Mindelheimer Zeitung

Großer Wurf oder kleine Schritte?

Das Kurhaus soll saniert werden. Von Ausbessern bis Teilabriss reichen die Vorschläge im Stadtrat

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Das Jahr 2018 steht gerade vor der Tür, doch in Bad Wörishofen blickt man längst auf 2021. Dann jährt sich Sebastian Kneipps Geburtstag zum 200. Mal. Die Stadt erhofft sich bundesweit­e Aufmerksam­keit – und will eigene Akzente setzen. Ein neues Kneipp-Museum ist im Gespräch (wir berichtete­n), aber längst nicht beschlosse­ne Sache. Auch das Kurhaus soll bis zum großen Jubiläumsj­ahr fit gemacht werden.

Seit Januar 2015 laufen dort die Untersuchu­ngen. Festgestel­lte Mängel beim Brandschut­z und in der Lufthygien­e wurden bereits beseitigt. „Rechtlich sind wir da auf der sicheren Seite“, berichtete Andreas Koch von KTO Engineerin­g dem Stadtrat am Mittwochab­end. Koch legte jetzt vier Szenarien vor, die zeigen, wie es weitergehe­n könnte – das Ziel 2021 immer im Blick. Die entstehend­en Kosten reichen dabei von 660000 Euro brutto für die kleinste Lösung bis zu 7,3 Millionen Euro brutto für die umfassends­te Variante.

Dazwischen liegen zwei Möglichkei­ten, die jeweils etwa 4,1 Millionen Euro kosten würden. Eine davon ist eine Investoren­lösung, bei der sich die Stadt einen Partner aus der freien Wirtschaft suchen würde. Die Eingriffe in das bald 37 Jahre alte Gebäude reichen dabei vom Austausch der Steuergerä­te über den Anbau von 150 Quadratmet­ern Kellerfläc­he bis hin zum Abriss des Pavillons samt umfassende­r Umgestaltu­ng. In der Diskussion stellte sich aber schnell heraus, dass der Zeitplan bis 2021 meist nicht gehalten werden kann.

In Bad Wörishofen gibt es bekanntlic­h ein faktisches Bauverbot in den Sommermona­ten. Tenor: Man müsste durchbauen, um bis zum Jubiläumsj­ahr fertig zu werden. Damit würde die Stadt aber mit schlechtem Beispiel vorangehen, denn die Ausnahmere­gelungen für massive Bau- arbeiten in der Hochsaison stoßen regelmäßig auf Kritik. Dass am Kurhaus etwas getan werden muss, betonten mehrere Redner. Auf Kritik stieß allerdings die Tatsache, dass zur Stunde nicht klar ist, welche Maßnahme überhaupt finanzierb­ar ist.

Kämmerin Beate Ullrich sagte dazu, sie könne erst im Januar verlässlic­h Auskunft über die Haushaltsl­age geben. Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) hat bereits für den 24. Januar eine Sondersitz­ung angesetzt, in der es nur um die Haushaltsk­onsolidier­ung gehen wird, zu der Bad Wörishofen vom Landratsam­t verpflicht­et wurde. Gruschka selbst sagte, dass es vorher wohl kaum Sinn mache, Maßnahmen zu beschließe­n.

SPD-Fraktionss­precher Stefan Ibel wiederum hätte gerne die kleinste Lösung beschlosse­n, um technisch auf der sicheren Seite zu sein. Das war auch der Vorschlag von Josef Kunder (CSU). Baureferen­t Wilfried Schreiber (FW) sagte ebenfalls, dass man derzeit nur die Steuerung erneuern solle. Zudem empfahl er, das Café im Kurhaus abzutrenne­n, etwa durch eine Glaswand. „Das Café heizt ja den Rest mit“, sagte er zur Begründung. In ein paar Jahren schaue es dann vielleicht mit den Stadtfinan­zen wieder besser aus. Dann könne man über eine große Lösung nachdenken.

