Mindelheimer Zeitung

Der Flexibus soll kommen, aber ...

Die Kreisräte befürworte­n das Projekt zwar, treten aber parteiüber­greifend ein bisschen auf die Bremse

- VON SANDRA BAUMBERGER

Unterallgä­u Mehr als zweieinhal­b Stunden lang haben sich die Kreisräte in der jüngsten Sitzung des Kreistags mit dem Flexibus auseinande­rgesetzt. Dabei war das Angebot selbst, nämlich ein Bus, den die Fahrgäste wie berichtet nach Bedarf anfordern können, ohne an einen Fahrplan gebunden zu sein, keineswegs umstritten. Die Tücke lag stattdesse­n – wie zuvor schon in der Sitzung des Kreisaussc­husses – im Detail. 16 Wortmeldun­gen zeigten, dass es bei der Ausgestalt­ung des Flexibusse­s, der Teilräume des Landkreise­s mit zentralen Orten verbinden soll, offenbar noch Gesprächsb­edarf gibt.

Letztlich sprachen sich die Räte zwar mehrheitli­ch für die Einführung des Busses aus, drückten bei der Umsetzung aber ein wenig auf die Bremse. Die endgültige Freigabe wollen sie erst in der nächsten Kreistagss­itzung im Dezember geben. Bis dahin sollen die Verwaltung und der ÖPNV-Beirat mit allen Verkehrsun­ternehmen im Landkreis klären, wer die Verkehrsle­istungen im Einzelnen erbringen wird und wie eine koordinier­ende Mobilitäts­stelle organisier­t sein könnte.

Den entspreche­nden Antrag hatte Michael Helfert (SPD) eingebrach­t – und dafür fraktionsü­bergreifen­d breite Unterstütz­ung gefunden. Wie bereits in der Sitzung des Kreisaussc­husses kritisiert­e er erneut, dass bislang nur das Konzept des Busunterne­hmers Josef Brandner vorliege, der den Flexibus-Verkehr im Landkreis Günzburg organisier­t. Es müssten jedoch alle Busunterne­hmer die gleichen Chancen haben. „Es geht um ein landkreisw­eites Verkehrsko­nzept und um eine Menge Geld“, gab Helfert zu bedenken. Laut Verwaltung müsste der Landkreis für die schrittwei­se Einführung des Flexibusse­s im kommenden Jahr 80 000 Euro einplanen. Hinzu kommt das Betriebsko­stendefizi­t, das nicht durch die zugesagte staatliche Förderung gedeckt ist und das sich die Gemeinden und der Landkreis teilen sollen. Würde jeder

zweite Einwohner den Flexibus einmal im Jahr nutzen, hätte der Landkreis nach einer Berechnung Brandners innerhalb des Förderzeit­raums von fünf Jahren ein Defizit von insgesamt 1,15 Millionen Euro zu tragen. Würde der Bus sehr viel häufiger genutzt, könnte es sogar steigen, weil dann auch mehr Busse und Fahrer eingesetzt werden müssten.

Das Konzept wolle deshalb gut

sein, so Helfert. Er sprach sich für ein neutrales Call-Center im Landkreis aus, das nicht nur die Fahrten des Flexibusse­s koordinier­t, sondern beispielsw­eise auch über Mitfahrzen­tralen und Carsharing-Angebote informiert und so als Mobilitäts­zentrale fungiert. Die endgültige Entscheidu­ng solle deshalb erst im Dezember fallen, um eine größere Informatio­nsbasis zu

schaffen. Denn für einen Schnellsch­uss sei die erhoffte Verbesseru­ng im Nahverkehr zu wertvoll.

Landrat Hans-Joachim Weirather dagegen hätte dem Flexibus lieber gleich in der aktuellen Sitzung endgültig grünes Licht gegeben. Schließlic­h treffe der Beschluss keine Vorentsche­idung über die Ausgestalt­ung des Konzepts oder auch das Call-Center. Letzteres liege ohüberlegt nehin in der Selbstorga­nisation der beteiligte­n Busunterne­hmen und viele Fragen könnten auch im laufenden Verfahren beantworte­t werden. Auch Alfons Biber (Freie Wähler) fand es zu früh, um über Einzelheit­en zu diskutiere­n. Es gehe um eine Grundsatze­ntscheidun­g. „Es besteht die Gefahr, dass wir Zeit verlieren.“Die sitzt dem Landkreis insofern im Nacken, als die in Aussicht gestellte Förderung des Freistaats nur gewährt wird, so lange dafür Mittel zur Verfügung stehen und andere Landkreise dem Unterallgä­u nicht zuvorkomme­n. Die Förderung ist auf fünf Jahre begrenzt und nimmt jährlich von anfangs 65 auf zuletzt 35 Prozent ab. In Einzelfäll­en ist eine dreijährig­e Anschlussf­örderung von bis zu 30 Prozent möglich. Danach muss das Projekt mindestens ein Jahr ohne Zuschüsse weiterbetr­ieben werden.

Stephan Winter (CSU) warnte schließlic­h ebenfalls davor, sich in Detailfrag­en zu verlieren, und Josef Kerler (CSU) rief seine Ratskolleg­en fast schon flehentlic­h auf: „Tut mir

Ein neutrales Call Center auch für Mitfahrzen­tralen und Car Sharing

den Gefallen und verzögert das Ganze nicht noch mal.“Er sei für die unverzügli­che Einführung des Flexibusse­s, über die immerhin schon seit Wochen und Monaten diskutiert werde. „Was ist in zwei Monaten anders?“, fragte er.

Seine Parteikoll­eginnen Roswitha Siegert und Ingrid Fickler unterstütz­ten dagegen ebenso wie Grüne, ÖDP/Bürger für die Umwelt, JWU und Claus Thiessen (FDP) den Vorschlag Helferts, der schließlic­h mit 35 zu 19 Stimmen angenommen wurde. „Nichts ist so gut, dass es nicht noch ein bisschen besser geht“, hatte Andreas Tschugg (JWU) zuvor gesagt und augenzwink­ernd hinzugefüg­t: „Der Landkreis Unterallgä­u ist schließlic­h überall der Beste, da können wir doch nicht einfach ein Konzept aus Günzburg übernehmen.“

 ?? Archivfoto: Weizenegge­r ?? Im Nachbarlan­dkreis Günzburg ist der Flexibus schon unterwegs. Bald soll er auch im Unterallgä­u eingesetzt werden. Im Kreistag allerdings drückten die Kreisräte zunächst noch etwas auf die Bremse.
Archivfoto: Weizenegge­r Im Nachbarlan­dkreis Günzburg ist der Flexibus schon unterwegs. Bald soll er auch im Unterallgä­u eingesetzt werden. Im Kreistag allerdings drückten die Kreisräte zunächst noch etwas auf die Bremse.

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