Mindelheimer Zeitung

Macron bittet um Redezeit

Er will seine Kollegen in Tallinn überzeugen

- VON DETLEF DREWES

Tallinn Für Angela Merkel war es eine neue Erfahrung. Als die deutsche Kanzlerin am späten Donnerstag­abend zum EU-Gipfel im estnischen Tallinn vorfuhr, war die Karawane der europäisch­en Ideengeber schon an ihr vorbeigezo­gen. Eine neue Union, eine effiziente­re Gemeinscha­ft, gar eine Neugründun­g – das sind die Schlagwort­e dieser Tage. Zwar begrüßte die deutsche Regierungs­chefin, bevor sie zum Diner mit den übrigen 27 Kolleginne­n und Kollegen zusammentr­af, die Reformidee­n grundsätzl­ich. Über Details müsse man aber noch reden. So zurückhalt­end zeigte sich die Kanzlerin, weil zu Hause die potenziell­en Koalitions­partner CSU und FDP auf der Bremse stehen. Lediglich die Grünen geben sich offen für neue Ideen.

Derweil diskutiert die EU längst, was Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron angeregt hat: eine Verteidigu­ngsunion, eine Stärkung der Eurozone mit eigenem Budget und Finanzmini­ster. Selbst Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker, der ebenfalls Reformen angemahnt hat, will die Anregungen nicht eins zu eins übernehmen. Aber die „Macromania“hat die Gemeinscha­ft gespalten. Das wurde auch gestern Abend deutlich: Aus dem Süden der EU erhielt Macron heftigen Beifall, der Osten schweigt, weil man dort eher auf dem Trip weg von Brüssel ist. Der Westen und Norden halten sich zurück, weil sie die Rechnung fürchten.

Emmanuel Macron bekam dennoch gestern seinen großen Auftritt. Er hatte um Redezeit gleich zu Beginn des Abendessen­s gebeten. Beschlüsse stehen wohl erst 2018 an.

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Emmanuel Macron

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