Gegenseitige Vorwürfe
Auch die Diskussion um die Lautenwirtswiese gleitet hin und wieder ins Unsachliche ab
Mindelheim Knapp 100 Interessierte waren ins Forum gekommen, um sich über die beiden Entscheide zu informieren, die am 10. Dezember zur Abstimmung anstehen. Der Abend zeigte vor allem eines: Die Fronten sind verhärtet.
Auf die Frage, was passiere, sollte die Bürgerinitiative erfolgreich sein und die Wiese als Gemeinbedarfsfläche für ein Sportstadion erhalten werden, sagte Schwester Marianne Rauner: „Wir gehen davon aus, dass das Ratsbegehren erfolgreich sein wird.“Den Pachtvertrag habe das Kloster bei der Stadt gekündigt. Das sei kein Druckmittel, sondern notwendig und „eine normale Geschichte“. Sie deutete an, dass das Ergebnis eines Bürgerentscheids nur eine einjährige Bindung habe. Danach könnte also der Stadtrat die Planungen wieder vorantreiben.
Michael Thiede vom Projektent wickler Real Estate Solutions in Augsburg sagte, neben der Wohnungsgenossenschaft komme die Firma Glass zum Zug. Die Behauptung der Bürgerinitiative, Münchner Investoren würden hier einsteigen und ein dickes Geschäft machen, sei schlicht falsch. Die Wohnbau werde die mittlere Baureihe verwirklichen.
Stefan Fässler warb dafür, einen gewissen Teil der Fläche zurückzuhalten, weil niemand die Entwicklung vorhersehen könne, insbesondere bei den Schulen.
Eine längere Debatte drehte sich um die Frage, ob es die Wohnungsnot überhaupt gebe. Das Institut der Deutschen Wirtschaft habe für das Unterallgäu ermittelt, dass 100 Häuser zu viel gebaut worden seien. Mehrere Stadträte betonten, dass die Wohnungsnot sehr real sei.
Hannelore Lutzenberger beharrte auf ihrer Darstellung, es gebe 450 Wohnungen, die genehmigt seien oder sich im Genehmigungsverfahren befänden. Bürgermeister Win ter nannte die Zahl von 36 Wohneinheiten für 2017. Mit Verweis auf eine Sitzungsvorlage vom 29. Mai sagte Lutzenberger, es sei vorgesehen, das Gebiet östlich der Krumbacher Straße bis zur Umfahrung in Norden zu bebauen. Der Rathauschef machte klar, dass der rechtsgültige Flächennutzungsplan Bebauung nur bis zu einer Ost-West-Linie von der Firma Kleiner bis zum landwirtschaftlichen Anwesen Baumer vorsehe.
Ein Diskussionsteilnehmer nannte es „traurig“, dass die Vertreterinnen der Bürgerinitiative auf keiner einzigen Informationsveranstaltung der Stadt anwesend waren. Dafür habe er kein Verständnis.
Der frühere Rektor der Grundschu le, Rudolf Ruf, warf der Bürgerinitiative das Verbreiten falscher Tatsachen vor. Für eine Schulerweiterung werde das Gelände nicht benötigt. Auf der Wiese würden sich nur ganz wenige Kinder aufhalten. Bundesjugendspiele hätten hier noch nie stattgefunden. Und er rechnete vor, dass das Viertel knapp 40 000 Quadratmeter an Grünflächen vorweise – so viel wie kein anderer Teil der Stadt.
Anita Mehnert sagte, Flächen im Norden der Stadt seien günstiger. Deshalb sollte besser dort gebaut werden. Dort könne man auch die Wärme der Biogasanlage besser nutzen. Sie warb für Zukunftsvisionen für die Stadt. So könne sie sich betreutes Wohnen für junge Menschen mit Behinderung auf der Wiese vorstellen.
Schwester Marianne sagte, das Kloster übernehme jetzt Verantwortung. Sie verstehe die Debatte nicht. Stadträtin Ursula Kiefersauer warb für Akzeptanz anderer Meinungen. Es sei schlecht kommuniziert worden. Deshalb habe sich die Bürgerinitiative gegründet. Ein Student kritisierte die Diskussionskultur. Als er seine Sicht vorgetragen hatte, war an einzelnen Tischen gelacht worden, nur weil er etwas falsch verstanden hatte.
Altbürgermeister Erich Meier warnte vor „Planungschaos“, sollte das Ratsbegehren scheitern. Der Eigentümer, der über Jahrhunderte sehr zuverlässig Mindelheim zur Seite stand, werde verärgert. Versöhnlich sagte er aber auch, die Initiatoren der Bürgerinitiative hätten es sicher gut gemeint.
Anwohner Horst Gröschl sagte, er habe den Eindruck, dass nicht immer die Wahrheit gesagt werde. „Geschockt“zeigte er sich über die Aussage des Klosters, den Pachtvertrag mit der Stadt als Spiel- und Sportfläche zu kündigen. Ob das sozial und christlich sei, fragte er. Am Ende verstieg er sich zu dem Satz, vielleicht sage Schwester Marianne nicht die Wahrheit. Im Nachgang wollte Gröschl das aber so nicht gemeint haben.
Die Fronten sind verhärtet