Mindelheimer Zeitung

„Oma Ingrid“musste ins Gefängnis

Vor Weihnachte­n durfte sie wieder raus

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Bad Wörishofen Als „Oma Ingrid, die vor Hunger klaute“erlangte die 84-jährige Ingrid Millgramm aus Bad Wörishofen zweifelhaf­te Berühmthei­t. Weil sie mehrfach und auch während ihrer Bewährungs­strafen bei Ladendiebs­tählen erwischt wurde, musste die Rentnerin Ende Oktober ihre Gefängniss­trafe in der JVA Memmingen antreten und ist damit die älteste Frau, die in einem bayerische­n Gefängnis einsitzt. Bis zuletzt hatte „Oma Ingrid“darauf gehofft, dass das Justizmini­sterium Gnade vor Recht ergehen lässt – doch da laut Staatsanwa­ltschaft ihre „Sozialprog­nose schlecht ist und weitere Straftaten zu befürchten sind“, lehnt die Generalsta­atsanwalts­chaft ihr Gnadengesu­ch ab. Oberstaats­anwalt Joachim Ettenhofer, Pressespre­cher der zuständige­n Generalsta­atsanwalts­chaft München, erklärt diese Entscheidu­ng: „Gnadenerwe­ise haben besonderen Ausnahmech­arakter. Sie kommen in der Regel nur dann in Betracht, wenn ganz besondere und derart schwerwieg­ende Umstände vorliegen, dass andere Strafzweck­e

„Ich will jetzt nur noch meine absolute Ruhe“Ingrid Millgramm, die kurz vor Weihnachte­n aus der Haft entlassen wurde

wie die Schuld des Täters, die Verteidigu­ng der Rechtsordn­ung, die Wiederhers­tellung des Rechtsfrie­dens und die Wirkung der Bestrafung auf Dritte diesen gegenüber zurücktret­en.“

Das Gnadenverf­ahren könne also nicht dazu dienen, rechtskräf­tige gerichtlic­he Entscheidu­ngen zu korrigiere­n. Ausnahmswe­ise könne ein Gnadenerwe­is dann in Erwägung gezogen werden, wenn neue, erhebliche Umstände eingetrete­n sind, die von dem zuständige­n Gericht nicht berücksich­tigt werden konnten und die eine Vollstreck­ung im Verhältnis zu Vergleichs­fällen als außergewöh­nliche Härte erscheinen ließen. Dies sei aber bei Millgramm laut Generalsta­atsanwalts­chaft München nicht gegeben: „Solche Gründe waren vorliegend nicht erkennbar.“

Sowohl die wirtschaft­liche und gesundheit­liche Situation der Verurteilt­en als auch ihr hohes Lebensalte­r seien laut Ettenhofer durch das Gericht in der getroffene­n Entscheidu­ng, insbesonde­re bei der Strafzumes­sung, bereits berücksich­tigt worden. Weiterhin habe das Gericht aber auch berücksich­tigt, dass „die Verurteilt­e mehrfach vorbestraf­t ist und die Tat während des Laufs zweier Bewährungs­fristen beging, sich also durch die Verhängung von Bewährungs­strafen nicht beeindruck­en ließ“.

Ende Dezember erfuhr die Seniorin dann doch noch die erhoffte Gande: Am 21. Dezember wurde sie vorläufig aus dem Gefängnis entlassen, ihre zunächst bis zu neun Monate lange Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Für „Oma Ingrid“geht damit ein Abschnitt in ihrem langen Leben zu Ende, auf den sie lieber verzichtet hätte: „Ich will jetzt nur noch meine absolute Ruhe.“

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Ingrid Millgramm, die wegen mehrerer Ladendiebs­tähle ins Gefängnis musste.

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