Komprimierter Klassiker
Das White Horse Theatre bringt den Maristenschülern gekonnt Romeo und Julia nahe
Mindelheim Eigentlich muss man ja fast nichts mehr dazu sagen. Romeo und Julia: Das steht für ein tragisches Liebespaar. Während die Vorlage die Fehde der Häuser Capulet und Montague groß beleuchtet, waren die Textbuchschreiber des White Horse Theatre darauf aus, das Stück auf die Liebesgeschichte zu verkürzen. Schließlich sollte eine Fassung für Oberstufenschüler entstehen, die gerade mal etwas mehr als eine Stunde dauert. Ein gelungenes Unterfangen.
In der Aula des Maristenkollegs konnten die 160 Gymnasiasten den vier jungen Schauspielern aus England bei ihrem eindrücklichen Spiel zusehen. Gebannt waren die Blicke auf Romeo und Mercutio gerichtet, die so manch derben Scherz machen, bevor sich der junge Montague unsterblich in die Tochter des Feindes verliebte. Aufmerksam wurden die romantische Balkonszene, die Trauung und die Liebesnacht verfolgt, die sich hier so unglaublich schnell aneinanderreihen. Shakespeares doppeldeutige Wortspielereien bezüglich Sex wurden übrigens gekonnt durch anzügliche Gesten mit eingebaut.
Sehr eindrucksvoll auch die Szene, in der Vater Capulet Julia zwingt, Paris zu heiraten. Als sie versucht, sich gegen seine Pläne zu stellen, wird sie von ihm gepackt und zu Boden geschleudert. Er gibt ihr äußerst klar zu verstehen, dass ihre Meinung überhaupt nicht zählt.
Wie bereits in früheren Produktionen ist es beeindruckend, wie effizient und einfach die Umbauten und Bühnenbildänderungen quasi nebenbei durch die Schauspieler vorgenommen werden. Ebenso wie mit wenigen durchdachten Requisiten die verschiedenen Orte zum Leben erweckt werden. Es ist schön, dass diese englischen Produktionen mit Unterstützung der Bildungsstiftung regelmäßig ans Maristenkolleg geholt werden können.
Auch die Schüler waren beeindruckt, zum Beispiel davon, dass Ian Archdeacon so viele Charaktere spielt; nicht nur den Mercutio, sondern auch Pater Lorenzo und Julias Vater. Ebenso Hannah Abbott, die nicht nur die vorwitzige und freche Amme, sondern auch den kämpferischen Tybalt verkörpert.
Die alte Sprache William Shakespeares sei auch für die vier englischen Muttersprachler sehr gewöhnungsbedürftig und schwer zu lernen, betonte Lauren Donovan, die die Julia darstellte. Die Chance, sich mit den englischsprachigen Gästen ein wenig auszutauschen, haben in diesem Jahr nur sehr wenige der Schüler ergriffen. Es wurden nur wenige Fragen an die Schauspieler gerichtet. Vielleicht ist ja modernes Englisch ebenfalls eine Herausforderung?