Die neue Lust auf Safran
Das Gewürz gehört zu den teuersten der Welt. Früher wuchsen die Pflanzen nur in warmen Ländern. Mittlerweile gedeihen sie aber auch hier. Zum Beispiel in einem kleinen Ort in Franken
Feuchtwangen Auf die sonnigen Herbsttage hat Jean-Frédéric Waldmeyer schon seit Wochen gewartet: Milde Nachttemperaturen und die sanfte Herbstsonne des goldenen Oktobers – das seien genau die Bedingungen, die seine Krokusse bräuchten, sagt der 39-jährige Landwirt, während er die sorgfältig angelegten Pflanzenreihen untersucht. In den vergangenen Tagen glich sein Wiesengrundstück in der Nähe der mittelfränkischen Stadt Feuchtwangen zeitweise einem lilafarbenen Blütenmeer.
Die Freude an der Blütenpracht mitten im Spätherbst ist für ihn und seine Frau Christina allerdings eher Nebensache. Dem Paar geht es allein um die hauchzarten, tiefroten Blütenfäden der speziellen Krokusart – der Stoff, der das Edelgewürz Safran ausmacht. Die verbreitete Auffassung, guter Safran gedeihe nur im mild-warmen Klima Irans, Afghanistans, des Maghreb oder Spaniens, versuchen die Waldmeyers seit gut fünf Jahren mit ihrem Anbauprojekt auf der Frankenhöhe, eine knappe Autostunde südwestlich von Nürnberg, zu widerlegen – mit wechselndem Erfolg.
Und nicht nur sie: Zusammen mit Boris Kunert von der sächsischen Firma Saxen-Safran in Dresden ge- hört das Ehepaar zu einem Dutzend Pionieren in Deutschland, die sich seit ein paar Jahren in Zeiten des Klimawandels für Safran-Anbau im schwierigen mitteleuropäischen Klima entschieden haben.
Die Motive dafür sind dabei ganz unterschiedlich: Für die einen war es eher eine Notlösung, für andere pure Leidenschaft für ein Gewürz, das wegen seiner aufwendigen Erzeugung zu den teuersten der Welt gehört. An Endverbraucher gehen die aromatischen Safran-Fäden in Zehntel-Gramm-Gläschen über den Ladentisch – zum Preis von drei Euro oder mehr. Die deutschen Anbauer schwören auf die Qualität deutschen Safrans. Der Frost mache die Pflanzen robuster, die Samenfäden damit aromatischer.
Für die Waldmeyers war es hingegen vor allem das Bedürfnis, neben ihren Berufen „etwas mit den eigenen Händen zu produzieren“, wie es Jean-Frédéric Waldmeyer formuliert. Dabei spielt auch eine Rolle, dass seine Frau Christina vor ein paar Jahren eine kleine Landwirtschaft von ihrem Vater geerbt hat – Anlass für die 35-Jährige, aus dem Elsass, der Heimat ihres Mannes, nach Franken zurückzukehren.
Die zart lilafarbenen Blüten der Safran-Krokus-Pflanze müssen bereits kurz nach ihrem Austreiben behutsam abgezupft, später vorsichtig die Samenfäden herausgezogen werden. Bei 50 000 Pflanzen, die die Waldmeyers auf einem viertel Hektar anbauen, eine wahre Sisyphusarbeit.
Große Erträge sind da nicht zu erwarten. Selbst im dritten Jahr ka- men die Waldmeyers auf gerade mal 500 Gramm Safran – bei Endverbraucherpreisen von 30 Euro pro Gramm entspricht das aber immerhin einem Marktwert von rund 15000 Euro. Und Saxen-SafranChef Boris Kunert räumt ein: „Bis jetzt bin ich pro Jahr noch nie auf ein Kilo gekommen.“Wegen der aufwendigen Handarbeit verzichten sowohl Kunert als auch die Waldmeyers auf eine Ausweitung des SafranAnbaus.
Hauptabnehmer des deutschen Safrans sind zumeist private Kunden. Das Direktmarketing auf Kulinar- und Genussmessen spielt bei den meisten Erzeugern eine zentrale Rolle. Die gehobene Gastronomie hat dagegen bei den meisten Erzeugern noch keinen größeren Stellenwert. Kaum ein Sternekoch brüstet sich bisher damit, seine Menüs mit Safran aus regionalem Anbau zu veredeln.
Der langjährige Geschäftsführer des Gewürz- und Gastro-Großhändlers Heimes in Ruhstorf bei Passau, Udo Heimes, spricht sogar von einem Überangebot an Safran in Deutschland – dank der Importe aus den klassischen Anbauländern. An einen dauerhaften Erfolg der deutschen Safran-Pioniere glaubt er nicht.