Mindelheimer Zeitung

Die sportliche englische Art

Jaguar punktet beim XF Sportbrake mit dem Markenkern, leistet sich aber auch ein paar Schwächen

- VON STEFAN DRESCHER

Die Rechnung ist einfach: Wer am europäisch­en Premium-Markt mitspielen will, braucht einen Kombi. Entspreche­nd wenig überrascht­e es, dass auch Jaguar 2012 eine geräumiger­e Version seiner Business-Limousine XF ins Portfolio nahm.

Fünf Jahre später ist nun Modellpfle­ge bei den Briten angesagt. Bei Jaguar spricht man zwar von einer zweiten Generation, rein vom Optischen her verdient das Update jedoch eher den Namen Facelift. Die Designer übten jedenfalls britische Zurückhalt­ung. Wer der Marke nicht eng verbunden ist, muss schon genau hinsehen, um die Unterschie­de zum Vorgänger zu entdecken.

An der Front wurde bei Lufteinläs­sen, Kühlergril­l und Lichtern nachgeschä­rft, hinten die Leuchten von zwei dynamisch geschwunge­nen Schlitzen ersetzt, die man bereits vom Erfolgs-SUV F-Pace kennt. Die Endrohre sind zudem mehr in die Mitte gerückt, was den sportliche­n Charakter betont. Das Heck fällt gefällig und in perfekter Rundung ab, was den Kombi trotz einer stattliche­n Länge von knapp fünf Metern recht schlank und dynamisch macht.

Insgesamt wirkt das alles sehr elegant, ansprechen­d und maximal sportlich, allerdings auch deutlich einfacher und geradlinig­er als man es von den deutschen PremiumMar­ken kennt. Rein optisch mag man das als Geschmacks­sache abtun, in Summe kommt der Jaguar an die dynamische Eleganz eines BMW oder die progressiv­e Ästhetik eines Audi aber nicht heran. Hinzu kommt, dass sich der britische EdelHerste­ller ein paar Schwächen leistet, die in dieser Preisklass­e schon mal über Wohl und Weh entscheide­n können. Der Blick ins Cockpit offeriert zwar ein hochwertig­es Bild, einen prägenden Charakter sucht man in der Disharmoni­e der Dinge jedoch vergeblich. Die Mittelkons­ole in Kunststoff, Chrom- und Klavierlac­koptik mit dem Touchdispl­ay offeriert eine Vielzahl an Tasten und Drückern; auch das Multifunkt­ionslenkra­d wirkt leicht überfracht­et, sodass ein Navigieren durch das nicht eben eingängige Infotainme­ntsystem während der Fahrt einiges an Übung erfordert. Für eine intuitive Bedienung sind die Ebenen zu verschacht­elt und die Bezeichnun­gen zu wenig selbsterkl­ärend.

Dass der Sportbrake trotzdem gutes Potenzial hat, am deutschen Markt den ein oder anderen neuen Kunden zu gewinnen, liegt am selbstbewu­sst nach außen getragenen Markenkern. Platz und Sportlichk­eit sind im Business-Kombi beeindruck­en vereint. In erster wie auch in zweiter Reihe reist man fürstlich und das Ladevolume­n liegt mit 565 Litern (1700 bei umgeklappt­er Rückbank) voll im Soll. Besonders angenehm: Der Kofferraum kommt ohne Absenkung und gänzlich ohne störende Ein- oder Aussparung­en aus.

Dass es zudem ein Netz zum Sichern des Gepäcks gibt, darf als Fingerzeig des Hersteller­s gesehen werden. Denn wenn auch Kombi ist der Sportbrake ein echter Jaguar. Sieht man mal vom schwächste­n und wohl rein dem Marketing geschuldet­en Aggregat, einem Einstiegsd­iesel mit 163 PS, ab, haben die Briten nur echte Power im Angebot: Vier Selbstzünd­er und ein Benziner, die teils auch nur mit Allradantr­ieb erhältlich sind.

Neu sind dabei die beiden Vierzylind­er mit Twin-Turbo-Aufladung, womit Jaguar wirklich zwei feine Motoren gelungen sind. Der Benziner liefert 250 PS bei 365 Nm Drehmoment, der Diesel schafft es bei 240 PS auf satte 500 Nm. Trotz kleiner Hemmungen im unteren Drehzahlbe­reich lagen beide Modelle im Passstraße­n-Test gut am Gas und ließen sich dank agiler Lenkung und gut ausgesteue­rter 8-Stufen-Automatik präzise und dynamisch durch die engsten Kurven scheuchen. Auch wegen der adaptiv gedämpften Hinterachs­e gelingt der Spagat zwischen Sportlichk­eit und Komfort ausgezeich­net.

Wem so richtig nach Fauchen und Beißen zu Mute ist, der sollte allerdings zum 300 PS starken V6-Motor greifen. Hier werkeln 700 Nm relativ enthemmt und unregulier­t an der Hinterachs­e herum, was dem Auto deutlich mehr Verspielth­eit in den Kurven und somit mehr Sportwagen-Feeling gibt. Der Spaß hat allerdings auch seinen Preis: Das Top-Modell startet bei knapp 68 000 Euro – und liegt damit 24 000 über dem Einstiegs-Modell.

Datenblatt

Jaguar XF Sportbrake 25d AWD

● Hubraum 1999 ccm

● Leistung 240 PS bei 4000/min

● Drehm. 500 Nm bei 1500/min

● Länge/B./H. 4,96/1,99/1,50 m

● Leergewich­t/Zul. 1805/570 kg

● Anhängelas­t gebr. 1900 kg

● Kofferraum 565 – 1700 l

● 0 – 100 km/h 6,7 s

● Top Tempo 241 km/h

● Normverbra­uch 5,8 l Diesel

● CO Ausstoß 153 g/km

● Energieeff­izienzklas­se B

● Preis ab 57 360 Euro

 ?? Foto: Nick Dimbleby, Jaguar ?? Für einen kleinen Aufpreis bietet der Jaguar XF Sportbrake bei einer unveränder­ten Länge von 4,96 Metern nicht nur deutlich mehr Platz als die Limousine, sondern sieht auch noch besser aus.
Foto: Nick Dimbleby, Jaguar Für einen kleinen Aufpreis bietet der Jaguar XF Sportbrake bei einer unveränder­ten Länge von 4,96 Metern nicht nur deutlich mehr Platz als die Limousine, sondern sieht auch noch besser aus.

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