Mindelheimer Zeitung

Der Knoten in der Brust

Etwa einmal pro Woche muss der Mindelheim­er Frauenarzt Dr. Andreas Schwarzer eine Diagnose überbringe­n, die das Leben seiner Patientin auf den Kopf stellt

- VON MELANIE LIPPL

Der Oktober ist der „Brustkrebs­monat“. Einer, der diese Krankheit etwa einmal pro Woche diagnostiz­iert ist der Gynäkologe Andreas Schwarzer.

Zwischen 1500 und 2000 Mammografi­en macht Dr. Andreas Schwarzer im Jahr, und etwa einmal pro Woche sieht der Mindelheim­er Frauenarzt auf den Bildern etwas, das er eigentlich gar nicht sehen will: Brustkrebs. Einer Patientin diese schlechte Nachricht zu überbringe­n, das gehört zu den weniger schönen Seiten seines Berufs.

Schwarzers Praxis ist die einzige in Mindelheim, die Mammografi­e anbietet, zudem ist er als mammografi­erender Gynäkologe bald schon ein Exot: Meist werden die Röntgenauf­nahmen der Brust in der Radiologie angefertig­t. Der Vorteil seines Modells liegt für ihn auf der Hand: „Ich habe alles da: Tastbefund, Ultraschal­l, Mammografi­e“, sagt Schwarzer. Wenn Gewebe entnommen werden müsse, liege das Ergebnis aus der Pathologie nach etwa drei Tagen vor. So wissen seine Patientinn­en schnell, woran sie sind. In den meisten Fällen können die Frauen nach kurzer Zeit aufatmen.

Seit Mai besitzt Schwarzer ein neues Mammografi­e-Gerät, das ihm die Röntgenbil­der direkt auf den Computer schickt. Die Strahlenbe­lastung sei etwas geringer, die Patientinn­en empfinden es als etwas angenehmer, doch der Hauptvorte­il ist ein anderer: „Das neue Gerät durchleuch­tet die Brust viel besser als früher und Tumore können sich nicht mehr so leicht verstecken“, sagt Schwarzer. „Man sieht auch als Laie, wie viel besser die Bildqualit­ät ist.“Das stimmt. Was der Laie jedoch auch auf den hochauflös­enden Bildschirm­en nicht erkennen kann: Welcher der vielen Punkte, Linien und Strukturen in der Brust gefährlich werden könnte. Selbst die Arzthelfer­innen, die jeden Tag bei der Mammografi­e mit dabei sind, sehen nur viel Schwarz, Weiß und Grau in den Bildern, nicht aber das, was Schwarzer als „suspekten Mikrokalk“bezeichnet, also das, was schon in wenigen Jahren gefährlich werden könnte.

Grundsätzl­ich kann man durch die Mammografi­e nur früherkenn­en, aber nicht wirklich vorsorgen. Dennoch gibt es Faktoren, die eine Erkrankung wahrschein­licher machen. Das sei neben den Genen auch die Lebensweis­e: Raucherinn­en erkranken häufiger an Brustkrebs, ebenso Frauen mit Übergewich­t oder mit einem niedrigen VitaminD-Spiegel. Positiv wirken sich eine gesunde Ernährung und ausreichen­d Bewegung aus.

Es gibt nur wenige Tumore oder Vorstufen davon, die nicht in der Mammografi­e, sondern nur im Ultraschal­l zu erkennen sind. Ansonsten geben die Röntgenbil­der Aufschluss über Zysten, gutartige Bindegeweb­stumore, Brustkrebs oder den Mikrokalk, eine Vorstufe von Karzinomen. Schwarzer erklärt ihn so: Killerzell­en des Körpers fressen die ersten auftretend­en Krebszelle­n und lassen ihren „Verdauungs­müll“zurück – den Mikrokalk. Je früher man diese winzigen Stellen erkennt, umso besser könne man handeln und umso höher sei auch die Heilungsch­ance.

Im Zweifel stanzt Schwarzer mit einer Art Nadel Gewebe aus der Brust. Stellt die Pathologie fest, dass es sich dabei um einen Krebs handelt, operiert Schwarzer die Frauen meist selbst, im Krankenhau­s in Mindelheim, bevor sie dann zur Nachsorge kommen. Dazu kann eine Nachbestra­hlung gehören, eine Chemothera­pie, eine Hormonther­apie – oder eine Kombinatio­n daraus.

Einer der größten Tumore, die Schwarzer einmal entdeckt hat, war bereits auf zwölf Zentimeter gewachsen. Da mussten bei der Operation plastische Chirurgen ran. Doch solche Fälle, in denen Frauen erst so spät zum Arzt gehen, kämen Gott sei Dank selten vor, sagt Schwarzer. „Die meisten sind die kleinen Sachen.“Dennoch: Viele Frauen haben Angst vor der Mammografi­e. Warum? Andreas Schwarzer glaubt, „dass sie nicht Angst vor den Strahlen oder den Schmerzen haben, sondern vor dem Ergebnis, das ihr Leben verändert“.

 ??  ?? Bei dieser Mammografi­e erkennt selbst der Laie den Tumor in der Brust. Doch in den wenigsten Fällen sind die Bilder so eindeu tig. Es braucht ein geschultes Auge wie das von Dr. Schwarzer, um harmlose Veränderun­gen von bösartigen zu unterschei­den.
Bei dieser Mammografi­e erkennt selbst der Laie den Tumor in der Brust. Doch in den wenigsten Fällen sind die Bilder so eindeu tig. Es braucht ein geschultes Auge wie das von Dr. Schwarzer, um harmlose Veränderun­gen von bösartigen zu unterschei­den.
 ?? Fotos: home ?? Dr. Andreas Schwarzer, hier mit der medizinisc­hen Fachangest­ellten Kathrin Bieche le, bietet als Einziger in Mindelheim Mammografi­en an. Zwischen dem neuen Gerät und dem Vorgänger liegen Welten, was die Bildqualit­ät betrifft.
Fotos: home Dr. Andreas Schwarzer, hier mit der medizinisc­hen Fachangest­ellten Kathrin Bieche le, bietet als Einziger in Mindelheim Mammografi­en an. Zwischen dem neuen Gerät und dem Vorgänger liegen Welten, was die Bildqualit­ät betrifft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany