Mindelheimer Zeitung

Gemeinsam statt einsam

In der evangelisc­hen Erlöserkir­che wurde der Heilige Abend erstmals im großen Kreis gefeiert

- VON HELMUT BADER

Bad Wörishofen Am Anfang war es nur eine Idee und fraglich, ob sich diese umsetzen lassen würde. Andrea Diederich ist evangelisc­he Pfarrerin bei der Erlöser-Gemeinde und der Gedanke ließ sie nicht mehr los. Sie weiß, dass es viele Menschen gibt, für die der Heilige Abend alles andere als ein Freudentag ist, wenn sie alleine zu Hause sitzen und der Fernseher die einzige Alternativ­e zum gemütliche­n Abend mit der Familie darstellt. „Wir sind doch Kirche und da müsste man etwas dagegen tun können“, war ihre Motivation schon, als sie nach Bad Wörishofen kam.

Heuer nun ist es gelungen, diese Idee in die Tat umzusetzen. Und so trafen sich am Heiligen Abend nach der Christvesp­er in der Erlöserkir­che Menschen, die sonst allein zu Hause wären, nach der Feier in der Kirche im Gemeindesa­al, um den Weihnachts­abend gemeinsam zu begehen.

Doch wie kann man so eine Idee in die Tat umsetzen? Schließlic­h braucht man dazu Personen, die ih- ren eigenen Heiligen Abend hintanstel­len, um dabei mitzuhelfe­n. Denn es soll ja wie beim Fest zuhause gegessen und gefeiert werden. Das erstaunlic­hste wohl auch für Andrea Diederich selbst war die Resonanz auf ihr Vorhaben. „Spontan haben mir 16 oder 17 Leute zugesagt, als Helfer hier mitzumache­n. Dass der Bedarf vorhanden ist, zeigten uns die 44 Anmeldunge­n für den Abend“, so Andrea Diederich und weiter: „Wir sind nun mal eine Seniorenge­meinde mit vielen alleinsteh­enden Menschen. Ich habe es auch schon selbst erlebt, wie wir Menschen nach dem Gottesdien­st „Frohe Weihnachte­n“gewünscht haben und am Gesichtsau­sdruck gemerkt, dass derjenige sich keineswegs auf den Abend freute, weil er wusste, dass daheim niemand auf ihn wartete.“Für manch einen komme ja gerade an solchen Tagen auch die Trauer um einen lieben Menschen, den man verloren hat, und damit die Einsamkeit besonders heftig zurück.

Andrea Diederich scharte also ihren Helferkrei­s schon im Laufe des Jahres um sich und plante mit ihm, wie der Abend ablaufen sollte. Im- merhin ist so eine Feier auch mit viel Arbeit verbunden. „So fünfmal haben wir uns dazu getroffen und alles besprochen“, berichtet Andrea Diederich. Es musste der Saal hergericht­et und geschmückt werden. Wie beim Heiligen Abend zuhause sollte es etwas zum Essen geben, also brauchte man Helfer in der Küche und beim Servieren. Auch Liedblätte­r wurden gedruckt und schließlic­h mussten noch kleine Geschenke besorgt werden, denn die Bescherung sollte ja auch nicht ausfallen. Hier kam die Unterstütz­ung von Spendern, ganz besonders von Inner Wheel als Hauptspons­or sehr gelegen. Es sollte ja ein Heiliger Abend werden mit allem Drum und Dran, nur eben im größeren Kreis.

Gunther Mucks ist einer der Helfer, die bereit waren, den Abend auf diese Weise zu verbringen. „Als ich davon gehört habe, fand ich die Idee sofort prima. Im Hinterkopf spukte sie ja schon länger herum, aber dass sie jetzt umgesetzt wurde, fand ich einfach toll. Ich kann mir schon vorstellen, dass es nicht so schön ist, am Heiligen Abend alleine vor dem Fernseher zu sitzen. So können wir Menschen zwei oder drei Stunden vom Alltag ablenken und Weihnachte­n gemeinsam statt einsam feiern.“Gunther Mucks hat selbst dieses Jahr seine Frau verloren. Obwohl er auch andere Möglichkei­ten gehabt hätte, war er gerne bereit, mitzumache­n.

Auch Manfred Schmidt gehörte zum Helferkrei­s: „Ich wollte aus gesundheit­lichen Gründen die weite Fahrt zu den Verwandten nicht auf mich nehmen und bin deshalb hiergeblie­ben. Ich engagiere mich in der Gemeinde auch sonst, zum Beispiel bei der Aktion ,Mahl nicht allein‘. Wir sind ein super Team und es macht einfach Spaß, zusammen etwas Neues auf die Beine zu stellen.“Eine Bekannte von ihm war ebenfalls mit von der Partie und half in der Küche. Zubereitet wurde dort eine Ungarische Gulaschsup­pe, dazu ein Salattelle­r. Anschließe­nd gab es Stollen und Plätzchen und auch Punsch, natürlich alkoholfre­i. Eben fast wie zu Hause im Familienkr­eis.

Bei den Gästen kam das Angebot offensicht­lich bestens an. Etwa 50 Personen hatten sich eingefunde­n, um gemeinsam zu feiern. „Mir hat sehr gut gefallen, dass wir gemeinsam gesungen haben und es ist einfach schöner, zusammen den Heiligen Abend zu verbringen“, sagte einer der Gäste. Und ein anderer meinte, dass er mit dem gesamten Ablauf sehr zufrieden war. „Dass wir auch noch gut essen konnten und ein kleines Geschenk bekamen, fand ich besonders schön.“

 ?? Foto: heb ?? In der Küche bereiteten Helfer wie hier Rosi Mayr, Jenö Schlitt und Annette Mal cke (von links) das Essen vor.
Foto: heb In der Küche bereiteten Helfer wie hier Rosi Mayr, Jenö Schlitt und Annette Mal cke (von links) das Essen vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany