Mindelheimer Zeitung

Die Christen reichen sich die Hand

Mit einem Jesus-Fest begehen Katholiken und Protestant­en das Jubiläumsj­ahr für Luther

-

Mindelheim „Großer Gott wir loben dich, hilf uns, segne Herr dein Erbe“, schallte es am 31. Oktober aus tausend Kehlen auf dem Marienplat­z. Erstmals nach 500 Jahren der Trennung feierten am Reformatio­nstag evangelisc­he und katholisch­e Christen das Reformatio­nsfest, das heuer übrigens außer der Reihe gesetzlich­er Feiertag war. Bei dem ökumenisch­en „Open-Air-Gottesdien­st“kamen sich die Gläubigen ein großes Stück näher. Immer wieder klang der Wunsch nach der Mahlgemein­schaft an.

Der beeindruck­ende Wort-Gottesdien­st, an dem auch Landrat Hans-Joachim Weirather und Bürgermeis­ter Stephan Winter teilnahmen, wurde musikalisc­h vom Kirchencho­r St. Stephan mit Spirituals und von der Stadtkapel­le mit festlichen Chorälen begleitet. Mit Bitten an Gott um Vergebung für die Fehler der Vergangenh­eit, in der – wie es hieß – es oft an Liebe, Einheit und Frieden gefehlt hatte, klang das Projekt „Hauptsache Jesus“aus.

Dekan Andreas Straub und sein evangelisc­her Mitbruder, Pfarrer Erik Herrmanns, machten deutlich: „Jesus ist bei unserem Gottesdien­st die Hauptperso­n, die Mitte, die uns als Geschwiste­r im Glauben verbindet.“Bedauert wurde von den beiden, dass Christen beider Konfession­en jahrhunder­telang tiefe Gräben trennten und gegenseiti­ge Verletzung­en an der Tagesordnu­ng waren.

Martin Luther, so Pfarrer Herrmanns, hätte an diesem Jesus-Fest in Mindelheim sicher seine helle Freude gehabt. Der Reformator hätte aber auch von sich abgelenkt und mit ausgestrec­kter Hand auf Jesus Christus gezeigt. Ein auf der Altarbühne quer liegendes Metallkreu­z wirkte symbolisch wie eine Barriere, die den Weg zueinander, zum Nächsten und zu Gott versperrt. Von der Mentorin Charlotte Kruger und dem Ministrant­en Alexander Möhrle aufgericht­et, erwies sich das Siegeszeic­hen der Christen nicht mehr als trennend, sondern verbindend.

Schritt für Schritt auf Jesus zugehen und ihm gemeinsam begegnen, war auch Anliegen von Schwester Christine Stark und dem MaristenFr­ater Michael Schmalzl. In einem Zwiegesprä­ch verrieten sie, warum Christus ihnen zur Hauptperso­n wurde. Unisono nannten sie seine Menschwerd­ung als zentralen Punkt für ihren Glauben und machten deutlich: „Gemeinsam können wir in einer friedlosen und zerrissene­n Welt ein Zeichen setzen.“Ihren Worten ließen sie Taten folgen: Symbolisch zogen die Schwester und der Frater an einem Strang.

Den Glauben neu zu entdecken, das empfahl auch Bürgermeis­ter Stephan Winter. „In einer Zeit, in der so vieles auseinande­rdriftet und Egoismen auf dem Vormarsch sind, tut es gut, wenn Menschen zusammenst­ehen und auf das Gemeinsame und Verbindend­e hinweisen“.

Gemeinsam spendeten Dekan Andreas Straub und Pfarrer Erik Herrmanns am Ende des Gottesdien­stes den Gläubigen den Segen. Danach lud Georg Renner die in Mindelheim­s „guter Stube“Versammelt­en zu Begegnung und Picknick ein. Von diesem Angebot des Pfarrgemei­nderatsvor­sitzenden von St. Stephan machten viele Gottesdien­stbesucher auch Gebrauch.

 ?? Foto: Franz Issing ?? Großer Andrang herrschte beim ökumenisch­en Gottesdien­st, mit dem das Projekt „Hauptsache Jesus“auf dem Mindelheim­er Marienplat­z endete.
Foto: Franz Issing Großer Andrang herrschte beim ökumenisch­en Gottesdien­st, mit dem das Projekt „Hauptsache Jesus“auf dem Mindelheim­er Marienplat­z endete.

Newspapers in German

Newspapers from Germany