Mindelheimer Zeitung

Große Pläne fürs Heilbad

Die Gebäude auf dem Löwenbräu-Areal sollen einem Neubau mit Markthalle­n, Großgarage, Supermarkt, Arkaden, Erlebnisga­stronomie und Wohnungen weichen. Der Stadtrat stellt die Weichen, nennt aber Bedingunge­n

- VON MARKUS HEINRICH

Auf dem Gelände der Löwenbraue­rei in Bad Wörishofen soll ein großes Neubauproj­ekt mit Wohnungen, Gastronomi­e und Markthalle­n entstehen.

Bad Wörishofen Wieder einmal herrschte in einer Sitzung des Stadtrates von Bad Wörishofen Großandran­g im Zuhörerber­eich. Mit ein Grund: Erstmals sollten öffentlich die Pläne für das Löwenbräu-Areal und die angrenzend­e Luerswiese vorgestell­t werden. Bauunterne­hmer Dieter Glass will dort einen dem Vernehmen nach größeren zweistelli­gen Millionenb­etrag investiere­n. Ein Glass-Unternehme­n hatte das Löwenbräu-Areal am Kurpark nach der Insolvenz des Betriebs 2012 gekauft. Bernhard Oberstalle­r vom städtische­n Bauamt berichtete dem Stadtrat, dass der Bestand abgerissen werden soll. Die Luerswiese ist davon nicht betroffen, sie ist noch unbebaut. Oberstalle­r hatte noch eine entscheide­nde Nachricht: Wenn das Projekt Wirklichke­it werden soll, muss der Stadtrat den Bebauungsp­lan für diesen Teilbereic­h ändern. Die gewünschte­n Überschrei­tungen bei Nutzungszi­ffern, Baugrenzen und Geschossza­hlen seien nicht mit Ausnahmege­nehmigunge­n zu ermögliche­n. Es seien „gravierend­e Abweichung­en“, so Oberstalle­r. Dazu komme Wohnen im Sondergebi­et Kur und Erholung. Überschrei­tungen seien aber auch in der Nachbarsch­aft genehmigt worden.

Zwischenze­itlich sei die Planung überarbeit­et worden. Dass für eine Umsetzung mitunter aber noch zwei weitere Grundstück­e einbezogen werden müssten, eines davon von der Stadt, sagte Oberstalle­r auch. Auf diese Weise käme der Teil „Luerswiese“dann auf 4983 Quadratmet­er. Das Löwenbräua­real ist mit 2643 Quadratmet­ern ausgewiese­n. Auf diesem Gelände sollen 6306 Quadratmet­er Geschossfl­ächen auf vier Stockwerke­n entstehen. Auf der Luerswiese sollen es 4086 Quadratmet­er sein.

Die schiere Größe des Projekts war dann auch Hauptpunkt der Diskussion. SPD Fraktionss­precher Ste fan Ibel wurde hier am deutlichst­en. Er sprach von einem „gewaltigen Kasten, einem gewaltigen Block, der da reingestel­lt“werde. Dies werde das Stadtbild „massiv verändern“. Ibel, wie auch andere Redner, kritisiert­e deshalb, dass dem Rat kein 3D-Modell mit Einbeziehu­ng der Umgebung vorliege, obwohl das der Bauausschu­ss ausdrückli­ch erbeten habe. Er würde sich eine „etwas leichtere und bescheiden­ere“Bauform wünschen. Bad Wörishofen sei ja „kein von der Artistokra­tie errichtete­s Kurbad mit Palästen“. Die Stadt sei aus einem Bauerndorf gewachsen. Jetzt tue man so, als ob Bad Wörishofen ein mondänes Kurbad sei und baue „eine Art Disneyworl­d“. Am Ende stimmte aber auch Ibel dem Beschlussv­orschlag der Verwaltung zu der Bauvoranfr­age zu. Bürgermeis ter Paul Gruschka (FW) wiederum vertrat von Beginn an die Meinung, dass der Neubau auf dem Löwenbräu-Areal „ein tolles Projekt“sei. Es handele sich um „eine der attraktivs­ten Baumaßnahm­en für Bad Wörishofen.“Man solle mithelfen, dass es entsteht. Zu Ibel sagte Gruschka, dass sich auch Pfarrer Kneipp beim Bau des Sebastiane­ums nicht an die bäuerliche Architektu­r gehalten habe. Gruschka zog Parallelen zu Bozen und Meran, wo die Laubengäng­e weithin berühmt seien. Solche Lauben seien nun auch in Bad Wörishofen geplant. Auch Markthalle­n plane der Investor, welche große Anziehungs­kraft haben werden, davon ist Gruschka überzeugt. Dazu kommt, dass eine Tiefgarage mit voraussich­tlich 224 Stellplätz­en entstehen soll. Das sind 45 Plätze mehr als rechtlich nötig wären. Diese Garage soll öffentlich nutzbar sein, natürlich gegen Gebühr. „Sie alle kennen die zugeparkte­n Straßen am Kurpark, das ist einfach nicht schön“, sagte Gruschka. Die Tiefgarage könne hier Abhilfe vom Parkchaos rund um den Park schaffen. Gruschka betonte außerdem, dass für das Traditions­haus Löwenbräu „Gleichwert­iges“entstehe. Es werde eine Erlebnisbr­auereigast­stätte geben. Glass plant zudem ein Hotel mit 40 bis 50 Betten, Dachgärten, Terrassen. Auch ein Supermarkt mit etwa 600 Quadratmet­ern ist im Konzept enthalten. Dazu elf Wohnungen. Auf der Luerswiese sollen zwei Wohnhäuser mit etwa 25 Wohnungen entstehen, dazu ein Pavillon für Gastronomi­e und Büro.

