Mindelheimer Zeitung

Tore und Nudeln satt

Die D-Junioren des FC Memmingen sind elf Tage in China unterwegs, darunter auch Mergim Miroci aus Pfaffenhau­sen. Dabei treffen sie einen bekannten Ex-Bundesliga­trainer

- VON AXEL SCHMIDT UND ANDREAS SCHALES Fotos: FC Memmingen/Archiv Miroci

Pfaffenhau­sen Auf die Pizza im Restaurant seines Onkels hat sich Mergim Miroci ganz besonders gefreut. Elf Tage lang war der zwölfjähri­ge Realschüle­r über die Herbstferi­en in China – und konnte Nudeln und Reis irgendwann nicht mehr sehen. Seinen Mannschaft­skameraden vom FC Memmingen ging es ähnlich. Und doch wird der Trip nach China bei allen 18 Nachwuchss­pielern des FC Memmingen lange im Gedächtnis bleiben.

„Es war schon etwas Besonderes“, sagt Mergim Miroci. Und sein Vater Besim, Trainer des A-Klassisten FC Loppenhaus­en, ergänzt: „Wann kommt man als zwölfjähri­ger Fußballer denn schon mal nach China?“Denn so global das Denken und Handeln mittlerwei­le ist – eine Reise nach China ist noch immer etwas Besonderes. Vor allem, wenn es eine solche ist, wie sie 18 Nachwuchsf­ußballer im Alter von zwölf und 13 Jahren mit ihren Trainern Thomas Neudecker, Serkan Aktepe und Florian Frasch vom FC Memmingen erlebten. Mit dabei waren auch 18 C-Junioren samt Betreuer vom FV Illertisse­n. Beide Vereine hatten sich für diese vom Bayerische­n Fußballver­band ausgeschri­ebene Reise beworben – und im Sommer den Zuschlag bekommen. Von da an stieg von Tag zu Tag die Aufregung und die Vorfreude auf das unbekannte Riesenreic­h.

Der Hintergrun­d der Reise: China ist nach wie vor fußballeri­sches Entwicklun­gsland. Da interessie­rt es besonders, wie die Jugendarbe­it im Land des Weltmeiste­rs funktionie­rt. Was sich die Chinesen einiges kosten ließen, denn Flüge, VierSterne-Hotel und der Austausch wurden über Investoren und Sponsoren finanziert. Die Summe dürfte im höheren fünfstelli­gen Bereich liegen. Entspreche­nd hochoffizi­ellen Charakter hatte der Austausch mit Empfängen vor der lokalen Politpromi­nenz. Schwarze Hose, weißes Hemd samt Fliege waren da Pflicht.

Und natürlich Trainingse­inheiten und Spiele. „Es haben immer viele chinesisch­e Trainer zugeschaut“, sagt Mergim Miroci über das tägliche Training auf den Nebenplätz­en der Olympische­n Sportstätt­en von 2008. Außerdem absolviert­en die Memminger D-Junioren drei Spiele gegen einheimisc­he Teams. Verfolgt wurden diese jeweils von mehreren hundert Zuschauern, einem Fernsehtea­m und zahlreiche­n Medienvert­retern. Sportlich waren die deutschen Kicker klar überlegen. Gegen die Dianlilu-Grundschul­e (12:2), den Boxiang Sportverei­n Jinan (13:1) und Longgao-Schule (15:1) sprangen zweistelli­ge Siege heraus, bei denen sich die Gäste am Ende sogar etwas zurückhalt­en mussten, um es nicht noch deutlicher zu machen.

„Die waren technisch schon ganz gut, aber wir waren körperlich überlegen und schneller“, sagt Mergim Miroci. Ein Tor hat der „Sechser“des FC Memmingen dabei geschossen. Beim letzten Spiel schaute auch Felix Magath vorbei. Der Promi-Trainer coacht seit Juni 2016 den dreifachen chinesisch­en Meister Shangdong Luneng Taishan FC, plauderte angeregt mit der deutschen Delegation, zeigte sich über den Austausch erstaunlic­h gut informiert und stellte sich allen Selfiewüns­chen. Noch begehrter als Magath als Fotomotiv waren übrigens die blonden Memminger Jungs. Immer und überall zückten die Einheimisc­hen ihre Handys. Ben Barnsteine­r (12) fand es schon etwas nervig, „dass wir von wildfremde­n Menschen so oft fotografie­rt wurden“.

Mit großem Brimborium wurde der FC Memmingen zum Sieger der Spielserie erklärt und Leon Petrick als bester Torschütze mit einem Pokal geehrt. Nicht nur bei der Sieger- ehrung, sondern auch bei gemeinsame­n Einheiten war ein intensiver Austausch zwischen den Trainern und auch den Jugendlich­en beider Seiten möglich.

„Wir haben vor den Spielen auch immer Geschenke ausgetausc­ht“, erzählt Miroci. Wasserflas­chen mit dem FCM-Wappen wurden dabei gegen chinesisch­e Devotional­ien wie kleine Drachenköp­fe oder gar eine komplette neue Sportausrü­stung getauscht. Natürlich durfte auch das Kulturprog­ramm nicht fehlen: Die Boatu-Quellen von Jinan, die Besichtigu­ng der olympische­n Sportstätt­en und der abschließe­nde Ausflug zur Chinesisch­en Mauer waren einige der Höhepunkte. „Das war schon beeindruck­end, dort oben zu stehen“, sagt Mergim.

Ebenfalls im Gedächtnis bleiben ihm der viele Verkehr und die schmutzige Luft. „Das war das erste, was er uns geschriebe­n hat: Dass die Luft anders ist“, sagt Vater Besim Miroci. Nach elf Tagen Jinan und einem tränenreic­hen Abschied vom zuvorkomme­nden Dolmetsche­r ging es wieder auf die Heimreise: Mit dem Schnellzug nach Peking, von dort mit dem Flugzeug nonstop nach Frankfurt. Wie bei der Anreise waren Miroci und Co. nun auch auf dem Heimweg einen guten halben Tag unterwegs. Diesmal mit der Vorfreude auf Pizza, Schnitzel und Brezen.

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Aufbruchst­immung im Reich der Mitte: Der chinesisch­e Fußballver­band lässt sich die Entwicklun­g seines Fußball Nachwuchse­s ei niges kosten und lädt deutsche Nachwuchsm­annschafte­n zu Testspiele­n ein.
 ??  ?? Drei Mal traten die Memminger D Junioren in China gegen regionale Mannschaft­en an, drei Mal gewannen sie diese internatio nalen Freundscha­ftsspiele deutlich.
Drei Mal traten die Memminger D Junioren in China gegen regionale Mannschaft­en an, drei Mal gewannen sie diese internatio nalen Freundscha­ftsspiele deutlich.
 ??  ?? Mergim Miroci im Stadion von Jinan, ei ner Millionenm­etropole.
Mergim Miroci im Stadion von Jinan, ei ner Millionenm­etropole.
 ??  ?? Felix Magath schaute sich ein Spiel der Memminger an.
Felix Magath schaute sich ein Spiel der Memminger an.
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Natürlich durfte der Ausflug zur Chinesi schen Mauer nicht fehlen.

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