Ein wahrer Segen für Dirlewang
In zehn Jahren konnte der neue Damm schon einige Katastrophen verhindern
Dirlewang Im August wurde in Dirlewang das zehnjährige Bestehen des Hochwasserschutzdamms gefeiert. Der ist nicht nur ein Damm, sondern, wie es die Besucherin MarieLuise Hilebrand so treffend formulierte „ein Segen für uns alle“. Denn seit es ihn gibt, blieb Dirlewang von Überschwemmungen verschont. Zuvor hatte die Gemeinde oft mit Hochwasser zu kämpfen.
Bei großen Regenmengen herrschte in vielen Jahren Ausnahmezustand, es gab Schäden in Millionenhöhe und als beim großen Pfingsthochwasser 1999 sogar ein Mensch ums Leben kam, war dem damaligen Gemeinderat und Bürgermeister Johann Schorer sofort klar, dass jetzt etwas passieren muss. Danach hatte die Marktgemeinde mit noch fünf weiteren größeren Hochwasserereignissen zu kämpfen, bis der neue Hochwasserschutzdamm 2005 und 2006 gebaut werden konnte.
Als 2007 der Bau beendet war, hatte der Staudamm im Mai gleich die erste Bewährungsprobe zu bestehen. Lang anhaltender Starkregen hatte die Mindel bedrohlich ansteigen lassen. Da zum damaligen Zeitpunkt die Messgeräte noch nicht betriebsbereit waren, musste die Steuerung im Handbetrieb erfolgen. Das Rückhaltebecken füllte sich und Dirlewang wurde vor schlimmen Schäden bewahrt.
Zum zehnjährigen Bestehen des Hochwasserschutzdammes kamen zahlreiche Interessierte, um sich von Betriebsleiter Martin Merk vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Kempten sowie Betriebsbeauftragtem Philipp Clermont die Technik rund um das Bauwerk erklären zu lassen.
Die Höhe des Dammes beträgt knapp sieben Meter. Das Durchlassbauwerk drosselt den Abfluss der Mindel in Richtung Norden. Bei Hochwasser sorgen zwei sogenannte Rinnenschützen dafür, dass sich das Wasser staut und dann kontrolliert ablaufen kann. „Bei einem 100-jährigen Hochwasserereignis müssen im Becken 675 000 Kubikmeter Wasser zurückgehalten werden, um einen schadlosen Durchfluss der Mindel im Ortsbereich sicherzustellen“, erläuterte Merk. „Damit wird ein Abfluss von 46,7 auf 14,7 Ku- bikmeter pro Sekunde gedrosselt.“Die vollautomatische Anlage wird bei Alarmierung eines möglichen Hochwassers rund um die Uhr von Personal vor Ort überwacht.
In den zehn Jahren lief die Anlage ständig stabil. 37 Alarmmeldungen und 27 Vordrosselungen waren nötig. „Bei einer Vordrosselung fahren die Schützen von 100 auf 25 Prozent Öffnungshöhe auf sogenannte Bereitschaft“, erklärt Merk und ergänzt, dass die Schützen nur langsam runterfahren können. „Das benötigt seine Zeit.“Um ein richtiges Hochwasser im Ort zu verhindern, waren in den zehn Jahren 13 Einstauungen notwendig. Dabei wird das Rückhaltebecken südlich des Bauwerkes geflutet.
Als „erfreuliches Nebenprodukt“bezeichnete Bürgermeister Alois Mayer bei der Feier den ökologischen Gewässerausbau. In den 20er Jahren wurde die Mindel südlich von Dirlewang begradigt, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen, was Hochwasser im Ort jedoch zusätzlich begünstigte.
Deshalb wurde im Zuge des Hochwasserdammbaus die Mindel auf rund drei Kilometern Länge ökologisch umgestaltet. Nun kann sich wieder ein naturnahes Gewässer entwickeln und zahlreiche Arten, wie der seltene StorchschnabelBläuling, haben wieder eine Heimat gefunden. „Damit kann das Artenspektrum in der Mindelaue wieder aufblühen“, freute sich Mayer.