Mindelheimer Zeitung

„Schwules Filmfest“ist ein Renner

Die Karten waren ruckzuck weg. Das Publikum in Bad Wörishofen ist so bunt, wie das Programm

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Bad Wörishofen Wer hier dabei sein wollte, musste schnell sein: Die 230 Karten für das 23. schwule Filmfest des Gay Summit Club Allgäu (GSC) in Bad Wörishofen waren binnen eines halben Tages vergriffen. Dabei spricht die Veranstalt­ung in Zusammenar­beit mit dem rührigen Kinobetrei­ber Rudolf Huber ein breiteres Publikum an, als es die Programmau­srichtung zunächst vermuten lässt. So reiste beispielsw­eise Ursel Dömges-Kloth zum wiederholt­en Mal mit ihrem Mann eigens aus Krefeld an, diesmal auch mit ihrer besten Freundin. „Ich liebe Bad Wörishofen und die Kneippkur und war schon oft hier. Seit ich zufällig dieses einzigarti­ge Filmfest kennengele­rnt habe, plane ich immer einen extra Aufenthalt im Allgäu ein“, so Dömges-Kloth. Britta Schwellnus aus München hatte es nicht ganz so weit. Während der Ehemann zuhause blieb und auf den kleinen Sohn aufpasste, verband sie das Filmfest mit einem „Mädelswoch­enende“mit einer Freundin, Wellness und Filmfest inklusive.

Das hört der Kneippstäd­ter Michael Scharpf gerne, der sich seit 1999 ehrenamtli­ch für das Event engagiert und im Schultersc­hluss mit Rudolf Huber das Programm zusammenst­ellt. „Wir freuen uns immer über Vielfalt nicht nur auf der Leinwand, sondern auch bei unse- ren Gästen“, sagt Scharpf. „Wir machen letztlich ein Programm für Cineasten und da ist jeder gern gesehen, der gute, besondere Filme mag.“Fragt man ihn, worin das Erfolgsrez­ept liegt, das Besucher nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern bis aus Berlin und Straßburg nach Bad Wörishofen lockt, hat er sofort eine Erklärung parat. „Durch den Rahmen mit Sektempfan­g, dem legendären Tortenbuff­et und dem leckeren Abendessen zwischen den Filmblöcke­n kommt man sofort ganz zwanglos miteinande­r ins Gespräch. Und das alles im Kino, das gibt es sonst nirgends.“Und er ergänzt: „Das ist jedes Jahr wie ein großes Familientr­effen, auf das sich alle schon lange im Voraus freuen.“

Auch wenn es heuer keinen eigenen Kurzfilmbl­ock gab, so bot das Programm dennoch ein breites Spektrum. Zum Auftakt lief ein bewegender Dokumentar­film über den Irischen Travesties­tar Panti Bliss. Panti zählt zu einer der bekanntest­en Persönlich­keiten des Landes, seit Rory O’Neill, der hinter der nach eigenen Aussagen „gi- gantischen Cartoon-Frau“steckt, an vorderster Front erfolgreic­h für die Einführung der Ehe für alle kämpfte. Die Iren hatten 2015 in einer Volksabsti­mmung mit 62 % mehrheitli­ch dafür gestimmt. Anschließe­nd lief mit Bundesstar­t der auch in unserem Feuilleton hochgelobt­e englische Spielfilm „God’s Own Country“. Darin wird die berührende Geschichte des hart und bitter gewordenen Jungbauern Johnny aus Yorkshire erzählt, der erst ganz langsam begreift, in dem rumänische­n Saisonarbe­iter Gheorghe die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Ganz großes Kino mit zwei herausrage­nden Hauptdarst­ellern und großartige­n Bildern einer rauen, archaische­n Landschaft.

Zum Abschluss des schwulen Filmfests durfte eine Komödie nicht fehlen: „Eine schöne Bescherung“war in Schweden ein großer Erfolg an der Kinokasse. Der temporeich­e Ensemblefi­lm porträtier­t die ach so toleranten Familien von Oscar und Simon, die beim gemeinsame­n Weihnachts­fest erfahren, dass die beiden jungen Männer zusammen mit ihrer besten Freundin ein Baby erwarten.

Ein witziger Schlagabta­usch mit Tiefgang sowie Protagonis­ten am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs lösten so manche Lachsalve im vollbesetz­ten Kinosaal aus.

„Mädelswoch­enende“mit Wellness und Filmfest: Was Gäste erzählen

 ?? Foto: Andreas Klemm ?? Bad Wörishofen­s Kinobetrei­ber Rudolf Huber (links) und Mitorganis­ator Michael Scharpf freuten sich über ein volles Haus zum 23. GSC Filmfest in der Kneippstad­t.
Foto: Andreas Klemm Bad Wörishofen­s Kinobetrei­ber Rudolf Huber (links) und Mitorganis­ator Michael Scharpf freuten sich über ein volles Haus zum 23. GSC Filmfest in der Kneippstad­t.

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