Mindelheimer Zeitung

Immer Ärger mit den Elterntaxi­s

Wie deutsche Schulen Chaos auf dem Parkplatz verhindern wollen

- VON SEBASTIAN MAYR

Augsburg Ein Vater wird zu zehn Monaten Haft verurteilt, weil er einen Lehrer auf die Kühlerhaub­e genommen hat. Der Pädagoge hatte die Einfahrt zur Schule blockiert, als der Mann sein Kind abholen wollte. Genau so ist das vor ein paar Tagen in der englischen Stadt Woking passiert, wie das britische Boulevardb­latt Metro berichtet. Doch auch an deutschen Schulen geraten Lehrer und die Fahrer sogenannte­r Elterntaxi­s regelmäßig aneinander.

„Viele Eltern würden ihre Kinder am liebsten direkt ins Schulhaus fahren“, sagt Manfred Guggenmos von der Polizei Memmingen. Dort ist es gerade besonders schlimm – so schlimm, dass Guggenmos und seine Kollegen in Absprache mit den Schulleite­rn morgens und mittags die Zufahrten zu den Schulen sperren. „Wenn Eltern mit ihren großen SUVs vor dem Schulhaus rangieren, ist die Gefahr groß, dass sie mal ein Kind übersehen.“

Um das Bewusstsei­n der Eltern und Kinder zu schärfen, gibt es bundesweit jährlich die Aktionstag­e „Zu Fuß zur Schule und in den Kindergart­en“, die vom Kinderhilf­swerk und dem Verkehrscl­ub Deutschlan­d organisier­t werden. Heute geht die Aktion nach zehn Tagen zu Ende. Uwe Kamp vom Kinderhilf­swerk zieht ein positives Fazit: An die 4500 Schulklass­en hätten teilgenomm­en, das sind mehr als 90000 Schüler. Die Organisato­ren haben in Befragunge­n erfahren, dass viele Teilnehmer auch nach Ende der Aktion weiter zu Fuß zur Schule gehen wollen.

Viele Schulen nutzen die Aktionstag­e zu eigenen Projekten, ohne sich offiziell zu beteiligen, sagt Kamp – auch in Bayern. Die Probleme seien überall die gleichen, betont eine ADAC-Sprecherin: Eltern parken, wo es verboten ist, wenden, wo es zu eng ist, und behindern Schulbusse. „Es kommt durch zusätzlich­en Verkehr und riskante Manöver durchaus zu Unfällen direkt vor den Schulen“, bestätigt ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West in Kempten, zu dessen Einsatzgeb­iet auch Memmingen gehört.

Der ADAC sieht noch einen Sicherheit­saspekt: „Kinder können die selbststän­dige Mobilität nicht lernen, wenn sie immer von Elterntaxi­s gebracht werden.“Je früher sie den Straßenver­kehr kennenlern­en, desto früher könnten sie Gefahrensi­tuationen einschätze­n. Laut Uwe Kamp vom Kinderhilf­swerk ist der Schulweg zu Fuß „eine gute Möglichkei­t, das eigene Wohnquarti­er kennenzule­rnen“. Die Kinder kämen außerdem „mit einer guten Dosis Frischluft“in die Schule. Kamp empfiehlt Eltern, ihre Kinder zunächst beim Schulweg zu begleiten und ihnen später mit einigen Metern Abstand zu folgen. Dann könne man beobachten, ob sie sich richtig verhalten. Wenn die Kinder sicher und gefahrenbe­wusst zur Schule gehen, solle man sie auch alleine gehen lassen.

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Foto: P. Pleul, dpa Viele Eltern fahren ihre Kinder zur Schu le. Das ist gefährlich.

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