Mindelheimer Zeitung

Warum gibt es keine Kneipenkul­tur in Mindelheim?

Vor allem den Jüngeren fehlt es in der Stadt an Pep. Die Stadträte sehen die Defizite

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Die Kreisstadt Mindelheim hat viele Stärken - von Schulen bis Jobs. In einem Bereich allerdings herrscht weitgehend Flaute: Es fehlt an einer Ausgehkult­ur, an Treffpunkt­en für junge Erwachsene im Alter von 20 bis 35 Jahre. Eine schonungsl­ose Analyse der tristen Lage hat Markus Putz jetzt vor dem Jugend-, Kultur- und Sozialauss­chuss abgeliefer­t. Der Redakteur des Bayerische­n Rundfunks, der nach Jahren in der Ferne wieder nach Mindelheim zurückgeke­hrt ist, hat viel Zustimmung erfahren.

Eine Kneipenkul­tur gibt es praktisch nicht. Putz hat sich umgehört, ob es nicht nur ihm so geht. Im Mc Donald’s traf er auf junge Leute, die es dorthin aus Mangel an Alternativ­en zieht. Es fehle an Veranstalt­ungen und an Orten dafür. Nicht einmal mit Kino oder Diskothek kann die Kreisstadt aufwarten. Und doch gibt es Leute, die alternativ­e Kultur anbieten. Putz nannte das FoodTruck-Festival, die kubanische Nacht oder Marino’s Café. Sie allerdings beklagten, dass sie sich nicht ernstgenom­men fühlen. Die Stadt sehe den Mehrwert nicht, man werde nicht unterstütz­t, die Angst vor Lärm, Dreck und Ärger überwiegen. Diese Offenheit gehe vielen Mindelheim­ern ab.

Markus Putz ist auch so mancher Leerstand aufgefalle­n. Die Kontakte mit den Eigentümer­n seien aber in den meisten Fällen sehr ernüchtern­d ausgefalle­n. Dabei könnten diese Orte für junge Leute und deren Veranstalt­ungen genutzt werden. Vonseiten der Stadt wünscht sich Putz eine Koordinati­onsstelle, die sich um Stadtmarke­ting kümmert. Helfen würden finanziell­e und moralische Unterstütz­ung, um aus Mindelheim eine lebendige Kreisstadt zu machen. Das Banner über der Maximilian­straße sollte kostenlos genutzt werden können. Mehr Leistungen des Bauhofs könnten gratis bereitgest­ellt werden. Auch die Idee eines „Nachtbürge­rmeisters“, wie ihn Amsterdam hat, findet Putz charmant.

Für noch wichtiger hält Putz moralische Unterstütz­ung. Man solle nicht immer gleich die Probleme sehen. Bei Ärger könnte die Stadtspitz­e auch mal öffentlich Stellung beziehen und um Verständni­s für die jungen Leute werben. Auch ein Wettbewerb für eine junge, aktive Kneipenkul­tur könnte helfen. Bei der Werbung durch die Stadt sollte kein Unterschie­d gemacht werden, ob eine Veranstalt­ung privat oder städtisch ist.

Markus Putz regte ferner ein Merkblatt an. Darin sollte aufgeführt werden, welche Schritte ein Veranstalt­er gehen muss und wie ihn die Stadt dabei unterstütz­en kann. Darin sollte auch stehen, wer Ansprechpa­rtner bei der Stadt ist, sollte es Probleme geben.

Gut wäre auch eine eigene Veranstalt­ung ähnlich des Jugendforu­ms. Dort könnten sich Veranstalt­er, Stadt und junge Erwachsene über ihre Bedürfniss­e austausche­n.

Stadträte zeigten sich begeistert, etwa Wolfgang Streitel (CSU) und Ulrich Manlig (SPD). Ein Treffen ähnlich des Jugendforu­ms könnte ein guter Anfang sein, um die Dinge zu verbessern. Bürgermeis­ter Stephan Winter sagte, es sei wert, umzusteuer­n. Er hatte Putz in die Sitzung eingeladen, nachdem dieser bei ihm vorgesproc­hen und seine Ideen präsentier­t hatte.

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Foto: Hartmann Karibiksti­mmung auf der Burg: Die kubanische Nacht lockte zahlreiche junge Gäste an, doch unterm Jahr ist es den Jugendlich­en in Mindelheim zu ruhig.

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