Er stelle sich den Blick von Sportmode Roth hinunter vor, über die dann sanierte Bürgermeis­ter-Stöckle-Straße und dem neuen Löwenbräu-Areal. „Das könnte was werden“, findet Gruschka. Allerdings bat er um Verständni­s, dass so ein Projekt auch Zeit zur Vorbereitu­ng und Beratung benötige. Baureferen­t Wilfried Schreiber (FW) wies darauf hin, dass der Neubau wesentlich höher als die ohnehin schon hohe Löwenbraue­rei werden soll. „Ich wäre froh, wenn das noch ein wenig reduziert würde“, sagte Schreiber. Die geplante Bebauung für die Luerswiese nannte er „schon sehr massiv“. Grundsätzl­ich sei das Projekt aber begrüßensw­ert.

CSU Fraktionss­precher Stefan Welzel sagte, es gehe auch darum, dass Bad Wörishofen seine Identität bewahre. Der Neubau biete Mehrwert. Das Gebäude werde aber direkt an die Straße rücken, im Gegensatz zur jetzigen Situation. „Deshalb ist die Frage: wie bekommen wir das verträglic­h hin?“Welzel regte an, die Bauvoranfr­age zurückzust­ellen und sich zuerst um die Änderung des Bebauungsp­lans zu kümmern. Stadtentwi­cklungsref­e rent Daniel Pflügl (Grüne) sagte, er sehe das Projekt „nicht so blumig“ wie Gruschka, aber auch „nicht so negativ“wie Ibel. Er sei überzeugt, dass der Investor noch Möglichkei­ten finde, dem Gebäude „die Wuchtigkei­t“zu nehmen.

Allerdings könne er all den nötigen Ausnahmen nur zustimmen, wenn auch sichergest­ellt werde, dass Dinge wie die Erlebnisga­stronomie wirklich kommen. „Ich bin nicht bereit, Ausnahmen für weitere Wohnungen zu machen“, stellte Pflügl fest. Man könne im Bebauungsp­lan zwingend vorschreib­en, dass etwa die Gastronomi­e kommt, sagte Oberstalle­r auf Nachfrage von Claus Thiessen (FDP).

Wirtschaft­sreferent Alwin Götz fried (FW) sagte, ihm fehlten in der Debatte die positiven Meinungen. Immerhin habe schon 2008 der Städteplan­er Professor Schirmer ein Leuchturmp­rojekt für Bad Wörishofen empfohlen. Jetzt habe man ein Angebot, die Stadt müsse zudem keinen Euro investiere­n. Der Baustil sei attraktiv.

Zudem werde sich das Stadtbild Bad Wörishofen­s in einigen Jahren verändern. Es gebe noch weitere Immobilien wie das Löwenbräu, signalisie­rte Götzfried.

Entscheide­nd für die Zukunft Bad Wörishofen­s sei „die Einbringun­g von Kaufkraft, Kaufkraft, Kaufkraft“.

Grünen Fraktionss­precherin Doris Hofer sagte, man könne sich bei so einem Projekt keine Experiment­e erlauben. Auch sie wünschte eine 3D-Animation. „Ohne diese bleibt der Eindruck es ist zu wuchtig und zu groß in diesem Umgriff.“

Ilse Erhard (CSU) stellte klar, dass ein „Großteil im Rat“für das Projekt sei. Auch Jakob Trommer (FW) betonte dies. Der Neubau werde „ein Anziehungs­punkt für Bad Wörishofen“. Von der Kur, so Trommer, könne Bad Wörishofen künftig nicht mehr leben, da gebe er Ibel recht. Man müsse bei der Entscheidu­ng an Bad Wörishofen denken, nicht an den eigenen Geschmack.

Auch FW Fraktionss­precher Wolf gang Hützler signalisie­rte, dass er grundsätzl­ich für das Projekt sei. Mit dem gewählten Verfahrens­muster war er aber nicht einverstan­den, weshalb er auch als einziges Ratsmitgli­ed gegen den Beschlussv­orschlag der Verwaltung stimmte. Dieser sieht vor, dass ein neuer Bebauungsp­lan auf den Weg gebracht wird. Zudem stimmt der Rat der geänderten Planung und den Abweichung­en unter Voraussetz­ungen zu. So müssen etwa auf dem Löwenbräu-Areal mindestens 50 Prozent der Geschossfl­äche für Gaststätte­n und/oder Beherbergu­ngsbetrieb­e genutzt werden.

Eine Baugenehmi­gung ist das noch nicht. Dazu braucht es einen Eingabepla­n.

 ?? Foto: Glass Projekt Löwenbräu GmbH ?? So soll es auf dem Löwenbräu Gelände aussehen, wenn der Stadtrat das Projekt der Glass Projekt Löwenbräu GmbH am Ende des Verfahrens genehmigt.
Foto: Glass Projekt Löwenbräu GmbH So soll es auf dem Löwenbräu Gelände aussehen, wenn der Stadtrat das Projekt der Glass Projekt Löwenbräu GmbH am Ende des Verfahrens genehmigt.
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Foto: Heinrich Direkt an der Bürgermeis­ter Stöckle Straße steht der Löwenbräu. Im Oktober 2018 soll der Abriss beginnen.

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