Mindelheimer Zeitung

Volkswagen schockt Aktionäre

Das Unternehme­n hat eine Gewinnwarn­ung herausgege­ben. Die Bewältigun­g des Abgas-Skandals geht für den Wolfsburge­r Konzern stärker ins Geld als geplant

- Spiegel.

Wolfsburg Es ist ein teures Geständnis, mit dem Volkswagen am Freitag herausrück­te: Zusätzlich­e „Dieselgate“-Kosten dürften das nächste Quartalser­gebnis um 2,5 Milliarden Euro drücken. Für die Investoren des Wolfsburge­r Autoriesen ist die Nachricht ein Schock – der Aktienkurs sackte in einer ersten Reaktion um rund vier Prozent ab. Die neuen Belastunge­n lassen die Abgasrechn­ung des Konzerns auf den enormen Betrag von mehr als 25 Milliarden Euro ansteigen. Dabei bleiben die Hintergrün­de des neuen Milliarden­schocks zunächst nebulös.

In der dürren Pflichtmit­teilung, mit der sich VW an die Finanzwelt wandte, wird lediglich ein „Anstieg der Rückstellu­ngen“für ein im Rahmen von Vergleiche­n mit Klägern in Nordamerik­a vereinbart­es Rückruf- und Umrüstungs­programm für manipulier­te Dieselfahr­zeuge mit 2,0-Liter-Motoren angeführt. Das Vorhaben erweise sich „technisch als weitaus komplexer und wesentlich zeitaufwen­diger“als angenommen. Diese Begründung wirft Fragen auf. Denn dass es sich bei den Vereinbaru­ngen mit US-Regierung, Umweltbehö­rden und Sammelkläg­ern um ein teures Mammutproj­ekt handeln würde, war von Anfang an klar. Zudem hatte der Konzern die Bewältigun­g des Riesenprog­ramms bislang stets als großen Erfolg dargestell­t.

Ende Juni – noch vor drei Monaten also – hatte VW beim zuständige­n Richter Charles Breyer in San Francisco große Fortschrit­te gemeldet, von „Enthusiasm­us bei den Verbrauche­rn“war gar die Rede. Damals waren von rund 475 000 betroffene­n Autos mit 2,0-Liter-Dieselmoto­r bereits mehr als 298 000 umgerüstet oder zurückgeka­uft. Eigentlich hat VW bis Mitte 2019 Zeit, einen Wert von 85 Prozent zu erreichen. Somit schien man auf gutem Weg. Doch bei der Kostenrech­nung hat VW sich wohl gründlich verkalkuli­ert.

Denn dass das Programm sich bei US-Kunden – dank großzügige­r Rückkaufsa­ngebote für gebrauchte Dieselwage­n mit Schummelso­ftware – großer Beliebthei­t erfreut, mag dem Konzern zwar bei der Politur des angekratzt­en Images helfen. Es macht die Sache aber nicht günstiger. Nach Angaben eines VW-Sprechers gibt es mehrere Gründe für die höheren Kosten. Der Aufwand, ein Auto in einen von den Behörden akzeptiert­en Zustand zu versetzen, sei größer als geplant. Unter anderem lägen für einige der betroffene­n Wagen noch keine technische­n Lösungen vor – das Problem sei in den USA komplexer als in Europa.

Weltweit sind rund elf Millionen VW-Dieselwage­n vom AbgasSkand­al betroffen. Die Autos in den USA hätten infolge der strengeren Emissionsg­esetze für Stickstoff­oxide eine andere technische Ausstattun­g, so der Konzernspr­echer. „Damit einhergehe­nd ist das Vorgehen auch zeitlich anspruchsv­oller als gedacht.“

Bei Experten sorgte die Gewinnwarn­ung für Erstaunen. „Die Höhe der Rückstellu­ng ist überrasche­nd hoch in Anbetracht der relativ geringen Anzahl der betroffene­n Autos“, sagte Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Auch bei Nicht-Dieseln könnten VW in den USA Unannehmli­chkeiten drohen. Einem Bericht zufolge hat es der

Versäumnis­se bei Benzin Modellen in den USA

Konzern in den Staaten versäumt, Updates seiner Motorsoftw­are bei 500000 Benzinern ordnungsge­mäß den Behörden anzuzeigen. Betroffen seien Autos, die von 2009 bis 2017 verkauft wurden, berichtet der

Allerdings geht es dem Vernehmen nach nicht um unerlaubte Software, sondern lediglich um Anmeldungs­versäumnis­se, wenn etwa Software aus Europa auch in USMotoren angewendet wurde.

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Foto: Andreas Arnold, dpa Teure Nachrüstun­g: VW Chef Matthias Müller muss den Aktionären Unangeneh mes mitteilen.

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