Mindelheimer Zeitung

Mit 84 sagt sie endlich Nein

Susan Kreller glückt ein zartes Frauenport­rät

- Daniela Hungbaur

Können Häuser Trost spenden? Können Bücher lebensrett­end sein? Wer für die Bejahung dieser Fragen wirklich noch einen Beweis braucht, der sollte den in einer bemerkensw­ert zarten, poetischen Sprache geschriebe­nen Roman „Pirasol“lesen. Wer aber schon überzeugt ist, wird beglückt sein. Der berührende Rückblick der 84-jährigen Gwendolin auf ihr Leben ist ein wunderbare­r Frauen- und Familienro­man.

Einfühlsam erzählt die Schriftste­llerin Susan Kreller, wie die junge Gwendolin in eine Ehe mit dem fanatische­n, kaltherzig­en Papierfabr­ikanten Willem Suhr gerät. Eine Ehe, die sie zu einem stummen, allzu duldsamen „Mägdelein“macht. Zu einer Frau, die auch dann nicht aufsteht und sich wehrt, als ihr eigener Mann den geliebten Sohn aufs Brutalste schikanier­t und aus dem

Haus treibt. Nein, Gwendolin ist keine Kämpferin. Zumindest keine offensicht­liche. Diese Frau hat früh gelernt, wie lebensgefä­hrlich es sein kann, wenn man sein Herz auf der Zunge trägt. Als sie ihrem literaturl­iebenden Vater, einem Theaterkri­tiker, im Luftschutz­keller laut Heine vorliest, wird der Freund des „Juden-Heine“abgeholt und kehrt nur zum Sterben nach Hause zurück. Die Mutter ist da schon verschwund­en. Zurück bleibt eine Frau, die nur noch im Verborgene­n ihr Glück sucht. In Büchern. Und in der Villa mit dem Namen Pirasol. Doch als die hinterhält­ige Thea in ihr Leben und in ihr Haus tritt, hat Gwendolin vom Dulden endlich genug.

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