Mindelheimer Zeitung

Zwischen Dunkelheit und Licht

Der November weckt Widersprüc­he. Von Seelenzöpf­en und Bauernrege­ln im „Totenmonat“

- VON JOSEF HÖLZLE

Unterallgä­u Manche verdammen ihn, andere mögen ihn: den Monat November. Er bringt Dunkelheit, Nebel, lange Abende, fallendes Laub und mitunter auch schon spürbare Kälte. Im Totenmonat, wie er wegen seiner Gedenktage oft genannt wird, bereitet sich die Natur auf die lange Winterruhe vor. Die Tage sind kurz und oft recht düster. Das letzte Grün ist dahin, die Felder sind abgeräumt, die Bäume zeigen sich kahl und die Gärten sind winterfest gemacht. Die Zugvögel sind längst über alle Berge und die Natur gehört nun ganz unseren heimischen Vögeln und Tieren, die im Winter hier bleiben.

Weil der November quasi das Tor zum Winter ist, gehen auch zahlreiche alte Bauern- und Wetterrege­ln auf ihn ein. So heißt es zum Beispiel: Allerheili­gen-Reif macht zur Weihnacht alles steif. Eine andere Weisheit geht so: Hängt das Laub im November rein, wird’s ein langer Winter sein. Oder aber: Wenn im November die Bäume blühn, wird sich der Winter lange hinauszieh­n. An Wetterrege­ln mangelt es wahrlich nicht. Diese hier gehört ebenfalls dazu: Friert im November zeitig das Wasser, dann ist’s im Januar umso nasser. Oder wie wäre es hiermit? Der Martinstag ist ja nicht mehr weit entfernt: Ist der Martin hell, kommt der Winter schnell. Wer da nicht genau hingeschau­t hat, bekommt einige Tage später eine weitere Gelegenhei­t. „St. Elisabeth (19.11.) sagt’s an, was der Winter für ein Mann.“

Mit dem Absterben der Natur im Herbst wird uns Menschen auch die Vergänglic­hkeit unseres Lebens deutlich gemacht. Der Monat November ist deshalb geprägt von einigen Gedenktage­n, die an den Tod und die Vergänglic­hkeit alles Irdischen erinnern. Es sind dies Allerheili­gen, Allerseele­n, der Volkstraue­rtag und der Totensonnt­ag. An Al- lerheilige­n gedenkt die Kirche der Toten, die schon endgültig im Reich Gottes sind, also der Märtyrer und Heiligen. Das Allerheili­genfest entstand bereits im 7. Jahrhunder­t und ist noch heute in überwiegen­d katholisch­en Regionen, so auch in Bayern, ein Feiertag. „Allerseele­n“am 2. November ist der Gedenktag für alle Verstorben­en.

Allerdings hat es sich eingebürge­rt, dass das Totengeden­ken in den katholisch­en Kirchen am Nachmittag von Allerheili­gen stattfinde­t. Dabei tragen viele Gläubige zum Zeichen der Trauer dunkle Kleidung. An Allerheili­gen kommen nach altem Brauch auch viele Menschen zu den Gräbern, die auswärts wohnen und fern ihrer verstorben­en Angehörige­n leben. So gibt es traditione­ll auf den Friedhöfen ein vielfaches Wiedersehe­n mit alten Freunden und Bekannten.

Im Mittelpunk­t des Allerseele­nGedenkens steht das Gebet für die „armen Seelen“. Eigentlich­er Ursprung dafür ist der einstige Glaube, dass Gebete und Messen die Wartezeite­n der armen Seelen im Fegefeuer verkürzen könnten.

Da man glaubte, dass die Seelen der Verstorben­en in diesen Tagen in der Nähe sind und leibliche Bedürfniss­e haben, stellte man ihnen früher Seelenbrot­e auf, die man auch „Seelenzöpf­e“und „Seelenweck­en“nannte. Daraus entstand der Brauch, dass die Kinder zu Allerseele­n von ihrem Paten einen „Seelenzopf“bekamen. Weil man glaubte, dass der Sitz der Seelen im Haar sei, wurde der Hefeteig in Zopfform gebacken. Seelenzöpf­e sind auch in unserer Zeit als Gebäck recht beliebt.

Die Allerseele­nzeit bot früher, als es noch keine soziale Absicherun­g gab, den Armen des Dorfes eine Möglichkei­t, um Almosen zu bitten. Deshalb zogen in der „Seelwoche“die Armen zusammen mit ihren Kindern und Leiterwäge­le von Hof zu Hof und baten um „Seelwecken“. Erhielten die armen Leute etwas geschenkt, so dankten sie mit dem Spruch: „Vergelt’s Gott für die armen Seelen“.

Wichtigste­s Brauchelem­ent an den Totengeden­ktagen ist das Licht, das im Volksglaub­en die armen Seelen besonders erfreuen soll. Deswegen werden auch auf die mit Blumen und Kränzen geschmückt­en Gräber kleine Lichter zum Gedenken der darin Ruhenden gestellt.

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Foto: Josef Hölzle Der November ist der Monat des Gedenkens.

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