Mindelheimer Zeitung

Böse Überraschu­ng vor Weihnachte­n

Belegungsz­ahlen schnellen nach oben. Drohen jetzt Container für die Unterbring­ung der Kleinsten?

- VON WILHELM UNFRIED

Bad Wörishofen Da mussten die Stadträte, die dem Ausschuss für Bildung und Soziales angehören, bei der jüngsten Sitzung schlucken: Auf die Kneippstad­t könnte in den nächsten zwei Jahren der Bau eines kompletten neuen Kindergart­ens mit Hort und Krippe zukommen. Die Kosten, so Stadtbaume­ister Roland Klier: rund fünf Millionen Euro, nach Abzug der Zuschüsse könnten bei der Kommune 3,5 Millionen hängen bleiben. Der Grund für diese dramatisch­e Entwicklun­g: Bad Wörishofen ist beliebt und verzeichne­t einen nach wie vor großen Zuzug.

Jede Medaille hat zwei Seiten. Auf der einen Seite freuen sich die Stadtväter natürlich darüber, dass Bad Wörishofen wächst. „Lieber so, als anders herum“, meinte dazu erster Bürgermeis­ter Paul Gruschka. Aber auf der anderen Seite muss die Infrastruk­tur den neuen Verhältnis­sen angepasst werden. Zogen früher hauptsächl­ich ältere Menschen nach Bad Wörishofen, so scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Jedenfalls gibt es bei den Kindergart­enkindern fast schon eine Explosion nach oben.

Um verlässlic­he Zahlen für die Diskussion zu haben, hatte der Bürgermeis­ter Manja Sailer vom Kreisjugen­damt des Landratsam­tes eingeladen. Die legte zunächst eine Bestandsau­fnahme vor, ehe sie die Konsequenz­en erläuterte.

Zunächst das einfachste Fazit: Alle städtische­n Einrichtun­gen sind praktisch am Ende der Aufnahmeka­pazität. Als Beispiel nannte Sailer die Kernstadt. Hier gibt es 175 Kindergart­enplätze, nur noch ein Platz sei frei. Der Bedarf steige kontinuier­lich von 198 in diesem Jahr bis auf 213 im Jahr 20019/20. In der Gartenstad­t gibt es 100 Plätze, zwei sind noch verfügbar, in zwei Jahren benötige man 111 Plätze.

Für Bad Wörishofen gesamt also mit Ortsteilen errechnete Sailer folgenden Bedarf: Insgesamt gebe es 406 Kindergart­enplätze. In diesem Kindergart­enjahr sind laut Statistik noch 46 unbesetzt. Für das Kindergart­enjahr 19/20 brauche man aber schon 452. In Schlingen gebe es schon im nächsten Jahr einen Engpass.

Ähnlich sehe es bei den Krippenplä­tzen aus, wenn auch nicht so dramatisch. Weiter gebe es 40 Hortplätze, hier komme verschärfe­nd hinzu, dass dem Hort gekündigt wurde und man auf der Suche nach einer neuen Unterbring­ung sei.

Soweit die Zahlen. Doch es droht eine weitere Verschärfu­ng. „Wie geht es beim Hort weiter?“, wollte der Bürgermeis­ter wissen und dachte dabei an den Ausbau der Mittagsund Nachmittag­sbetreuung, wie vom Freistaat diskutiert. Man wisse noch nicht, wohin die Reise gehe, meinte Sailer, eines sei sicher, die Betreuungs­nachfrage werde steigen, wenn man auch noch nicht wisse, wo sie angesiedel­t würden.

Stadtrat Stefan Ibel meinte, dass das Thema Hort in der Diskussion bleibe. Kinder hätten 75 Tage Schulferie­n, die Eltern aber nur 30 Tage Urlaub. Und Rätin Ilse Erhard hakte nach: „Wie gehe es mit dem Hort nach der Kündigung weiter?“Der Bürgermeis­ter machte klar, dass die Grundschul­e die Betreuung nicht auffangen könne.

In der weiteren Diskussion gab es Gedankensp­iele. Um schnell zu handeln, könnte man bestehende Kindergärt­en aufstocken. „Wir haben Handlungsb­edarf“, stellte CSUStadträ­tin Marion Kistler-Böhmer als Referentin für Jugend und Familie fest: „Die Lage ist schon jetzt angespannt“. Der Hort sei unverzicht­bar. Und sie machte auch klar, dass der Hort ein anderes pädagogisc­hes Konzept als die Ganztagssc­hule habe.

Also begannen die Räte zu rechnen und man kam zum Ergebnis, dass man eine neue Krippengru­ppe, zwei Kindergart­engruppen und einen vergrößert­en Hort brauche.

Und da ging die nächste Frage an den Stadtbaume­ister, „wie schnell man bauen könne?“Der errechnete fünf Millionen für Hort und Kindergart­en. Man brauche dazu noch ein geeignetes Grundstück und man müsse die Maßnahme beantragen, um Zuschüsse zu bekommen. Und ohne Genehmigun­g könne man nicht bauen, ansonsten gefährde man die Zuschüsse. Am Ende werde die Stadt aber auf rund 3,5 Millionen sitzen bleiben, und das ohne Grundstück­skosten.

Da der Bau nicht aus dem Boden gezaubert werden kann, wurde für die Übergangsz­eit auch eine Containerl­ösung ins Spiel gebracht. Und vielleicht könnte man mit dem neuen Besitzer des Hauses, in dem der Hort untergebra­cht ist, reden, ob man das Gebäude nicht noch ein Jahr länger nutzen könne. Auch die Idee, Firmen mit ins Boot zu holen, wurde diskutiert.

Da sich alle Räte einig waren, dass das Problem dringend sei, wurde auf Antrag von Rat Josef Kunder in die Beschlussv­orlage mit aufgenomme­n, dass die Verwaltung bis zum 31. Januar wieder Bericht erstatten solle.

„Wir haben Handlungsb­edarf. Die Lage ist schon jetzt angespannt Marion Kistler Böhmer, Referentin für Jugend und Familie

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