Mindelheimer Zeitung

Wie man die Geldanlage richtig streut

Wer zum Beispiel in Aktien oder Fonds investiert, muss mit schwankend­en Kursen zurechtkom­men. Wie das geht

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München Konzentrie­ren sich Anleger bei ihrem Investment nur auf ein Land, eine Branche oder ein Unternehme­n, gehen sie meist ein Risiko ein. Fachleute sprechen auch von einem sogenannte­n Klumpenris­iko. Um das zu vermeiden, raten Finanzexpe­rten immer wieder: möglichst breit streuen. In der Fachsprach­e heißt das Diversifik­ation. Sind Anleger also auf der sicheren Seite, wenn sie möglichst viele Titel für ihr Depot kaufen?

Ganz so einfach ist es nicht, sagt Stefan Mittnik: „Nur weil Anleger viele Titel in ihrem Depot haben, reduziert dies noch lange nicht die Risiken.“Der Professor für Finanzökon­ometrie und Direktor des Center for Quantitati­ve Risk Analysis an der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t in München erklärt: „Mehr Titel erhöhen die Komplexitä­t im Portfolio, führen aber nicht notwendige­rweise zu einem ausgewogen­en Portfolio.“

Es hilft also nichts, die vierte Aktie oder den zweiten Fonds aus demselben Geschäftsf­eld zu kaufen. Im Gegenteil: „Wer es mit der Diversifik­ation zu gut meint, verliert schnell den Überblick“, sagt Annabel Oelmann von der Verbrauche­rzentrale Bremen. Statt möglichst viele ähnliche Titel zu kaufen, ist es also besser, das Geld auf verschiede­ne Anlageklas­sen zu verteilen – etwa Tagesgeld, Festgeld, Aktien, Rentenpapi­ere, Fonds und Anleihen. Das allein reicht aber nicht: Auch innerhalb der Anlageklas­sen sollten Verbrauche­r eine Streuung vornehmen, rät Oelmann: „Bei Aktien etwa sollten nicht nur verschiede­ne Länder und Kontinente abgebildet werden, sondern auch verschiede­ne Wirtschaft­szweige, Branchen oder auch Unternehme­nsgrößen.“

Das Problem dabei: „Privatanle­ger konzentrie­ren sich gern auf Branchen, mit denen sie emotional verbunden sind“, erklärt Andreas Görler, Vermögensv­erwalter bei Wellinvest-Pruschke & Kalm. Er nennt ein klassische­s Beispiel in Deutschlan­d Autoaktien. Viele Anleger denken, Fonds sind da die Lösung. Doch Vorsicht: „Wenn Anleger etwa in drei unterschie­dliche weltweit angelegte Aktienfond­s investiere­n, diese sich allerdings hinsichtli­ch ihrer Struktur – Region, Branchen, Unternehme­n – ähneln, werden sich diese Fonds auch ähnlich entwickeln“, gibt Oelmann zu bedenken.

Damit Anleger ein ausgewogen­es Portfolio erhalten, rät Mittnik: „Konzentrie­ren Sie sich auf Papiere, deren Kurse sich möglichst unabhängig voneinande­r entwickeln. So reduzieren Sie das Risiko.“Das Zauberwort heißt in der Fachsprach­e Korrelatio­n. Mittnik erklärt: „Je gegenläufi­ger sich die Investment­s bewegen, desto stärker können sie Verluste dämpfen und dadurch das Gesamtrisi­ko im Portfolio mindern.“

Geschickt diversifiz­iert ist das Risiko des Gesamtport­folios geringer als das Risiko der einzelnen Titel. Diese Idee geht auf den US-amerikanis­chen Ökonomen Harry M. Markowitz zurück – dafür erhielt er 1990 den Nobelpreis für Wirtschaft­swissensch­aften. Mittnik nennt ein Beispiel: „Wer Öl-Aktien und Airline-Aktien in seinem Depot hat, kann durch deren gegenläufi­ge Entwicklun­g oft Schwankung­en ausgleiche­n und sogar Verluste kompensier­en.“Sinkt der Ölpreis und damit der Kurs der Öl-Aktie, profitiere­n von den günstigere­n Kerosinpre­isen meist Fluggesell­schaften. Soweit die Theorie. Die Realität ist meist komplexer.

„Das Risiko einzelner Titel kann sich etwa durch Krisen oder Turbulenze­n sprunghaft verändern“, gibt Mittnik zu bedenken. Was passiert etwa, wenn der Ölpreis sinkt und gleichzeit­ig die Airline Pleite geht? Krisenzeit­en können die Regeln der Korrelatio­n außer Kraft setzen. Unsicherhe­it auf den Märkten führt oft dazu, dass die Kurse stärker schwanken. „Steigt die Schwankung­sbreite einzelner Titel, sollte man deren Kursverläu­fe genau im Blick halten – und diese gegebenenf­alls im Portfolio untergewic­hten“, rät Mittnik.

Ein Indikator für Anleger, die in deutsche Unternehme­n investiere­n, ist der VDax: Er spiegelt die Schwankung­sbreite des Dax wider. „Steigt der VDax weit über 25 Prozent, sollte man seine Dax-Titel untergewic­hten – also Dax-Titel zumindest teilweise aus seinem Depot verkaufen“, empfiehlt Mittnik.

Oelmann beruhigt Anleger aber: „Wer grundsätzl­ich gut aufgestell­t ist und sein Vermögen auf verschiede­ne Anlageklas­sen und Laufzeiten verteilt, sollte sich in Krisenzeit­en nicht aus der Ruhe bringen lassen.“

Aktien: Verschiede­ne Branchen und Länder

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Foto: v.poth, Fotolia Um Risiken zu vermeiden, sollte man sein Geld breit verteilt anlegen. Einige Regeln helfen dabei.

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