Böse Überraschung vor Weihnachten
Belegungszahlen schnellen nach oben. Drohen jetzt Container für die Unterbringung der Kleinsten?
Bad Wörishofen Da mussten die Stadträte, die dem Ausschuss für Bildung und Soziales angehören, bei der jüngsten Sitzung schlucken: Auf die Kneippstadt könnte in den nächsten zwei Jahren der Bau eines kompletten neuen Kindergartens mit Hort und Krippe zukommen. Die Kosten, so Stadtbaumeister Roland Klier: rund fünf Millionen Euro, nach Abzug der Zuschüsse könnten bei der Kommune 3,5 Millionen hängen bleiben. Der Grund für diese dramatische Entwicklung: Bad Wörishofen ist beliebt und verzeichnet einen nach wie vor großen Zuzug.
Jede Medaille hat zwei Seiten. Auf der einen Seite freuen sich die Stadtväter natürlich darüber, dass Bad Wörishofen wächst. „Lieber so, als anders herum“, meinte dazu erster Bürgermeister Paul Gruschka. Aber auf der anderen Seite muss die Infrastruktur den neuen Verhältnissen angepasst werden. Zogen früher hauptsächlich ältere Menschen nach Bad Wörishofen, so scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Jedenfalls gibt es bei den Kindergartenkindern fast schon eine Explosion nach oben.
Um verlässliche Zahlen für die Diskussion zu haben, hatte der Bürgermeister Manja Sailer vom Kreisjugendamt des Landratsamtes eingeladen. Die legte zunächst eine Bestandsaufnahme vor, ehe sie die Konsequenzen erläuterte.
Zunächst das einfachste Fazit: Alle städtischen Einrichtungen sind praktisch am Ende der Aufnahmekapazität. Als Beispiel nannte Sailer die Kernstadt. Hier gibt es 175 Kindergartenplätze, nur noch ein Platz sei frei. Der Bedarf steige kontinuierlich von 198 in diesem Jahr bis auf 213 im Jahr 20019/20. In der Gartenstadt gibt es 100 Plätze, zwei sind noch verfügbar, in zwei Jahren benötige man 111 Plätze.
Für Bad Wörishofen gesamt also mit Ortsteilen errechnete Sailer folgenden Bedarf: Insgesamt gebe es 406 Kindergartenplätze. In diesem Kindergartenjahr sind laut Statistik noch 46 unbesetzt. Für das Kindergartenjahr 19/20 brauche man aber schon 452. In Schlingen gebe es schon im nächsten Jahr einen Engpass.
Ähnlich sehe es bei den Krippenplätzen aus, wenn auch nicht so dramatisch. Weiter gebe es 40 Hortplätze, hier komme verschärfend hinzu, dass dem Hort gekündigt wurde und man auf der Suche nach einer neuen Unterbringung sei.
Soweit die Zahlen. Doch es droht eine weitere Verschärfung. „Wie geht es beim Hort weiter?“, wollte der Bürgermeister wissen und dachte dabei an den Ausbau der Mittagsund Nachmittagsbetreuung, wie vom Freistaat diskutiert. Man wisse noch nicht, wohin die Reise gehe, meinte Sailer, eines sei sicher, die Betreuungsnachfrage werde steigen, wenn man auch noch nicht wisse, wo sie angesiedelt würden.
Stadtrat Stefan Ibel meinte, dass das Thema Hort in der Diskussion bleibe. Kinder hätten 75 Tage Schulferien, die Eltern aber nur 30 Tage Urlaub. Und Rätin Ilse Erhard hakte nach: „Wie gehe es mit dem Hort nach der Kündigung weiter?“Der Bürgermeister machte klar, dass die Grundschule die Betreuung nicht auffangen könne.
In der weiteren Diskussion gab es Gedankenspiele. Um schnell zu handeln, könnte man bestehende Kindergärten aufstocken. „Wir haben Handlungsbedarf“, stellte CSUStadträtin Marion Kistler-Böhmer als Referentin für Jugend und Familie fest: „Die Lage ist schon jetzt angespannt“. Der Hort sei unverzichtbar. Und sie machte auch klar, dass der Hort ein anderes pädagogisches Konzept als die Ganztagsschule habe.
Also begannen die Räte zu rechnen und man kam zum Ergebnis, dass man eine neue Krippengruppe, zwei Kindergartengruppen und einen vergrößerten Hort brauche.
Und da ging die nächste Frage an den Stadtbaumeister, „wie schnell man bauen könne?“Der errechnete fünf Millionen für Hort und Kindergarten. Man brauche dazu noch ein geeignetes Grundstück und man müsse die Maßnahme beantragen, um Zuschüsse zu bekommen. Und ohne Genehmigung könne man nicht bauen, ansonsten gefährde man die Zuschüsse. Am Ende werde die Stadt aber auf rund 3,5 Millionen sitzen bleiben, und das ohne Grundstückskosten.
Da der Bau nicht aus dem Boden gezaubert werden kann, wurde für die Übergangszeit auch eine Containerlösung ins Spiel gebracht. Und vielleicht könnte man mit dem neuen Besitzer des Hauses, in dem der Hort untergebracht ist, reden, ob man das Gebäude nicht noch ein Jahr länger nutzen könne. Auch die Idee, Firmen mit ins Boot zu holen, wurde diskutiert.
Da sich alle Räte einig waren, dass das Problem dringend sei, wurde auf Antrag von Rat Josef Kunder in die Beschlussvorlage mit aufgenommen, dass die Verwaltung bis zum 31. Januar wieder Bericht erstatten solle.
„Wir haben Handlungsbedarf. Die Lage ist schon jetzt angespannt Marion Kistler Böhmer, Referentin für Jugend und Familie