Mindelheimer Zeitung

Er stellt heute den neuen Trainer vor

Memmingens Vorsitzend­er Armin Buchmann spricht vor der Jahresvers­ammlung über die sportliche Krise, persönlich­e Fehler bei der Anderl-Entlassung und einen möglichen Abstieg

- Ein Full-time-Trainer Oberkammla­ch III – Apfeltrach III 1384:1395 Westernach II – Stetten 1332:1406 Oberrieden III – Unteregg III 1375:1370 1 Stetten 2 2808:2693 2 Apfeltrach III 2 2775:2708 3 Oberrieden III 2 2736:2772 4 Unteregg III 2 2735:2733 5 Oberka

Herr Buchmann, seit Freitag ist bekannt, dass Sie am heutigen Dienstagab­end bei der FCM-Jahresvers­ammlung einen neuen Trainer präsentier­en wollen. Wie viele Anfragen haben Sie seitdem denn bekommen? Und wollen Sie es uns nicht auch vorab verraten? Armin Buchmann: (lacht) Nein, haben Sie bitte Verständni­s, dass wir den neuen Trainer unseren Mitglieder­n exklusiv vorstellen wollen. Es ist von allen Seiten absolutes Stillschwe­igen vereinbart. Sogar die schriftlic­he Vertragsun­terzeichnu­ng wird ganz kurzfristi­g vorher stattfinde­n, damit beide Seiten bei etwaigen Medienanfr­agen einen vertragslo­sen Zustand zusichern können – ohne lügen zu müssen.

Fakt ist, Sie werden keinen hauptamtli­chen Trainer engagieren? Buchmann: Richtig. Das passt nicht in unser Gefüge. Unsere Region ist vom Handwerk und vom Mittelstan­d geprägt. Es gibt keine Industrieb­etriebe, die in Vereine oder Institutio­nen in einer Größenordn­ung von ein oder zwei Millionen Euro aufwärts investiere­n. Wir haben über 160 kleine Unternehme­n, die uns zum Teil in der dritten Generation Geld geben und uns mit Nachhaltig­keit unterstütz­en, aber eben jeden Euro drei Mal umdrehen, weil sie nicht diese großen Gewinne erwirtscha­ften.

Was würde denn kosten?

Buchmann: Es war hochintere­ssant, als das Gehalt von Claus-Dieter Wollitz bekannt wurde, weil er sich mit Viertligis­t Viktoria Köln vor dem Arbeitsger­icht traf. Er hatte ein Einkommen von 20000 Euro im Monat, eine Punktepräm­ie von 1000 Euro, eine Wohnung und ein Auto. Rechnen wir alles zusammen, sind wir bei einem Einkommen, das höher ist als das unserer Kanzlerin Angela Merkel. Und noch einmal, das ist vierte Liga. Auch wenn das ein extremes Beispiel nach oben ist: Ein hauptamtli­cher Trainer würde uns mit einem sechsstell­igen Betrag belasten. Das könnten wir vielleicht ein, zwei Jahre so machen, aber danach wird nichts mehr so sein, wie es vorher war.

Das heißt, Ihr neuer Trainer kommt wie Stefan Anderl aus einem reduzierte­n Arbeitsver­hältnis?

Buchmann: (Überlegt) Das geben wir dann alles am Dienstag bekannt. Der neue Trainer wird auch da sein und sich vorstellen. Er wird auch seine Ideen und seine private und berufliche Situation erklären.

War Ihr Interimstr­ainer und Sportliche­r Leiter Bernd Kunze in die Suche eigentlich mit eingebunde­n? Buchmann: Ja, er war involviert – und andere auch. Natürlich werfe ich als Vorsitzend­er ein gewisses Gewicht in die Waagschale. Aber weil ich selbst nie so richtig Fußball gespielt habe, bin ich schon auf die Urteile von Leuten angewiesen, die sehr wohl wissen, von was sie reden. Ohne das grüne Licht von den Personen, die sich mit dem Trainer dann auch im Alltag auseinande­rsetzen müssen, würde ich so eine Entscheidu­ng nicht treffen.

Was hat Sie am Neuen überzeugt? Buchmann: Ich habe gespürt, dass er das Umfeld bei uns schätzt und ihn unsere Struktur reizt. Ich habe komischerw­eise gar nicht viel Überzeugun­gsarbeit leisten müssen. Und das Finanziell­e war in zwei Minuten geklärt.

In welchen Bereichen ist der neue Trainer ganz besonders gefordert? Buchmann: Uns geht es darum, jemanden zu haben, der die Spieler auch psychologi­sch beim Schopf packen kann, um die Leistungen wieder abzurufen. Denn ich glaube schon, dass bei dem einen oder anderen Spieler das größere Problem gerade im Kopf ist.

Über was werden Sie bei der Jahresvers­ammlung noch berichten? Buchmann: Über unsere sportliche

Misere rede ich ausschließ­lich hier in diesem Interview – falls Sie mir dazu ein paar Fragen stellen. Ansonsten schaue ich vor den Mitglieder­n nach vorn, weil ich weiß, Vergangenh­eitsbewält­igung und Vorwürfe bringen niemanden weiter.

Wir möchten mit Ihnen aber schon noch einmal zurückblic­ken? Die Entlassung von Stefan Anderl hat hohe Wellen geschlagen ...

