Große Pläne fürs Heilbad
Die Gebäude auf dem Löwenbräu-Areal sollen einem Neubau mit Markthallen, Großgarage, Supermarkt, Arkaden, Erlebnisgastronomie und Wohnungen weichen. Der Stadtrat stellt die Weichen, nennt aber Bedingungen
Auf dem Gelände der Löwenbrauerei in Bad Wörishofen soll ein großes Neubauprojekt mit Wohnungen, Gastronomie und Markthallen entstehen.
Bad Wörishofen Wieder einmal herrschte in einer Sitzung des Stadtrates von Bad Wörishofen Großandrang im Zuhörerbereich. Mit ein Grund: Erstmals sollten öffentlich die Pläne für das Löwenbräu-Areal und die angrenzende Luerswiese vorgestellt werden. Bauunternehmer Dieter Glass will dort einen dem Vernehmen nach größeren zweistelligen Millionenbetrag investieren. Ein Glass-Unternehmen hatte das Löwenbräu-Areal am Kurpark nach der Insolvenz des Betriebs 2012 gekauft. Bernhard Oberstaller vom städtischen Bauamt berichtete dem Stadtrat, dass der Bestand abgerissen werden soll. Die Luerswiese ist davon nicht betroffen, sie ist noch unbebaut. Oberstaller hatte noch eine entscheidende Nachricht: Wenn das Projekt Wirklichkeit werden soll, muss der Stadtrat den Bebauungsplan für diesen Teilbereich ändern. Die gewünschten Überschreitungen bei Nutzungsziffern, Baugrenzen und Geschosszahlen seien nicht mit Ausnahmegenehmigungen zu ermöglichen. Es seien „gravierende Abweichungen“, so Oberstaller. Dazu komme Wohnen im Sondergebiet Kur und Erholung. Überschreitungen seien aber auch in der Nachbarschaft genehmigt worden.
Zwischenzeitlich sei die Planung überarbeitet worden. Dass für eine Umsetzung mitunter aber noch zwei weitere Grundstücke einbezogen werden müssten, eines davon von der Stadt, sagte Oberstaller auch. Auf diese Weise käme der Teil „Luerswiese“dann auf 4983 Quadratmeter. Das Löwenbräuareal ist mit 2643 Quadratmetern ausgewiesen. Auf diesem Gelände sollen 6306 Quadratmeter Geschossflächen auf vier Stockwerken entstehen. Auf der Luerswiese sollen es 4086 Quadratmeter sein.
Die schiere Größe des Projekts war dann auch Hauptpunkt der Diskussion. SPD Fraktionssprecher Ste fan Ibel wurde hier am deutlichsten. Er sprach von einem „gewaltigen Kasten, einem gewaltigen Block, der da reingestellt“werde. Dies werde das Stadtbild „massiv verändern“. Ibel, wie auch andere Redner, kritisierte deshalb, dass dem Rat kein 3D-Modell mit Einbeziehung der Umgebung vorliege, obwohl das der Bauausschuss ausdrücklich erbeten habe. Er würde sich eine „etwas leichtere und bescheidenere“Bauform wünschen. Bad Wörishofen sei ja „kein von der Artistokratie errichtetes Kurbad mit Palästen“. Die Stadt sei aus einem Bauerndorf gewachsen. Jetzt tue man so, als ob Bad Wörishofen ein mondänes Kurbad sei und baue „eine Art Disneyworld“. Am Ende stimmte aber auch Ibel dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zu der Bauvoranfrage zu. Bürgermeis ter Paul Gruschka (FW) wiederum vertrat von Beginn an die Meinung, dass der Neubau auf dem Löwenbräu-Areal „ein tolles Projekt“sei. Es handele sich um „eine der attraktivsten Baumaßnahmen für Bad Wörishofen.“Man solle mithelfen, dass es entsteht. Zu Ibel sagte Gruschka, dass sich auch Pfarrer Kneipp beim Bau des Sebastianeums nicht an die bäuerliche Architektur gehalten habe. Gruschka zog Parallelen zu Bozen und Meran, wo die Laubengänge weithin berühmt seien. Solche Lauben seien nun auch in Bad Wörishofen geplant. Auch Markthallen plane der Investor, welche große Anziehungskraft haben werden, davon ist Gruschka überzeugt. Dazu kommt, dass eine Tiefgarage mit voraussichtlich 224 Stellplätzen entstehen soll. Das sind 45 Plätze mehr als rechtlich nötig wären. Diese Garage soll öffentlich nutzbar sein, natürlich gegen Gebühr. „Sie alle kennen die zugeparkten Straßen am Kurpark, das ist einfach nicht schön“, sagte Gruschka. Die Tiefgarage könne hier Abhilfe vom Parkchaos rund um den Park schaffen. Gruschka betonte außerdem, dass für das Traditionshaus Löwenbräu „Gleichwertiges“entstehe. Es werde eine Erlebnisbrauereigaststätte geben. Glass plant zudem ein Hotel mit 40 bis 50 Betten, Dachgärten, Terrassen. Auch ein Supermarkt mit etwa 600 Quadratmetern ist im Konzept enthalten. Dazu elf Wohnungen. Auf der Luerswiese sollen zwei Wohnhäuser mit etwa 25 Wohnungen entstehen, dazu ein Pavillon für Gastronomie und Büro.