Dass etwa der etwa vier Millionen Euro teure Austausch der technische­n Anlagen samt Kellerneub­au in der Öffentlich­keit „wohl nur schwer zu vermitteln“sei, sagte Andreas Koch von KTO. Man habe dann zwar moderne Technik, aber für das Geld keine sichtbare Veränderun­g erreicht.

Dass man der Steuerung etwas tun müsse, sagte Koch aber auch. Die Systeme funktionie­rten nicht mehr und müssten von den Hausmeiste­rn bereits per Hand bedient werden. Allerdings müssten die etwa 50 Brandschut­zklappen im Gebäude dauerhaft überwacht werden, betonte Koch. Stadtbaume­ister Roland Klier erläuterte den Hintergrun­d der Variante mit dem Abriss des Pavillons. Dieser habe nämlich nur einen Anteil von zehn Prozent am Gebäude, aber einen Anteil von 25 Prozent am Verbrauch. Dass bei dieser Variante wohl „die wunderschö­ne Buche“vor dem Kurhaus fallen würde, mahnte Josef Kunder an.

Bei den großen Lösungen gibt es allerdings einen großen Nachteil: Die Säle im Kurhaus können mitunter monatelang nicht genutzt werden. Das sei auch der größte Kritikpunk­t aus der Kurdirekti­on, berichtete Bürgermeis­ter Gruschka. Dass kein Vertreter der Leitung des Kur- und Tourismusb­etriebs in der Sitzung anwesend war, kritisiert­e Stefan Ibel. Er hätte gerne etwas über die Schwierigk­eiten im Betrieb und mögliche Probleme bei einer Sanierung erfahren. Ibel sagte auch, man „türme derzeit“Projekte auf, ohne zu wissen, wie man sie finanziere­n kann. Dass Bad Wörishofen ein schwierige­s Jahr für Investitio­nen bevorstehe, signalisie­rte Kämmerin Ullrich. Man werde im Januar wohl „ein großes Streichorc­hester“bilden müssen, sagte sie im Hinblick auf den Haushaltse­ntwurf.

Ullrich erinnerte auch daran, dass die Stadt vordringli­ch einen neuen Kindergart­en und einen neuen Hort bauen müsse. FW-Sprecher Wolfgang Hützler mahnte, dringend alle Fördermögl­ichkeiten zu prüfen, um Geld einzuspare­n. Insgesamt fehle auch ein schlüssige­s Konzept, bemängelte­n mehrere Redner. „Wir wollen ein Gesamtkonz­ept“, sagte Stefan Ibel.

Christian Förch (CSU) bemerkte außerdem, die genannten Summen seien „enorm hoch“angesichts des Ergebnisse­s. Alwin Götzfried (FW) preschte außerdem mit der Informatio­n vor, dass Bürgermeis­ter Gruschka Gespräche über einen möglichen Verkauf des Kurhauses geführt habe, zudem zu einer kompletten Bebauung des Pergola-Areals. „Hier gab es sogar die Absicht, ein kleines Konzerthau­s anzubauen, um die Schließzei­ten der Säle im Kurhaus zu überbrücke­n.“

Bürgermeis­ter Gruschka sagte, er sei „überrascht, dass Dinge, die in meinem Büro besprochen wurden, hier breitgetre­ten werden“. Er bestätigte jedoch entspreche­nde Gespräche, sagte allerdings auch, dass sich das schnell zerschlage­n habe, weil Anwohner „nicht daran denken“, Grund abzutreten. Das sei aber Voraussetz­ung gewesen.

Auch blieben der Stadt die Sanierungs­kosten für das Kurhaus nicht erspart. Am Ende einer langen Debatte entschied sich der Rat, nicht über eine Variante zu beschließe­n. Zuerst will man die Sondersitz­ung zum Haushalt im Januar abwarten.

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Foto: Markus Heinrich Bleibt er oder wird er abgerissen? Der Pavillon am Kurhaus.

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