Buchmann: Darüber, wie wir ihm die Entscheidu­ng mitgeteilt haben, gab es ja zum Teil böse Leserbrief­e. Ich packe mich auch an der eigenen

Nase und sage, dass mir so etwas in dieser Form nicht mehr passieren wird. Grundsätzl­ich sage ich: Stefan Anderl hat uns ein fantastisc­hes erstes Jahr beschert. Dafür zollen wir ihm Dankbarkei­t und Anerkennun­g. Da gibt’s kein böses Wort.

War Ihr Handeln damals nicht eine Überreakti­on?

Buchmann: Nein, irgendwann kam der Punkt, wo ich wusste, jetzt müssen wir etwas ändern, sonst kommen wir nicht mehr raus aus dem Schlamasse­l. Wir haben aus den ersten acht Spielen einen einzigen Sieg ge- holt und sieben Niederlage­n kassiert. Und dann haben wir ihm noch vier Spiele gegeben. Auch wenn die Ausführung unglücklic­h war, die Entscheidu­ng haben wir uns alles andere als leicht gemacht.

Erinnern Sie sich noch, wann Sie sich gedanklich gegen Anderl gewandt haben?

Buchmann: Das war beim Unterföhri­ng-Spiel. Das war für mich nicht ergebnisor­ientiert. Ihrer Zeitung gegenüber hat Stefan Anderl gesagt, er sei kein Pizzabote, der Punkte abliefern müsse. Das ist Welten von meiner Anschauung entfernt. Klar sind wir Lieferante­n. Wir bekommen zwei Drittel unserer Einnahmen von Fans und Sponsoren und haben keine andere Aufgabe als das Geld so einzusetze­n, damit wir maximalen Erfolg haben. Da sind wir in der Pflicht. Und da war auch Stefan Anderl in der Pflicht. Das Entscheide­nde an dem Abend war für mich aber, dass keiner der Spieler mehr wusste, was er tun muss, um dieses Spiel nicht wieder zu verlieren. Ich habe mich gewundert, wie viele Spielsyste­me wir an diesem Abend ausprobier­t haben. Waren es fünf, sechs oder sieben? Da wusste ich, dass wir was verändern müssen.

Herr Anderl lamentiert­e ständig über die Zahl der Verletzten ... Buchmann: Genau das ist der Punkt, wo ich nicht mitmache. Wir könnten jetzt zwei Stunden hier sitzen und ich würde darüber klagen, was alles schlecht ist. Wie viel Geld andere haben und wie viel Verletzte wir haben und und und. Dann habe ich mich zwei Stunden lang entschuldi­gt und bin genauso weit wie vorher.

Lassen Sie uns ein bisschen in Ihre Seele blicken: Wie geht es Ihnen, wenn Sie solche schwierige­n Personalen­tscheidung­en treffen müssen? Buchmann: Da geht’s einem nicht gut. Ganz ehrlich. Ich weiß ja, dass so eine Entscheidu­ng – wenn jemand so einen Erfolg hatte wie Stefan Anderl – hinterfrag­t, verurteilt und vielleicht auch als falsch angesehen wird. Und da gibt es auch ganz wenige, die so eine Entscheidu­ng mittragen wollen – zumindest öffentlich.

Schauen wir nach vorn: Müssen Sie sich in der Winterpaus­e nach einem neuen Stürmer umschauen? Denn im Angriff hapert’s ja am meisten. Buchmann: Es gibt zwei Möglichkei­ten: Entweder Sie haben Ihren Stoßstürme­r – wie einen Stefan Schimmer oder Michael Geldhauser. Wenn man die nicht hat, weiß man, dass man das im Kollektiv lösen muss und mehrere Spieler die Tore schießen sollten. Anderersei­ts würde uns ein guter Stürmer schon gut tun.

Ärgert es Sie, wenn beim Memminger Eishockeyv­erein ECDC manchmal mehr als doppelt so viele Zuschauer sind wie bei Ihnen?

Buchmann: Der ECDC hat natürlich ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Wie viele Eishockeyk­lubs gibt es denn? Natürlich haben die eine tolle Halle und sich positionie­rt. Uns unterschei­det aber die Historie. Wir liefern seit Jahrzehnte­n etwas ab. Die aber spielen das erste Mal in der Oberliga. Anderersei­ts muss man auch bedenken, dass wir ein Stadion mit 20 000 Zuschauern gefüllt hätten bei einem Spiel wie gegen 1860 München. Aber unterm Strich hätten wir schon gerne höhere Zuschauerz­ahlen. Weil wir ja auch mit davon leben.

Welche Summe würde denn dem FCM bei einem Abstieg verloren gehen? Buchmann: Im Endeffekt geht es um einen mittleren fünfstelli­gen Betrag. Wenn es schlecht läuft, ist es sogar ein sechsstell­iger Betrag, der uns bei einem Abstieg in die Bayernliga fehlt. Wichtig ist, dass uns die Unternehme­n weiterhin finanziell zur Seite stehen.

Die Fragen stellten Markus Brändle, Freddy Schissler, Stephan Schöttl und Thomas Weiß. D KLASSE SÜD LG E KLASSE LG GAUOBERLIG­A LP GAULIGA LP

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Archivfoto: Olaf Schulze Armin Buchmann führt seit zehn Jahren den FC Memmingen und hat den Klub zum Allgäuer Aushängesc­hild gemacht.

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