Er stelle sich den Blick von Sportmode Roth hinunter vor, über die dann sanierte Bürgermeister-Stöckle-Straße und dem neuen Löwenbräu-Areal. „Das könnte was werden“, findet Gruschka. Allerdings bat er um Verständnis, dass so ein Projekt auch Zeit zur Vorbereitung und Beratung benötige. Baureferent Wilfried Schreiber (FW) wies darauf hin, dass der Neubau wesentlich höher als die ohnehin schon hohe Löwenbrauerei werden soll. „Ich wäre froh, wenn das noch ein wenig reduziert würde“, sagte Schreiber. Die geplante Bebauung für die Luerswiese nannte er „schon sehr massiv“. Grundsätzlich sei das Projekt aber begrüßenswert.
CSU Fraktionssprecher Stefan Welzel sagte, es gehe auch darum, dass Bad Wörishofen seine Identität bewahre. Der Neubau biete Mehrwert. Das Gebäude werde aber direkt an die Straße rücken, im Gegensatz zur jetzigen Situation. „Deshalb ist die Frage: wie bekommen wir das verträglich hin?“Welzel regte an, die Bauvoranfrage zurückzustellen und sich zuerst um die Änderung des Bebauungsplans zu kümmern. Stadtentwicklungsrefe rent Daniel Pflügl (Grüne) sagte, er sehe das Projekt „nicht so blumig“ wie Gruschka, aber auch „nicht so negativ“wie Ibel. Er sei überzeugt, dass der Investor noch Möglichkeiten finde, dem Gebäude „die Wuchtigkeit“zu nehmen.
Allerdings könne er all den nötigen Ausnahmen nur zustimmen, wenn auch sichergestellt werde, dass Dinge wie die Erlebnisgastronomie wirklich kommen. „Ich bin nicht bereit, Ausnahmen für weitere Wohnungen zu machen“, stellte Pflügl fest. Man könne im Bebauungsplan zwingend vorschreiben, dass etwa die Gastronomie kommt, sagte Oberstaller auf Nachfrage von Claus Thiessen (FDP).
Wirtschaftsreferent Alwin Götz fried (FW) sagte, ihm fehlten in der Debatte die positiven Meinungen. Immerhin habe schon 2008 der Städteplaner Professor Schirmer ein Leuchturmprojekt für Bad Wörishofen empfohlen. Jetzt habe man ein Angebot, die Stadt müsse zudem keinen Euro investieren. Der Baustil sei attraktiv.
Zudem werde sich das Stadtbild Bad Wörishofens in einigen Jahren verändern. Es gebe noch weitere Immobilien wie das Löwenbräu, signalisierte Götzfried.
Entscheidend für die Zukunft Bad Wörishofens sei „die Einbringung von Kaufkraft, Kaufkraft, Kaufkraft“.
Grünen Fraktionssprecherin Doris Hofer sagte, man könne sich bei so einem Projekt keine Experimente erlauben. Auch sie wünschte eine 3D-Animation. „Ohne diese bleibt der Eindruck es ist zu wuchtig und zu groß in diesem Umgriff.“
Ilse Erhard (CSU) stellte klar, dass ein „Großteil im Rat“für das Projekt sei. Auch Jakob Trommer (FW) betonte dies. Der Neubau werde „ein Anziehungspunkt für Bad Wörishofen“. Von der Kur, so Trommer, könne Bad Wörishofen künftig nicht mehr leben, da gebe er Ibel recht. Man müsse bei der Entscheidung an Bad Wörishofen denken, nicht an den eigenen Geschmack.
Auch FW Fraktionssprecher Wolf gang Hützler signalisierte, dass er grundsätzlich für das Projekt sei. Mit dem gewählten Verfahrensmuster war er aber nicht einverstanden, weshalb er auch als einziges Ratsmitglied gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung stimmte. Dieser sieht vor, dass ein neuer Bebauungsplan auf den Weg gebracht wird. Zudem stimmt der Rat der geänderten Planung und den Abweichungen unter Voraussetzungen zu. So müssen etwa auf dem Löwenbräu-Areal mindestens 50 Prozent der Geschossfläche für Gaststätten und/oder Beherbergungsbetriebe genutzt werden.
Eine Baugenehmigung ist das noch nicht. Dazu braucht es einen Eingabeplan.