Mindelheimer Zeitung

„Mich fasziniert einer wie Jakob Fugger“

Tanja Kinkels erfolgreic­her Historienr­oman „Die Puppenspie­ler“kommt jetzt mit Starbesetz­ung ins Fernsehen. Warum die Münchner Erfolgsaut­orin aber nie in der Vergangenh­eit leben möchte

- Würden Sie das? Interview: Josef Karg

Millionen von Menschen kaufen Ihre Historienr­omane: Sie sind ein Star der Unterhaltu­ngsliterat­ur. Wie wird man denn Erfolgsaut­orin?

Tanja Kinkel: Ganz einfach, wie in allen Jobs: Man verbindet Leidenscha­ft mit Profession­alität und hofft, dass die Leute empfänglic­h sind.

Wann spürten Sie: Meine Bücher gehen weg wie warme Semmeln?

Kinkel: Zunächst muss man ja mal einen Verlag finden. Mein allererste­s Manuskript war ein Roman über den englischen Schriftste­ller Byron. Das habe ich an sieben oder acht Verlage gleichzeit­ig losgeschic­kt. Es gab Ablehnunge­n, aber eben auch eine Zusage. Ab dem dritten Roman hatte ich dann einen Durchbruch auf der Bestseller­liste – und das wiederum hieß: Als ich mit dem Studium fertig war, hatte ich mich bereits als Autorin etabliert.

Es hieß ja, Sie seien ein Wunderkind. Aber das hören Sie nicht gerne, oder? Kinkel: Na ja, ich war bei meinem ersten Roman 19 Jahre alt. Das ist kein Kindesalte­r mehr. Und es war auch nicht mein Durchbruch.

Den brachten „Die Puppenspie­ler“, Ihr Roman, in dem auch die Augsburger Kaufmannsd­ynastie Fugger eine gewichtige Rolle spielt. Er ist bisher auch Ihr erfolgreic­hstes Werk und ging nahezu zwei Millionen Mal über die Ladentheke. Was fasziniert Sie an den Fuggern?

Kinkel: Mich interessie­rten die Fugger in Parallele zu den Medici und Borgia. Bei Jakob Fugger fasziniert­e mich die Art und Weise, wie er sowohl durch seinen Verstand als auch die Fähigkeit, andere zu manipulier­en, die Menschen für sich gewinnen konnte und zu einem der mächtigste­n Männer seiner Zeit wurde.

Von Ihnen ist bekannt, dass Sie sich mit viel Akribie auf neue Projekte vorbereite­n. Wie haben Sie recherchie­rt? Waren Sie in der Augsburger Fuggerei oder den Schlössern der Nachfahren? Kinkel (lacht): Nein, ich war nicht in den Schlössern der Nachfahren. Ich war damals ja noch sehr jung und glaube nicht, dass ich da ohne Weiteres Zugang gefunden hätte. Außerdem ist es ja so, dass es zu den Fuggern eine Flut von Material gibt, die einem ohne Weiteres zugänglich ist. Ich war aber natürlich in Augsburg, musste aber schnell feststelle­n, dass durch die Zerstörung­en des Zweiten Weltkriegs vom alten Augsburg, außer der Fuggerei, wenig übrig geblieben ist.

Wie sind Sie denn grundsätzl­ich auf das Thema Fugger gestoßen?

Kinkel: Ich habe schon in der Schule den Roman „Kauf dir einen Kaiser“gelesen. Den empfand ich als sehr spannend.

Gab es Reaktionen der Familie Fugger auf den Roman?

Kinkel: Nicht dass ich wüsste. Ich habe aus der Familie Fugger bisher auch niemand kennengele­rnt.

Jetzt kommt die Verfilmung des Romans „Die Puppenspie­ler“ins Fernsehen. Wie zufrieden sind Sie damit? Kinkel: In der Verfilmung wird eine eigene Geschichte erzählt. Ich war zweimal bei den Dreharbeit­en und sehr beeindruck­t von dem Engage- der Leute vor und hinter der Kamera. Dieses Projekt hatte eine Vorlaufzei­t von zehn Jahren. In diesem Zeitraum hat sich Regisseur Rainer Kaufmann immer darum bemüht. Ich bin auch vom Ergebnis schwer beeindruck­t. Aber natürlich, wie nicht anders zu erwarten, ist der Film ein anderes Medium mit anderen Gesetzmäßi­gkeiten. Der Roman umfasst 670 Seiten. Da hat man sich bei einer zweiteilig­en Verfilmung nur einige Aspekte aus dem Buch greifen können und zu einer eigenen Geschichte gemacht. Aber darauf war ich gefasst.

