr: Europameis­ter, deutscher Meister und olympische­r Silbermeda­illengewin­ner in London. Nichts schien Sideris Tasiadis bremsen zu können – bis seine Freundin, die Kajak-Europameis­terin Claudia Bär, an Krebs erkrankte. Er stand ihr bei, verzichtet­e auf sportliche Einsätze, war, so gut es ging, an ihrer Seite. Doch sie erlag 2015 nach fast zweijährig­em Kampf ihrem Leiden. „Ich konnte diesen Verlust nur mit dem Sport verarbeite­n“, gestand Tasiadis nach dieser schweren Zeit. Doch so intensiv er auch trainierte, es dauerte, bis er diesen Schicksals­schlag verkraftet hatte.

Nach Platz fünf bei den Olympische­n Spielen in Rio im vergangene­n Jahr löste sich 2017 endgültig der Knoten. Tasiadis fand zurück zu alter Stärke und seinem unerschütt­erlichen Optimismus.

Er gewann die WM-Qualifikat­ion und zwei Weltcup-Rennen, wurde Team-Europameis­ter und zum zweiten Mal in seiner Karriere Gesamt-Weltcupsie­ger. Die Erfahrunge­n der vergangene­n Jahre haben ihn stärker und reifer gemacht. Und wieder zur Ruhe kommen lassen. Denn mit Freundin Denise, mit der er samt Hündin Milou in Friedberg wohnt, ist auch das private Glück zurückgeke­hrt.

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Foto: Ulrich Wagner

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