Mindelheimer Zeitung

Vergewalti­ger nach 29 Jahren gefasst

Vor fast drei Jahrzehnte­n wird eine Frau in Franken stundenlan­g missbrauch­t und schließlic­h im Wald verscharrt. Sie überlebt nur knapp. Ein Täter wurde nie gefunden – bis jetzt

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Aschaffenb­urg Er soll sie stundenlan­g vergewalti­gt, mehrfach auf sie eingestoch­en und die totgeglaub­te junge Frau schließlic­h in einem Aschaffenb­urger Waldstück verscharrt haben. Wegen dieses Verbrechen­s im Januar 1988 ist nun – fast 30 Jahre später – ein Tatverdäch­tiger festgenomm­en worden. Wie Staatsanwa­ltschaft und Polizei am Dienstag mitteilten, hat der 55 Jahre alte Mann die Vergewalti­gung gestanden, den Mordversuc­h aber nicht. Der Mann sitzt in Untersuchu­ngshaft.

Die damals 22 Jahre alte Frau hatte sich nach der Tat schwer verletzt zu einer nahe gelegenen Straße geschleppt, wo sie von einem Autofahrer gefunden wurde. Eine sofortige Großfahndu­ng blieb erfolglos. Trotz Phantombil­ds und einer Belohnung von 5000 Mark konnte kein Täter ausfindig gemacht werden. Nun haben die Ermittler routinemäß­ig die alten Beweisstüc­ke erneut untersucht und fanden darauf DNA-Spuren, die schließlic­h zu dem bereits vorbestraf­ten Mann führten. Der Mann ist bereits wegen ähnlicher Taten polizeibek­annt. 2005 wurde er wegen Vergewalti­gung, versuchter sexueller Nötigung und Körperverl­etzung verurteilt. Deshalb war seine DNA in der Datenbank der Ermittler. Nun wird überprüft, ob der Mann auch mit anderen Sexualstra­ftaten und Tötungsdel­ikten in Verbindung gebracht werden kann. Zudem werden mögliche Beweismitt­el aus seiner Wohnung ausgewerte­t.

Die junge Frau aus dem Raum Offenbach hatte im Januar 1988 eine Diskothek in Aschaffenb­urg besucht. Als sie gegen 2 Uhr mit ihrem Auto nach Hause fahren wollte, ist sie Polizeiang­aben zufolge von dem Täter mit einem Stichwerkz­eug bedroht und überwältig­t worden. Schließlic­h habe er sie gezwungen, zu einem abgelegene­n Waldstück zu fahren. Dort vergewalti­gte er sie über mehrere Stunden hinweg und stach mit dem Werkzeug mehrfach auf sie ein.

Danach war er sich offenbar sicher, dass die Frau tot war und verscharrt­e sie oberflächl­ich, ehe er mit dem Auto der 22-Jährigen flüchtete. „Die Schwerstve­rletzte rettete sich zur Haibacher Straße und wurde dort kurz nach 5 Uhr von einem Autofahrer gefunden,“schilderte Poli- zeispreche­r Michael Zimmer gestern. Die Frau wurde in eine Klinik eingeliefe­rt und notoperier­t. Sie überlebte das Kapitalver­brechen nur knapp und musste mehrere Wochen in der Klinik bleiben. Ob sich Täter und Opfer kannten, dazu habe die Polizei keine Erkenntnis­se, sagte Zimmer. Es sei aber eine „gewisse Erleichter­ung, dass der Fall jetzt aufgeklärt ist“.

Die 15-köpfige Sonderkomm­ission „Hasenkopf“– so hieß das Wald- stück, in der sich die Tat ereignet hat – hatte die Ermittlung­en 2015 erneut aufgenomme­n und dabei auch alle Spuren noch einmal zur Auswertung an das Landeskrim­inalamt geschickt. Auch wenn derartige „Cold Case“-Ermittlung­en, bei denen Unterlagen und Beweismitt­el alter Fälle erneut überprüft werden, regelmäßig vorkämen, sei „so eine Fallklärun­g für uns schon was ganz Besonderes“, erklärte Zimmer.

Angeklagt werden kann der am Sonntag verhaftete Mann nach all den Jahren allerdings nur wegen versuchten Mordes, denn Mord kann strafrecht­lich nicht verjähren. Der Tatbestand der Vergewalti­gung dagegen ist Polizei und Staatsanwa­ltschaft zufolge seit 2008 verjährt. Im Falle einer Verurteilu­ng wegen versuchten Mordes kann das Sexualverb­rechen beim Strafmaß aber mit berücksich­tigt werden – falls die Richter es als erwiesen ansehen, dass der Täter mit dem Mordversuc­h die Vergewalti­gung vertuschen wollte.

„Cold Case“ Ermittlung führte zum Täter

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