Wie schreiben Sie: noch auf Papier oder schon mit Laptop?

Kinkel: Meinen allererste­n Roman habe ich noch auf Papier geschriebe­n. Seitdem benutze ich einen PC. Und glauben Sie mir: Gerade für die Korrekturp­hase, die bei einem Roman ungeheuer wichtig ist, ist es enorm wichtig, wenn man heute nicht alles neu tippen muss, nur um ein paar Absätze zu ändern.

Wo schreiben Sie? Haben Sie eine Art Denkerstüb­chen oder schreiben Sie in der Öffentlich­keit wie Erich Kästner oder in der Nähe der Kulissen eines aktuellen Themas?

Kinkel: Nein, nicht in der Öffentlich­keit. Denn ich brauche meine Ruhe. Ich schreibe hauptsächl­ich in meinen eigenen vier Wänden in München, bin aber nicht darauf fixiert. Notizen während der Recherchen kann ich mir sowieso überall machen – egal ob in Bibliothek­en oder im Zug. Dabei folge ich einem strengen Muster: Ich beginne ein Buch imment mer mit Recherchen in Bibliothek­en und ende mit der Recherche vor Ort.

Das klingt aber anstrengen­d.

Kinkel: Nein, das macht Spaß. Einzig die Korrektur ist das Anstrengen­de. Das Recherchie­ren und Entwickeln ist so eine Art Detektivre­ise, indem man sich historisch­en Personen nähert und sie ausgestalt­et. Die Korrekturp­hase ist das eigentlich Schweißtre­ibende.

Macht es Sie traurig, wenn Sie in allen Zeiten immer auf dieselben Fehler der Menschen stoßen, die offenbar kaum in der Lage sind, aus den Fehlern der Geschichte zu lernen?

Kinkel: Es kann manchmal frustriere­nd sein, gelegentli­ch ist es aber auch ermutigend. Denn es gibt durchaus auch Menschen, die in der Lage sind zu lernen. Und es beantworte­t eine Frage, die mir hin und wieder gestellt wird: Ob ich lieber in der Vergangenh­eit leben möchte?

Kinkel: Ich kann Ihnen sagen: hundertpro­zentig nicht. Gerade als Frau lebe ich hier und heute an diesem Fleck der Erde besser als ich es in irgendeine­r anderen Phase der Menschheit­sgeschicht­e tun würde.

Was macht eine Schriftste­llerin, wenn sie nicht schreibt, ins Theater geht oder sich sonst wie bildet? Haben Sie so eine Art Geheimnis des Banalen?

Kinkel: Nein. Ich mache das, was andere Leute auch tun, treffe mich mit Freunden, entspanne mich, lese Bücher aus Freude. Ich schaue auch TV-Serien und gehe gerne ins Kino oder Theater. Im Sommer wandere ich und im Winter fahre ich leidenscha­ftlich Ski.

Warum leben Sie in München? Kinkel: Ursprüngli­ch bin ich hierhergek­ommen, um zu studieren. Dann habe ich festgestel­lt, dass ich durchaus gerne in München lebe, denn es liegt von meiner Heimatstad­t Bamberg, an der ich sehr hänge, nur zwei Auto- oder Zugstunden entfernt. Und: Von München aus ist es nicht weit in die Berge und nach Italien und mein Verlag ist da. Außerdem hat die Stadt noch den größten Charme von allen deutschen Metropolen.

TV Termin

● Am 27. und 29. Dezember zeigt Das Erste jeweils um 20.15 Uhr den historisch­en Zweiteiler „Die Pup penspieler“nach dem gleichnami gen Roman von Tanja Kinkel.

● Unter der Regie von Rainer Kauf mann spielen unter anderem Her bert Knaup, Samuel Schneider, Helen Woigk, Ulrich Matthes, Sascha Alexander Gerak und Philipp Moog.

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Foto: Markus Scholz, dpa Tanja Kinkel, 48, wurde mit dem Roman „Die Puppenspie­ler“zur Starautori­n. Jetzt kommt das Werk Ende des Jahres ins Fernsehen.

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