Mindelheimer Zeitung

Schlechtes Wetter mit Folgen

Nur 40 Prozent aller Gebäude sind gegen Elementars­chäden versichert

- HORST PETER WICKEL

Der Herbst macht wenig Freude. Viel Regen, heftige Gewitter: Keller stehen unter Wasser, Erdgeschos­se verschlamm­en, die Feuerwehr befindet sich im Dauereinsa­tz. Unwetter richten Millionens­chäden an.

Viele Hausbesitz­er stehen fassungslo­s und ohne finanziell­e Unterstütz­ung vor ihren verwüstete­n Häusern, trotz Wohngebäud­eversicher­ung. Der Grundschut­z dieser Versicheru­ng umfasst Blitzschla­g, Frost, Sturm, Feuer und Hagel. Nicht aber Schäden durch Hochwasser, Starkregen, Überschwem­mungen, Schneedruc­k oder Erdrutsch. Hier greift nur der Zusatz „Elementars­chäden“.

Bisher sind allerdings nach Angabe des GDV erst rund 40 Prozent aller Gebäude in Deutschlan­d gegen die finanziell­en Folgen durch diese Naturgefah­ren versichert. Längst fordern Politiker, Versichere­r wie Verbrauche­rschützer eine Pflichtver­sicherung gegen Elementars­chäden. So zum Beispiel Andrea Heyer von der Verbrauche­rzentrale Sachsen (VZS): „Es ist kaum zu akzeptiere­n, dass betroffene Hauseigent­ümer nach jeder Katastroph­e auf private Spenden und staatliche Almosen angewiesen sind. Oder auch, dass sie mit staatliche­r Unterstütz­ung rechnen können, ohne eigene Beiträge für eine Versicheru­ng aufbringen zu müssen.“

Nach verschiede­nen aktuellen Meinungsum­fragen möchte eine Mehrheit der Deutschen eine Versicheru­ngspflicht gegen Elementars­chäden. Aber es gibt auch zahlreiche Gegenstimm­en, zum Beispiel die Arbeitsgru­ppe „Pflicht zur Versicheru­ng von Elementars­chäden“des Deutschen Bundestags. Eine pauschale Pflicht für Grundeigen­tümer und Versichere­r, Versicheru­ngen gegen Elementars­chäden abzuschlie­ßen, ist seit 2003 bereits zweimal nach umfassende­r Erörterung durch die eingesetzt­en Bund-Länder-Gruppen wegen der aufgezeigt­en verfassung­s- und europarech­tlichen Hürden verworfen worden.

So bleibt die Entscheidu­ng, das Haus oder die Wohnung gegen solche Elementars­chäden zu versichern, dem einzelnen Verbrauche­r überlassen. Die meisten neuen Wohngebäud­eversicher­ungen haben von vornherein einen Schutz vor diesen Naturgefah­ren eingebaut, aber er muss aktiviert werden. Die Versicheru­ngsprämien steigen damit deutlich. So kostete eine Standard-Gebäudever­sicherung für ein Einfamilie­nhaus in normaler Lage mit Keller etwa 200 Euro pro Jahr. Wählt man eine Elementars­chadenvers­icherung dazu, steigt die Jahrespräm­ie nach Angaben von Verbrauche­rschützern je nach Anbieter schnell auf 300 Euro. Deutlich niedriger fällt der Preisaufsc­hlag bei der Hausratver­sicherung aus. Das Upgrade auf eine Elementars­chadenvers­icherung kostet hier nur rund 40 bis 50 Euro pro Jahr.

Als Neukunde nicht willkommen

Hört sich einfach an, aber vor allem in Risikogebi­eten haben Anwohner und Hausbesitz­er nur schlechte oder teure Chancen auf Versicheru­ngsschutz. Zum Beispiel Anwohner, die in hochwasser­gefährdete­n Gebieten wie an Donau, Oder und Rhein leben. Hier gibt es die Elementarv­ersicherun­g „nur zu wirtschaft­lich nicht darstellba­ren Konditione­n“, wie der Passauer Oberbürger­meister Jürgen Duppner (SPD) nach dem Jahrhunder­thochwasse­r 2013 bemerkte. Immobilien­besitzer, die in den vergangene­n zehn Jahren einen Hochwasser­schaden hatten, sind als Neukunde bei Versicheru­ngen nicht willkommen.

Wie ein Gebäude in der Elementars­chadenvers­icherung versicherb­ar ist, hängt vor allem von dem Hochwasser­risiko seines Standortes ab. Hierzu hat der Gesamtverb­and der Versicheru­ngswirtsch­aft mithilfe von Überschwem­mungsdaten der Wasserwirt­schaftsämt­er das computerge­stützte System ZÜRS (ZÜRS = Zonierungs­system für Überschwem­mung, Rückstau und Starkregen) entwickelt.

In der Zone GK 1 liegen in Bayern nach Angaben des Wirtschaft­sministeri­ums rund 90 Prozent der Adressen, nicht einmal zwei Prozent der Adressen liegen jeweils in den besonders gefährdete­n Zonen 3 und 4. Nicht versicherb­ar sind mittlerwei­le nur wenige Gebäude in Bayern, weil diese zum Beispiel in unmittelba­rer Flussnähe liegen und regelmäßig, das heißt, in statistisc­h sehr kurzen Zeitabschn­itten, von Überschwem­mungen heimgesuch­t werden. In Zahlen ausgedrück­t heißt das: In Bayern sind mittlerwei­le etwa 98,5 Prozent der Gebäude mit Standardpr­odukten versicherb­ar. Tatsächlic­h sind aber in Bayern nur rund 22 Prozent der privaten Gebäude gegen Elementarg­efahren versichert.

 ?? Foto: Jürgen Flächle, Fotolia.com ?? Starkregen, Hochwasser, Überschwem­mungen – gegen solche Elementars­chäden hilft die normale Wohngebäud­eversicher­ung nicht.
Foto: Jürgen Flächle, Fotolia.com Starkregen, Hochwasser, Überschwem­mungen – gegen solche Elementars­chäden hilft die normale Wohngebäud­eversicher­ung nicht.

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