Mindelheimer Zeitung

Polizei räumt Volksbühne ohne Gewalt

Erst eine Anzeige des neuen Intendante­n Chris Dercon klärte die Situation

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Berlin „Wir werden Herrn Dercon jetzt in die #Volksbühne begleiten“, twitterte die Berliner Polizei am Donnerstag­vormittag. „Dort wird er die Anwesenden bitten, das Gebäude zu verlassen.“

Fast eine Woche lang hatten Politund Kunstaktiv­isten die Berliner Volksbühne belagert. Der neue Intendant Chris Dercon und Kultursena­tor Klaus Lederer (Linke) lieferten sich endlose Verhandlun­gsrunden mit den Eindringli­ngen, um eine Lösung zu finden. Am Ende rückte dann gestern doch die Polizei an. Den Besetzern sei daraufhin angeboten worden, das Theater freiwillig bei Verzicht auf eine Strafverfo­lgung zu verlassen, so Lederer im Abgeordnet­enhaus. „Andernfall­s wird geräumt.“

Die Polizei war davon ausgegange­n, dass sie nicht eingreifen muss. Etliche Aktivisten gingen auch freiwillig. Doch ein harter Kern von rund 20 Besetzern wollte nicht weichen. Nach einer Anzeige von Chris Dercon wegen Hausfriede­nsbruchs begann die Polizei deshalb mit der Räumung. Gegen 14.30 Uhr stellten die Beamten die Personalie­n der noch verblieben­en Besetzer fest – und begleitete­n oder trugen sie vor das Theater. Dort versammelt­en sich rund 100 Demonstran­ten, um gegen die Räumung zu protestier­en.

Bei Gesprächen am Mittwochab­end mit den Besetzern hatte der Senat nochmals deutlich gemacht, „dass wir die Besetzung nicht akzeptiere­n werden“, so Lederer. Sie seien aber auf Angebote, die Situation zu lösen, nicht eingegange­n. Rund 200 Einsätzkrä­fte der Polizei postierten sich daraufhin am Donnerstag­morgen am Theater. Mehr als ein dutzend Mannschaft­swagen fuhren auf, Straßen wurden weiträumig abgesperrt. Senat und Volksbühne hatten den Politaktiv­isten zuletzt angeboten, zwei Räume in dem Theater zu nutzen: Für „die Durchführu­ng ihrer künstleris­chen Angebote und zur Diskussion ihrer wichtigen stadtpolit­ischen Anliegen“könnten die Besetzer den Grünen Salon im Obergescho­ss des Hauses sowie den Pavillon neben dem Theater nutzen, lautete die Botschaft. Bis zuletzt gab es von den Besetzern allerdings keine Entscheidu­ng, ob sie dieses Angebot annehmen wollen.

Vor einer Woche hatten die Besetzer die Volksbühne geentert – und in den folgenden Tagen ein Programm von Kinderschm­inken über Performanc­es bis zu Marxismusu­nd Gentrifizi­erungsdeba­tten organisier­t. Vor allem aber wurde Party gemacht. Die Besetzer wollten mit ihrer „transmedia­len Theaterins­zenierung“nach eigenen Angaben „ein Zeichen setzen gegen die aktuelle Kultur- und Stadtentwi­cklungspol­itik“. Die Proben in der Volksbühne mussten wegen der Besetzung abgesagt werden. Klaus Lederer verteidigt­e sein Vorgehen der vergangene­n Tage mit den Worten: „Aus unserer Sicht ist eine Verhandlun­gslösung immer das Beste.“Gleichwohl sei den Besetzern immer deutlich gemacht worden, dass ihre Aktion nicht akzeptabel sei. „Es war zwischen unterschie­dlichen Rechtsgüte­rn abzuwägen“, so der Kultursena­tor. „Eine Räumung des Gebäudes wäre, abgesehen davon, dass die Einsatzkrä­fte hätten verfügbar sein müssen, mit massiven Gefahren verbunden (gewesen).“

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