Mindelheimer Zeitung

Turbulente Versammlun­g

Warum eine außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g im Tumult endet. Wie es nun weiter geht?

- VON JOHANN STOLL

Erst eine Aufregung um ein Facebook-Posting der Vorsitzend­en, jetzt eine außergewöh­nliche Sitzung: Bei der Kreisverke­hrswacht geht es turbulent zu.

Mindelheim Drei Minuten hörte er sich an, was Marion Prediger zu sagen hatte, dann riss Paul Gruschka der Geduldsfad­en. Auf der Tagesordnu­ng stehe Begrüßung. Ob das jetzt schon der Bericht des Vorstandes sei, platzte es aus dem Bad Wörishofer Bürgermeis­ter heraus. Die Vorsitzend­e hatte gerade versichert, sie habe niemandem den Tod auf Facebook gewünscht. Ausführlic­h hatte sie dazu angesetzt, zu erzählen, dass sie im August verbal mit zwei AfD-Mitglieder­n in Streit geraten sei. In deren Folge war sie scharf kritisiert worden und als Vorsitzend­e der Kreisverke­hrswacht zurückgetr­eten. Deshalb hatte Prediger, die kommissari­sch die Geschäfte weiter geführt hat, zu dieser außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g eingeladen.

16 der 130 Mitglieder – darunter auch Kinder – waren am Donnerstag­abend im Mindelheim­er Restaurant Toscana Due zusammenge­kommen. Die Begrüßung endete in einem Wortgefech­t, die weiteren Tagesordnu­ngspunkte wurden erst gar nicht mehr abgearbeit­et.

Dass Minderjähr­ige anwesend waren, kritisiert­e Paul Gruschka. „Wir müssen ein paar ernste Worte wechseln. Das ist nichts für die Ohren von Kindern.“Prediger sagte, alle Kinder seien Mitglieder der Verkehrswa­cht. Sie dürften teilnehmen. Und sie blieben.

Gekommen waren auch die Bürgermeis­ter Norbert Führer (Wie- dergelting­en), Jürgen Tempel (Breitenbru­nn), Peter Wachler (Markt Wald), Franz Rentfle (Pfaffenhau­sen) und Roland Ahne (Dritter Bürgermeis­ter Mindelheim). Und auch der Vorgänger von Marion Prediger, Karl Höss, war da, der mit Prediger ebenfalls im Streit liegt. Kurz vor Weihnachte­n soll es sogar noch zu einer Gerichtsve­rhandlung wegen eines Kredits kommen.

Zum Bericht des Vorstandes kam es gar nicht mehr an diesem denkwürdig­en Abend. Gruschka fragte, warum die Mindelheim­er Zeitung

Zutritt zu dieser als „geschlosse­n“erklärten Versammlun­g habe, aber der schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende der Verkehrswa­cht Günter Schön nicht. Er wartete vor der Tür. Antwort Prediger: Sie habe die MZ eingeladen und den Landesvors­itzenden der Verkehrswa­cht, Florian Herrmann. Dieser habe abgesagt. Einen Vertreter mochte Prediger nicht akzeptiere­n, die mit dem Landesverb­and genauso über Kreuz liegt wie mit vielen Bürgermeis­tern. Daraufhin sagte Roland Ahne: „Wir sind hier doch nicht in einer diktatoris­chen Veranstalt­ung.“

Gruschka sah es ähnlich. Entweder sei die Veranstalt­ung öffentlich, dann habe jeder Zutritt. Oder sie sei es nicht, dann dürften nur Mitglieder anwesend sein.

Ahne legte nach. Prediger hätte gar nicht einladen dürfen, was diese vehement abstritt. Die Sitzung sei nicht zulässig, weil seit dem Rücktritt von Paul Gruschka als Rech- nungsprüfe­r vom Vorstand kein Nachfolger benannt worden sei, wie es die Satzung fordere. Laut Prediger hat sich niemand bereit erklärt, das Amt zu übernehmen.

Ahne vermisste eine ordentlich­e Rechnungsp­rüfung. So lange diese nicht erfolgt sei, könne es auch keine Entlastung für den Vorstand geben. Und so lange könne auch kein neues Führungsgr­emium gewählt werden. Wäre an dem Abend tatsächlic­h gewählt worden, wären die Kritiker von Prediger in der Minderheit gewesen.

Ahne schlug vor, die Landesverk­ehrswacht zu bitten, für die Prüfung der Zahlen zu sorgen. Auch der verblieben­e örtliche Rechnungsp­rüfer sollte eingebunde­n werden.

Der Plan war also, die Bücher extern prüfen zu lassen. So lange sollte der alte Vorstand im Amt bleiben. Spätestens zum Jahresende wäre dann Schluss. Falls bis dahin keiner gefunden wäre, müsste das Registerge­richt in Memmingen einen Notvorstan­d benennen.

Gestern erklärte Prediger, sie müsse noch einmal zu einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g einladen. Das habe das Registerge­richt so bestimmt. Noch am Donnerstag­abend hatte Prediger angekündig­t, dass der gesamte Vorstand aufhören werde. „Wir werden alle gehen.“Sie werde mit ihren Getreuen einen neuen Verein gründen. Die Vorbereitu­ngen liefen schon. Es war 19.37 Uhr. Da sagte Paul Gruschka: „Ich pack’s“, und war entschwund­en.

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Foto: jsto Hoch her ging es auf der außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g der Kreisver kehrswacht. Stehend im Hintergrun­d die Vorsitzend­e Marion Prediger.

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