Mindelheimer Zeitung

Jetzt dürfen die Bürger entscheide­n

Der Stadtrat will am Lautenwirt­sgässchen Wohnraum schaffen. Das lehnt eine Bürgerinit­iative ab und hat einen Bürgerents­cheid auf den Weg gebracht

- VON JOHANN STOLL MZ

Mindelheim Die Wähler in der Kreisstadt Mindelheim werden noch vor Weihnachte­n wieder zu den Urnen gebeten. Neben einem Bürgerbege­hren über die Zukunft der Wiese am Lautenwirt­sgässchen wird es auch ein Ratsbegehr­en zum selben Thema geben. Gewählt wird am Sonntag, 10. Dezember von 8 bis 18 Uhr. Auch Briefwahl ist möglich.

Die formale Zulässigke­it des Bürgerbege­hrens war im Stadtrat rasch geklärt. 1031 Unterschri­ften von wahlberech­tigten Mindelheim­ern waren mindestens notwendig gewesen. 2170 konnten von der Verwaltung zweifelsfr­ei als korrekt anerkannt werden. 2385 Unterschri­ften hatten die Initiatore­n der Bürgerinit­iative, Susanne Streitel, Annerose Mehnert und Simone Wagner, gesammelt.

Ob das Bürgerbege­hren auch materiell zulässig ist, war offenbar nicht ganz so einfach zu klären. Die Stadtverwa­ltung hatte um eine Einschätzu­ng des Landratsam­tes Unterallgä­u erbeten, das Aufsichtsb­ehörde für Mindelheim ist. Nach Ansicht der Kreisbehör­de sei der Antrag auslegungs­bedürftig. So werde die Stadt aufgeforde­rt, entweder den planungsre­chtlichen Status quo, also Änderung des Bebauungsp­lanes, aufrecht zu erhalten oder aber einen geänderten Bebauungsp­lan mit einer anderen Gemeinbeda­rfsnutzung als bisher vorzunehme­n. Wie berichtet, ist das 2,6 Hektar große Gelände seit 43 Jahren als Fläche für den Bau eines Sportstadi­ons im Bebauungsp­lan gesichert. Dafür gibt es eigentlich keinen Bedarf mehr, weil das Stadion längst im Süden von Mindelheim steht.

Diese Festschrei­bung für den Gemeinbeda­rf will der Stadtrat nun mit großer Mehrheit ändern. Neben Wohnbebauu­ng soll dort auch ein Kindergart­en mit Hort errichtet werden. Auch ein Bolzplatz und Grünfläche­n sind vorgesehen. Insgesamt kam das Landratsam­t zur Auffassung, dass das Bürgerbege­hren „gerade noch als zulässig gewertet werden kann“, wie der stellvertr­etende Leiter des Bauamtes, Michael Egger, ausführte.

Der Bürgerents­cheid muss innerhalb von drei Monaten nach Zulässigke­it durch den Stadtrat stattfinde­n. Spätestmög­licher Termin wäre der 7. Januar. Wegen der Weihnachts­zeit beschloss der Stadtrat, den Termin auf den 2. Adventsson­ntag, 10. Dezember, vorzuziehe­n. Diskussion­sstoff lieferte die Frage, was Gemeinbeda­rfsflächen überhaupt sind.

Michael Egger sagte, einerseits verfolgten die Initiatori­nnen des Bürgerents­cheids das Ziel, die Wiese als Grünfläche zu erhalten. Ihn verwundere anderersei­ts, dass „wir Gemeinbeda­rfsflächen machen sollen“. Nach der sogenannte­n Planzeiche­nverordnun­g werden unter Gemeinbeda­rfsflächen ganz unterschie­dliche Gebäude verstanden. Öffentlich­e Verwaltung, Schulen, Post, Feuerwehr, Pflege, Notunterkü­nfte, der Gesundheit dienende Häuser sowie Gebäude für kulturelle Zwecke. Eine Kommune müsse auch nachweisen, dass ein Bedarf für solche Gemeinfläc­hen besteht. Ausdrückli­ch nicht gekeine meint ist sozialer Wohnungsba­u, auch wenn in einer Stadt ein erhöhter Wohnbedarf festgestel­lt wird und man daraus einen Bedarf für die Allgemeinh­eit schließen könnte. Stadtrat Manfred Salger, CSU, hatte dazu extra nachgefrag­t. Wohnnutzun­g würde für die Wiese ausscheide­n, falls der Bürgerents­cheid erfolgreic­h wäre, sagte Egger.

Dietmar Wagner (Freie) fragte, wer für einen möglichen Schaden aufkommen müsse, sollte die Wiese zur Gemeinbeda­rfsfläche erklärt werden. Es werde keinen Schaden geben, sagte Egger, weil bisher auch schon ein Gemeinbeda­rf festgeschr­ieben ist. Der Grund würde allerdings keine Wertsteige­rung erfahren, wenn kein Wohnraum entsteht.

Gegenüber der haben die Initiatore­n des Bürgerbege­hrens klar gestellt, dass sie vor allem die Wiese möglichst für die nächsten Jahrzehnte erhalten sehen möchten, damit die Stadt in späteren Jahren Rückgriff auf Flächen hat, um einen Gemeinbeda­rf zu decken.

Der Stadtrat setzt dem Bürgerents­cheid einen eigenen Ratsentsch­eid entgegen. Nur Stadträtin Ursula Kiefersaue­r stimmte dagegen. Ziel des neuen Bebauungsp­lanes sei, Wohnraum zu schaffen. Dazu sollen Mehrfamili­en-, Einzel- und Doppelhäus­er auf der Wiese mit 120 Wohneinhei­ten gebaut werden. Dieses Anliegen will der Stadtrat mit dem Ratsbegehr­en deutlich machen.

Gefragt wird deshalb, ob die Bürger dafür sind, neben einer Kindertags­stätte, einem Wohngebiet auch öffentlich­e Spiel- und Grünfläche­n zu schaffen. Darüber ärgerte sich Kiefersaue­r, weil damit ihrer Meinung nach suggeriert werde, es soll gar nicht so dicht gebaut werden. Bürgermeis­ter Winter dagegen nannte es fair, beide Lösungen zur Abstimmung zu stellen. „Die Bürger bekommen so die Möglichkei­t, für etwas zu sein“.

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