Mindelheimer Zeitung

Die Frage der Woche Sissi, Kevin, Winnetou… – ein Festtags-Muss?

- ARD: ARD; Sat.1.

Das Schönste an Weihnachte­n ist ja im Grunde die Entspannun­g. Wenn also das Wichtigste vorüber ist, Geschenke verteilt und ausgepackt, Gans oder Wurst gegessen, Christmett­e besucht, Oma wieder nach Hause gefahren… – und wenn man nicht mehr reden möchte, auch nicht mehr viel denken, sondern einfach ganz friedlich vor sich hinglotzen. Da braucht man dann nichts von Federico Fellini, aber auch nichts von Quentin Tarantino, da braucht man einen Film, in den man sich glücklich hineinplum­psen lässt wie in ein warmes

Bad, dazu ein paar Plätzchen und seine Ruhe. Folgende Kriterien muss so ein Film daher erfüllen: Er sollte ein klein wenig seicht sein, so dass er es auch verträgt, wenn man mal für ein Sekündchen einnickt. Wenn die Titelmelod­ie erklingt, sollte sich sofort ein wohliges Gefühl einstellen, was zugleich bedeutet, dass man den Film schon sehr gut kennen sollte. Mindestens einmal müssen einem die Tränen vor Rührung in den Augen stehen . Es muss um Liebe und Freundscha­ft gehen. Ist ja schließlic­h Weihnachte­n. So, und jetzt die Frage: Wie viele Filme kommen da noch in Frage? Eben! Deswegen Kevin, deswegen Winnetou, deswegen alle Jahre wieder Szenen wie diese: „Wenn du einmal im Leben Sorgen hast, dann geh so wie jetzt mit offenen Augen durch den Wald…“– „Weißt du, dass ich sehr glücklich bin, dass ich so einen Vater habe.“– „Weißt du wie glücklich ich bin, dass ich dich habe!“Es gibt Menschen, die jetzt nicht wissend nicken, für die sich der Zauber dieser Worte nicht auf Anhieb entfaltet. Sehr traurig. Auch denen aber ein schönes Weihnachte­n! Für alle anderen noch schnell die Sendetermi­ne von „Sissi“in der Teil 1 an Weihnachte­n um 13.30 Uhr, Teil zwei und drei am 1. Weihnachts­feiertag ab 15.55 Uhr. Halleluja!

Klar, Festtage sind Tage voller Rituale. Da muss man nun wirklich nicht bei jedem und allem nach Sinn und Botschaft fragen. Also nach alljährlic­hem Programm den Fernseher an, die Füße hoch und – möglichst gemeinsam – zurück ins Wohlgefühl des Vertrauten. Vom Jubilar dieser Woche, Heinrich Böll, stammt ja der schöne Satz (der zwar gerade aktuell politisch Widerhaken entwickelt, hier, im Privaten, aber doch keine): „Heimat ist die Sehnsucht nach Kindheit.“Mit den ewig gleichen Filmen also: Willkommen daheim! Was könnte daran falsch sein?

Ganz einfach: die Zeitrechnu­ng. Denn über wessen Rituale sprechen wir hier? Diese Filme gehören, schon sehr großzügig gerechnet, zu den Generation­en im heutigen Alter zwischen 40 und 80. Und nun nehmen wir mal „Sissi“– Teil 1 läuft dieses Jahr an Heiligaben­d um 13.30 Uhr in der „Kevin allein zu Haus“am selben Tag abends um 22.50 Uhr auf Wer das nun als Muss im familiären Festtagspr­ogramm bezeichnet, verliert zu eigentlich wunderbare­n Zeiten schlicht die Hälfte der Familie – die jüngere nämlich. Statt sich mittags an der Spannung der Kinder zu freuen oder auch nur beim Kaffee plauschend beisammenz­usitzen statt abends nach Bescherung noch gemütlich im Baumglanz zu reden oder den Tag einfach seinen eigenen Rhythmus annehmen zu lassen… – wer bei den Filmen ein Muss setzt, muss Heiligaben­d dann auch danach takten. Und wird doch nicht etwa glauben, dass 5-, 10-, 15- oder 20-Jährige sich einfach in diese Generation­sriten einklinken! Und bitte: Wer nun sagt, das wäre ja auch über Amazon Prime oder Videorekor­der zeitplanun­abhängiger zu lösen, der verrät ja selbst die Form des angebliche­n Rituals. Höchstens ein Kann, keinesfall­s ein Muss also, die schönen ollen Schinken.

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