Auf den Ernstfall vorbereiten
Rettungskräfte im Unterallgäu gehen neue Wege, um bei einem Terror-Anschlag schnell Hilfe leisten zu können. „Man muss damit rechnen, dass man einmal betroffen sein wird“
Memmingen Im Ernstfall muss jeder Handgriff sitzen. Deshalb befassen sich Rettungskräfte zunehmend mit dem Thema „Terror“. Beispielsweise mit der Frage, wie man mit einer Vielzahl an Verletzten umgeht. Anschläge sind eines von vier Themen des sechsten Notfallsymposiums „Notfallgäu“in Memmingen. „Man muss damit rechnen, dass man einmal betroffen sein wird“, sagt Rupert Grashey, ärztlicher Leiter der Notfallklinik am Klinikum Memmingen und Organisator des zweitägigen Symposiums. „Das Interesse wächst von Jahr zu Jahr“, freut er sich.
Die erwarteten 350 Teilnehmer kommen aus dem Raum Süddeutschland, Österreich, Schweiz und Tirol. Heute – am zweiten Tag – finden öffentliche Vorträge zu Themen wie Kindernotfälle und Explosionsverletzungen statt.
„Wir sind ja froh, dass es bei uns wenig Großeinsätze gibt,“ergänzt Bruno Ollech, stellvertretender Bezirksgeschäftsführer der Malteser. „Das heißt aber nicht, dass wir nicht darauf vorbereitet sind.“Planen könne man allerdings nur Grundzüge. „Denn kein Anschlag ist wie der andere, auch wenn der Hintergrund derselbe sein kann“, sagt Ollech. Zudem wisse man in den meisten Fällen anfangs nicht, dass es ein Anschlag ist.
Denn beispielsweise bei einer Explosion könnte es sich genauso um ein Unglück handeln. Daher sei es enorm wichtig, dass die Spezialkräfte der Polizei die führende Rolle übernehmen. Denn diese seien geschult und in der Lage, die Situation einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Liegt ein Ernstfall vor, ist es laut Ollech elementar, dass es von oben klare Befehle gibt, die dann ausgeführt werden. Dafür biete das Innenministerium spezielle Schulungen für Rettungsdiensteinsätze bei besonderen Einsatzlagen an.
Grundlegend kann man sich laut Grashey vorab auf zwei Aspekte vorbereiten: Logistik und Verletzungen.
In Sachen Logistik stellt man sich die Frage, „wie man in kurzer Zeit ausreichend Material und Einsatzkräfte bereitstellen kann“, sagt Grashey. Dabei werde auch stets die Sicherheit der Helfer mitbedacht. „Das heißt, alte Konzepte verlassen“, sagt Grashey. Einsätze werden folglich beispielsweise nicht mehr nur an einem zentralen Ort koordiniert, um das Risiko zu vermeiden, selbst ein weiteres Anschlagsziel zu werden. Der Ort des Anschlages selbst werde von der Polizei in Sicherheitsbereiche eingeteilt. Ziel des medizinischen Personals sei es, Patienten schnell aufzunehmen und abzutransportieren.
„Die Verletzungen, die bei einem Anschlag vorkommen, sind nicht alltäglich für Rettungskräfte,“sagt Grashey und nennt als Beispiel Schussverletzungen. Dabei und bei Explosionen ist die Gefahr groß, dass Verletzte verbluten. „Deshalb werden alle darin geschult, wie man Arme oder Beine abbindet,“sagt er. Da es verschiedene Hersteller von Abbindesystemen gibt, müssen Einsatzkräfte mit jedem davon vertraut gemacht werden.
In Memmingen stehen für den Ernstfall etwa 150 besonders geschulte Personen und 25 Fahrzeuge zur Verfügung. Die Einsatzgruppen sind in verschiedene Teams, wie „Technik und Sicherheit“, aufgeteilt.
Der Landkreis hat eigene Einsatzgruppen. „Man ist zwar organisatorisch getrennt, aber im Schadensfall helfen alle zusammen“, betont Ollech.
„Wie beim Amok-Alarm in Memmingen im Jahr 2013, da waren alle Einheiten im Einsatz oder auf Bereitstellung.“