Der Flexibus soll kommen, aber ...
Die Kreisräte befürworten das Projekt zwar, treten aber parteiübergreifend ein bisschen auf die Bremse
Unterallgäu Mehr als zweieinhalb Stunden lang haben sich die Kreisräte in der jüngsten Sitzung des Kreistags mit dem Flexibus auseinandergesetzt. Dabei war das Angebot selbst, nämlich ein Bus, den die Fahrgäste wie berichtet nach Bedarf anfordern können, ohne an einen Fahrplan gebunden zu sein, keineswegs umstritten. Die Tücke lag stattdessen – wie zuvor schon in der Sitzung des Kreisausschusses – im Detail. 16 Wortmeldungen zeigten, dass es bei der Ausgestaltung des Flexibusses, der Teilräume des Landkreises mit zentralen Orten verbinden soll, offenbar noch Gesprächsbedarf gibt.
Letztlich sprachen sich die Räte zwar mehrheitlich für die Einführung des Busses aus, drückten bei der Umsetzung aber ein wenig auf die Bremse. Die endgültige Freigabe wollen sie erst in der nächsten Kreistagssitzung im Dezember geben. Bis dahin sollen die Verwaltung und der ÖPNV-Beirat mit allen Verkehrsunternehmen im Landkreis klären, wer die Verkehrsleistungen im Einzelnen erbringen wird und wie eine koordinierende Mobilitätsstelle organisiert sein könnte.
Den entsprechenden Antrag hatte Michael Helfert (SPD) eingebracht – und dafür fraktionsübergreifend breite Unterstützung gefunden. Wie bereits in der Sitzung des Kreisausschusses kritisierte er erneut, dass bislang nur das Konzept des Busunternehmers Josef Brandner vorliege, der den Flexibus-Verkehr im Landkreis Günzburg organisiert. Es müssten jedoch alle Busunternehmer die gleichen Chancen haben. „Es geht um ein landkreisweites Verkehrskonzept und um eine Menge Geld“, gab Helfert zu bedenken. Laut Verwaltung müsste der Landkreis für die schrittweise Einführung des Flexibusses im kommenden Jahr 80 000 Euro einplanen. Hinzu kommt das Betriebskostendefizit, das nicht durch die zugesagte staatliche Förderung gedeckt ist und das sich die Gemeinden und der Landkreis teilen sollen. Würde jeder
zweite Einwohner den Flexibus einmal im Jahr nutzen, hätte der Landkreis nach einer Berechnung Brandners innerhalb des Förderzeitraums von fünf Jahren ein Defizit von insgesamt 1,15 Millionen Euro zu tragen. Würde der Bus sehr viel häufiger genutzt, könnte es sogar steigen, weil dann auch mehr Busse und Fahrer eingesetzt werden müssten.
Das Konzept wolle deshalb gut
sein, so Helfert. Er sprach sich für ein neutrales Call-Center im Landkreis aus, das nicht nur die Fahrten des Flexibusses koordiniert, sondern beispielsweise auch über Mitfahrzentralen und Carsharing-Angebote informiert und so als Mobilitätszentrale fungiert. Die endgültige Entscheidung solle deshalb erst im Dezember fallen, um eine größere Informationsbasis zu
schaffen. Denn für einen Schnellschuss sei die erhoffte Verbesserung im Nahverkehr zu wertvoll.
Landrat Hans-Joachim Weirather dagegen hätte dem Flexibus lieber gleich in der aktuellen Sitzung endgültig grünes Licht gegeben. Schließlich treffe der Beschluss keine Vorentscheidung über die Ausgestaltung des Konzepts oder auch das Call-Center. Letzteres liege ohüberlegt nehin in der Selbstorganisation der beteiligten Busunternehmen und viele Fragen könnten auch im laufenden Verfahren beantwortet werden. Auch Alfons Biber (Freie Wähler) fand es zu früh, um über Einzelheiten zu diskutieren. Es gehe um eine Grundsatzentscheidung. „Es besteht die Gefahr, dass wir Zeit verlieren.“Die sitzt dem Landkreis insofern im Nacken, als die in Aussicht gestellte Förderung des Freistaats nur gewährt wird, so lange dafür Mittel zur Verfügung stehen und andere Landkreise dem Unterallgäu nicht zuvorkommen. Die Förderung ist auf fünf Jahre begrenzt und nimmt jährlich von anfangs 65 auf zuletzt 35 Prozent ab. In Einzelfällen ist eine dreijährige Anschlussförderung von bis zu 30 Prozent möglich. Danach muss das Projekt mindestens ein Jahr ohne Zuschüsse weiterbetrieben werden.
Stephan Winter (CSU) warnte schließlich ebenfalls davor, sich in Detailfragen zu verlieren, und Josef Kerler (CSU) rief seine Ratskollegen fast schon flehentlich auf: „Tut mir
Ein neutrales Call Center auch für Mitfahrzentralen und Car Sharing
den Gefallen und verzögert das Ganze nicht noch mal.“Er sei für die unverzügliche Einführung des Flexibusses, über die immerhin schon seit Wochen und Monaten diskutiert werde. „Was ist in zwei Monaten anders?“, fragte er.
Seine Parteikolleginnen Roswitha Siegert und Ingrid Fickler unterstützten dagegen ebenso wie Grüne, ÖDP/Bürger für die Umwelt, JWU und Claus Thiessen (FDP) den Vorschlag Helferts, der schließlich mit 35 zu 19 Stimmen angenommen wurde. „Nichts ist so gut, dass es nicht noch ein bisschen besser geht“, hatte Andreas Tschugg (JWU) zuvor gesagt und augenzwinkernd hinzugefügt: „Der Landkreis Unterallgäu ist schließlich überall der Beste, da können wir doch nicht einfach ein Konzept aus Günzburg übernehmen.“