Drogen und Rohrbomben hergestellt
Kaufbeurer Amtsgericht verurteilt 59-Jährigen zu drei Jahren und neun Monaten Haft. Er stand unter Bewährung. Die Verhandlung lief unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen
Kaufbeuren Unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen hat vor dem Kaufbeurer Schöffengericht ein Prozess gegen einen 59-jährigen Ostallgäuer stattgefunden. Der Mann hatte in seinem im April 2016 ausgehobenen Drogenlabor im Keller seines Hauses auch mit Sprengstoffen hantiert – darunter eine hochexplosive Substanz, die auch von Islamisten bei Terroranschlägen eingesetzt wird.
Daneben fand die Polizei eine Vielzahl an illegalen Böllern sowie Komponenten für zwei Rohrbomben. Ein fertiges Exemplar hatte der Angeklagte zu Silvester an einen Bekannten aus dem Oberallgäu verschenkt. An diesen Mann hatte er regelmäßig Methamphetamin aus eigener Herstellung verkauft. Bei der Durchsuchung stießen die Ermittler auf ein verbotenes asiatisches Würgeholz (Nunchaku). Zudem wurden auf Datenträgern fünf jugendpornografische Bilddateien gefunden.
Deren Besitz gab der Angeklagte, der unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorbe- straft ist und noch unter Bewährung steht, jetzt ebenso zu wie den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen - angeblich war die Pyrotechnik sein Hobby. Zu den Rauschgiftdelikten machte er keine Angaben. Das Gericht hatte aber auch hier keine Zweifel und verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Der Gewinn aus den Drogengeschäften – etwa 15 000 Euro – wird eingezogen. Auf Antrag der Staatsanwältin erließ das Gericht einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr: Der Angeklagte sei zu einer erheblichen Freiheitsstrafe verurteilt worden, müsse mit dem Widerruf seiner Bewährung rechnen und verfüge über „keine festen sozialen Bindungen“. Der Mann wurde noch im Sitzungssaal festgenommen.
Die Polizei war dem Ostallgäuer im vergangenen Jahr auf die Spur gekommen. Wie sich der Leiter der Ermittlungen erinnerte, habe es einen Hinweis gegeben, wonach im Treffpunkt eines Oberallgäuer Motorrad-Clubs Drogen verkauft würden. Bei den umfangreichen Ermittlungen stellte sich dann heraus, dass ein Clubmitglied eine Drogenquelle im Ostallgäu hatte und hier regelmäßig Methamphetamin erwarb. Dieses gab er an ein anderes Clubmitglied weiter, der gemeinsam mit vier Bekannten eine Art Einkaufsgemeinschaft bildete. Während dieser Mann bereits verurteilt wurde, läuft das Verfahren gegen den mutmaßlichen Mittelsmann noch. Der Ablauf der Deals ließ sich vor Gericht durch Überwachungsprotokolle der Telefon- und Internetkontakte nachvollziehen.
Im April 2016 erfolgte der Zugriff am Anwesen des Angeklagten. Weil im Haus Sprengstoff vermutet wurde, waren auch Spezialeinsatzkräfte beteiligt. Die Gefährlichkeit der sichergestellten Substanzen ging jetzt aus einem LKA-Gutachten hervor. Als besonders risikoreich bewertete der Sachverständige Triacetontriperoxid (TATP). Das ist ein weißes Pulver, das auch von Islamisten bei Sprengstoffanschlägen eingesetzt werde und unter dem Beinamen „Mother of Satan“(Satans Mutter) bekannt sei: „Bereits die kleinste Belastung“, wie das Drehen an einem Schraubdeckel, reiche aus, um die Substanz zur Explosion zu bringen.
Der Angeklagte beteuerte in seinem Schlusswort, ihm sei die Gefährlichkeit nicht klar gewesen – sonst hätte er sich sämtlicher Substanzen „schon längst entledigt.“
Seine Vorliebe für private Sprengaktionen hatte er als eine Art Hobby geschildert: Seit seiner Jugend habe er Freude daran gehabt, „wenn es knallt und Töpfe möglichst hoch fliegen“. Das Verständnis des Gerichts hielt sich in Grenzen – zumal der Ostallgäuer eine seiner Rohrbomben auch noch verschenkt hatte.
„Wenn ich so ein Teil an jemanden weitergebe, von dem ich nicht weiß, was er damit macht, dann ist das schon noch eine andere Hausnummer,“betonte der Richter im Prozess.