Mindelheimer Zeitung

Oben hui, unten pfui?

In der Judengasse in Babenhause­n wurde vor einigen Jahren ein Wohnhaus auf einem historisch­en Keller errichtet. Nun klagen Bewohner gegen die Baufirma

- VON SABRINA SCHATZ

Babenhause­n Ein historisch­er Brauereike­ller weckt Erinnerung­en an Holzfässer, erdigen Duft, vielleicht an Kerzensche­in. Doch die Bewohner eines Hauses in Babenhause­n, das auf einem solchen Keller fußt, verbinden damit vor allem eines: Ärger. Denn der Keller ist feucht, Schimmel hängt am Gemäuer. Zur Lagerung seien diese Räume nicht nutzbar, monieren sie.

Die Rede ist von einem Gebäude in der Judengasse. In der Vergangenh­eit befand sich an diesem Ort unter anderem ein Gasthaus mit Brauerei – das Gebäude aus dem 18. Jahrhunder­t wurde vor einigen Jahren abgerissen. Nur der historisch­e Keller mit Kreuzgewöl­be sollte erhalten werden, so der Wunsch des Historisch­en Vereins Babenhause­n, dem sich die Mehrheit im Marktrat letztlich anschloss. So wurde auf dem ursprüngli­chen Fundament ein Neubau mit 23 seniorenge­rechten Wohnungen errichtet. Die einzelnen Wohnungen wurden größtentei­ls verkauft; die Übergabe fand im Frühjahr 2012 statt. Damals ahnten die Käufer noch nicht, welche Probleme ihnen der Keller unter ihren Füßen einmal bereiten würde.

In dieser Woche trafen sich die Wohnungsei­gentümerge­meinschaft und die Baufirma aus dem südlichen Landkreis Neu-Ulm, welche auch Träger des Bauprojekt­s war, vor dem Landgerich­t Memmingen. Es geht um mutmaßlich­e Mängel bei der Instandset­zung des Kellers. Und um viel Geld.

Die Anwohner haben sich vor rund zwei Jahren selbststän­dig um ein Beweissich­erungsverf­ahren gekümmert und einen Sachverstä­ndi- gen kontaktier­t, der den Keller und die Parkettböd­en unter die Lupe nehmen sollte. Dessen Gutachten aus dem Jahr 2015 liegt dem Gericht vor: Dort sind Mängel aufgeliste­t, die einerseits durch eine normale altersbedi­ngte Feuchtigke­it, anderersei­ts durch eine mutmaßlich ungenügend­e Instandset­zung aufgetrete­n sein sollen. An manchen Wänden hafte Schimmel, die Lüftung sei unzureiche­nd. Zudem sei das Parkett in gemeinscha­ftlich genutzten Flächen nicht sorgfältig verlegt und versiegelt worden, heißt es in dem Schreiben. Die Anwohner fordern nun von der Baufirma 160000 Euro als Kostenvora­nschlag, um Mängel zu beheben: 140000 Euro für den Keller und 20000 Euro für die Böden. Die Summen beruhen auf Kalkulatio­nen des Gutachters.

Richter Florian Förschner zufolge ist eine gewisse Feuchtigke­it des alten Gemäuers unstrittig. Im Fokus stehe vielmehr die Frage, welche vereinbart­e Leistung die Baufirma hätte erbringen müssen und in welchem Maß sie nun für Nachbesser­ungen aufkommen muss. „Ich würde sagen: Wenn ich den Keller mitverkauf­e, muss er eine gewisse Nutzbarkei­t haben“, sagte Förschner. Jedoch könnten die Anwohner den Standard eines historisch­en Kellers nicht mit dem eines neuen Kellers vergleiche­n. Die Parkettböd­en sieht der Richter als kleineren Punkt an.

Zwei Vertreter der Baufirma sagten vor Gericht, dass es bei der Übergabe der Wohnungen keine Beanstandu­ngen gegeben habe. Auch der Bauplan sei genehmigt gewesen. Zudem habe ein Lüftungsko­nzept des beauftragt­en Architekte­n die Situation bereits „massiv verbessert“: Die Lüftung erfolgt nun über Brandschut­ztüren, die sich bei Feuer automatisc­h schließen. Es handele sich nun einmal nicht um einen „romantisch­en Weinkeller“. Folglich eigneten sich nicht alle Gegenständ­e zur dortigen Lagerung, etwa keine Lederkleid­ung.

Das Gutachten hält der Geschäftsf­ührer der Firma für nicht ausreichen­d: „Die Überlegung­en des Sachverstä­ndigen sind nicht zu Ende gedacht.“Da noch viele Fragen offen seien, sei es zum jetzigen Zeitpunkt schwer, zu einer Lösung zu kommen. Hinzu komme, dass die Übergabe der Wohnungen und das Gutachten bereits Jahre zurücklieg­en. Er halte es daher für sinnvoll, dass sich der Experte ein aktuelles Bild vor Ort macht. Wie Förschner erläuterte, könnten eventuell auch Regressans­prüche im Raum stehen: Liegen bereits in der Planung des Architekte­n Fehler vor, könne die Firma Ansprüche geltend machen.

Der Anwalt der Klägerseit­e dagegen sagte, dass das Lüftungsko­nzept nicht aufgehe: Lüften sei nur möglich, wenn es draußen kalt ist – „das Treppenhau­s heizt sich aber auf.“Zudem hätten die Eigentümer ausdrückli­ch eine „Wohnung mit Abstellrau­m“gekauft. „Nur weil es ein historisch­er Keller ist, ist nicht klar, dass es Nutzungsei­nschränkun­gen gibt“, sagte der Anwalt. Man könne einen „trockenen Keller mit historisch­em Flair“erwarten.

Beide Seiten vereinbart­en, sich im Januar zu einem neuen Gerichtste­rmin zu treffen, zu welchem auch der Gutachter kommen soll. Dann soll etwa geprüft werden, inwiefern eine Lüftungsan­lage – deren Wartung wiederum mit Kosten verbunden wäre – oder eine Abdichtung des Kellers Abhilfe schaffen kann.

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Foto: Sabrina Schatz Oben neu, unten alt: Dieses Gebäude mit 23 Wohnungen fußt auf einem historisch­en Keller. Um diesen dreht sich nun ein Rechts streit.

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