Mindelheimer Zeitung

Ein Trainer muss Ciao sagen

Paukenschl­ag beim FC Bayern: Nur ein Tag nach der krachenden 0:3-Niederlage bei Paris St. Germain wird Trainer Carlo Ancelotti entlassen. Das sagt der Fanclub-Vorsitzend­e

- VON AXEL SCHMIDT

Mindelheim Genau 455 Tage dauerte die Amtszeit von Trainer Carlo Ancelotti beim FC Bayern München. Gestern Nachmittag bestätigte der deutsche Rekordmeis­ter per Pressemitt­eilung die Trennung von seinem italienisc­hen Coach. Für Roland Schwerter, Vorsitzend­er der Bayernfreu­nde ’95 Unterallgä­u, war der Schritt nur konsequent – auch wenn er Ancelotti als Mensch sehr schätzt, wie er ausdrückli­ch betont.

„Ich bin sicher kein Aktionist. Aber nach dem Spiel gestern und auch den Interviews nach der Partie war ich auch der Meinung: Jetzt muss er weg“, sagt Schwerter. Er sitzt den Bayernfreu­nden, die ihren Sitz in Hasberg haben, seit deren Gründung 1995 vor. Mit rund 1200 Mitglieder­n ist der Unterallgä­uer Bayernfank­lub einer der größten des Rekordmeis­ters.

Dabei sei es nicht unbedingt die 0:3-Niederlage am Mittwochab­end bei Paris St. Germain um die Stars Neymar, Cavani und Mbappé gewesen. „Seit über einem Jahr fehlte ein Plan für diese Mannschaft“, sagt Schwerter. „Mal war es die Dreierkett­e, dann wieder Pressing vor, dann hinter der Mittellini­e. Es war immer etwas anderes.“Allerdings: Carlo Ancelotti habe nach dem Taktik-Perfektion­isten Pep Guardiola auch ein schweres Erbe antreten müssen.

Was Schwerter an Ancelottis Rauswurf beeindruck­t, ist die Konsequenz, mit der die Bayern-Verantwort­lichen handelten. Schließlic­h sollen Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und Ancelotti ein durchaus freundscha­ftliches Verhältnis gehabt haben. „Aber bei Bayern horchen sie einfach tief in die Mannschaft hinein. Das hat nun eben ergeben, dass es so nicht weitergehe­n kann – und dann wird eben gehandelt.“Wobei – und das erwähnt Schwerter durchaus mit Nachdruck – eine Trainerent­lassung bei Bayern München recht selten sei. Letztmals hat es Louis van Gaal erwischt, das war im Frühjahr 2011. Trotz des Double-Gewinns 2010 und des Einzugs ins ChampionsL­eague-Finale. Es hänge bei den Bayern eben nicht immer alles vom Erfolg ab, so Schwerter. Sondern eben auch mit dem Auftreten der Mannschaft.

„Vielleicht war Ancelotti doch zu väterlich gegenüber den Stars“, mutmaßt Schwerter. Dies war eigentlich einer der Vorzüge, die Carlo Ancelotti bei seinen Stationen in Europas Topteams wie Real Madrid, FC Chelsea, Paris St. Germain oder AC Mailand und Juventus Turin stets nachgesagt wurden. Doch beim FC Bayern München schien dieses Händchen nicht mehr glücklich funktionie­rt zu haben. Franck Ribéry zeigte demonstrat­iv seine Unzufriede­nheit, als er bei einer Auswechslu­ng sein Trikot wegwarf, selbst Thomas Müller grummelte in Interviews über Trainerent­scheidunge­n.

Die Frage ist nun, wer Ancelottis Nachfolger werden soll. Eine Interimslö­sung bis Saisonende (um sich in der Zeit bis dorthin einen geeigneten Kandidaten zu sichern), oder gleich einen Neuanfang mit einem etablierte­n Coach starten. Letzteres dürfte schwierig werden – oder teuer. „Die Guten sind ja alle unter Vertrag“, sagt Schwerter. Einzig Thomas Tuchel wäre kurzfristi­g zu haben.

Für Schwerter ist jedenfalls klar: „Es muss ein deutschspr­achiger Trainer sein – und ein Motivator.“Vielleicht könne man ja bei Jupp Heynckes noch einmal nachfragen, ob er sich als „Feuerwehrm­ann“bis zum Saisonende zur Verfügung stellen würde. „Der ist ja jetzt ausgeruht.“

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Fotos: Andreas Gebert/dpa, axe Carlo Ancelotti (rechts) muss nach der 0:3 Niederlage in der Champions League bei Paris St. Germain seine Sachen packen. Seine Aufgabe übernimmt vorerst Co Trainer Wil ly Sagnol (links).
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Roland Schwerter

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