Zlatan: Gott und Großmaul
Dem menschlichen Streben sind für gewöhnlich enge Grenzen gesetzt. Das Gehirn kann zwar Befehle erteilen. Es muss aber darauf hoffen, dass das Fleisch nicht versagt. Machen wir uns nichts vor: Manchmal ist das zum Heulen.
Einen Marathon in einer guten Zeit zu laufen? Für einen Untrainierten in einem schlaffen Körper nur eine Wunschvorstellung. Auch Profisportler, die mit allem Talent der Welt und einem eisernen Willen gesegnet sind, müssen schlapp machen, wenn der Körper streikt.
Das scheint für jeden zu gelten – außer für einen: Zlatan Ibrahimovic. Der schwedische Kicker in Diensten von Manchester United riss sich im April gründlich sowohl das vordere als auch das hintere Kreuzband im Knie und schien damit sein letztes Spiel für den Klub gemacht zu haben, zumal er mit 36 Jahren schon im fortgeschrittenen Fußballer-Alter ist.
Am Wochenende jedoch, beim 4:1-Sieg seines
Vereins gegen Newcastle, stand Ibrahimovic wieder auf dem Platz – nur sieben Monate nach der schweren Verletzung. Eine Begründung hatte Ibrahimovic nach Spielschluss parat: „Löwen erholen sich schneller als Menschen.“Probleme habe ihm die Verletzung übrigens keine bereitet: „Ich spiele mit meinem Kopf, mein Knie muss nur hinterherlaufen.“
Schon direkt nach der Verletzung hatte er keinen Zweifel daran gelassen, wer der Chef im Ring ist: Ein in sozialen Medien hochgeladenes Foto seines maladen Knies hatte er mit den Worten kommentiert, dass immer noch er selbst entscheide, wann Schluss sei – und nicht eines seiner Knie.
Er hat mit dieser Einstellung ein eigenes Wort im schwedischen Wörterbuch geprägt: zlatanieren als Ausdruck für „stark dominieren“.
Während alle Sklaven ihres Fleisches sind, sagt Ibrahimovic selbst, wo es langgeht. Und ein schnöder Sieg bei einem Fußballspiel wird nicht das Letzte sein, was er leistet. Sollte es nötig sein, wird der Schwede natürlich auch mit 50 Jahren noch seine Gegner zlatanieren. Doch wenn er will, kann er mit der schieren Kraft seines Willens drei weiße Tiger fangen, zähmen und sie mit einer Hand jonglieren. Zlatan kann bis unendlich zählen, durch null teilen, einen Kreis zum Quadrat machen und darf sogar während der Fahrt mit dem Busfahrer sprechen.
Das alles hat Carlo Ancelotti immer gewusst. Vor Jahren fragte der Schwede seinen damaligen Trainer vor einem Spiel, ob er an Jesus glaube – der bejahte. Die Antwort des Stürmers: „Sehr gut, also glaubst du an mich. Du kannst dich jetzt entspannen.“Sagte es – und gewann die Meisterschaft.