Mindelheimer Zeitung

Faszinatio­n Explosion

Feuerwerk-Hersteller Peter Sauer über das Spektakel am Himmel, die wahren Künstler und tödliche Gefahren

- Interview: Michael Böhm

Herr Sauer, was macht jemand, der sich das ganze Jahr über mit Feuerwerk beschäftig­t, an diesem Sonntag um Punkt 24 Uhr?

Peter Sauer: Er zündet natürlich ein Feuerwerk, was sonst? Naturgemäß haben wir auch an Silvester einige Veranstalt­ungen, bei denen wir für das Feuerwerk zuständig sind. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich Silvester privat gefeiert habe.

Wie läuft denn momentan das Geschäft mit den Raketen? Böllern die Bayern mehr oder eher weniger als früher? Sauer: Wenn ich mir die Umsätze der vergangene­n Jahre so ansehe, geben die Menschen insgesamt mehr Geld für Feuerwerk aus als früher. Da gibt es die echten Liebhaber, die ganz spezielle Wünsche haben und denen dann auch egal ist, was das kostet. Gleichzeit­ig gibt es aber auch viele Menschen, die sich ein Feuerwerk nicht mehr leisten wollen, nicht mehr leisten können oder die aus anderen Gründen darauf verzichten.

Böllern die Bayern heute auch anders als früher?

Sauer: Auf jeden Fall. Früher war die Rakete der Klassiker, den jeder haben wollte. Dazu haben die Leute Böller in rauen Mengen gekauft. Aus Hersteller­sicht waren damals die Möglichkei­ten sehr begrenzt. Vor 20, 30 Jahren durften in einem Feuerwerks­körper nur 20 Gramm an Explosions­stoff enthalten sein. Das hat sich erst mit der Harmonisie­rung der Gesetze durch die Europäisch­e Union verändert. Heutzutage stecken bis zu zwei Kilo Pulver in manchen Batterien oder Verbundfeu­erwerken. Damit lassen sich natürlich deutlich mehr Effekte erzeugen. Seither wollen alle fast nur noch Batterien haben. Böller, die einfach nur krachen, verkaufen sich dagegen fast gar nicht mehr. Wie viel Geld sollte man denn für ein schönes Feuerwerk ausgeben? Und was empfehlen Sie als Profi?

Sauer: Für 50 Euro bekommt man schon ein ganz ordentlich­es Feuerwerk. Nach oben gibt es wie so oft keine Grenzen, unsere profession­ellen Feuerwerke kosten in der Regel zwischen 1200 und 12 000 Euro. Für den privaten Gebrauch würde ich den Kauf einer Batterie empfehlen. Zum einen sind diese sehr sicher, weil sie nur einmal angezündet werden müssen und dann mit ausreichen­d Abstand angesehen werden können. Zum anderen bieten sie in der Regel eine große Bandbreite an Effekten und Farben. Das ist eigentlich das Wichtigste: ein gutes Feuerwerk muss abwechslun­gsreich sein.

Sie haben in Ihrem Leben schon einige Feuerwerke gesehen. Was war das bislang schönste?

Sauer: Das ist schwer zu sagen. Für mich persönlich muss das Spektakel am Himmel gar nicht immer so groß sein, wenn dafür das Ambiente zum Feuerwerk passt. Ein See, ein Park, ein Schloss, Berge – da gibt es unzählige gelungene Beispiele. Das Feuerwerk zum Seefest am Tegernsee ist so eines. Oder das im Schwabache­r Luitpoldpa­rk. An Silvester sind wir regelmäßig am Eibsee an der Zugspitze, auch da ist es schön. Besonders beeindruck­t haben mich zuletzt aber Feuerwerke in Japan – so etwas habe ich zuvor noch nicht gesehen. Da sitzen die echten Künstler. Da verlaufen die Farben spektakulä­r ineinander, es werden viele Effekte miteinande­r kombiniert – das ist wirklich fasziniere­nd. Wer sich damit auskennt, weiß, wie enorm viel Arbeit da drin steckt.

Sie gelten mit Ihrem Familienbe­trieb als Deutschlan­ds ältester Feuerwerk- Hersteller. Das Jahr 2011 dürfte eines der schwärzest­en ihrer über 150-jährigen Unternehme­nsgeschich­te gewesen sein, oder?

Sauer: Das stimmt. Einer unserer erfahrenst­en Mitarbeite­r hat damals alte Feuerwerks­körper auseinande­rgebaut – eine eigentlich ganz normale Tätigkeit. Allerdings hat er dabei versehentl­ich eine Zündung ausgelöst. Es kam zu einer Explosion, bei der ein Gebäude zerstört wurde und der 49-Jährige ums Leben kam. Dieser Unfall hat mir eindrückli­ch gezeigt, wie unberechen­bar Feuerwerk sein kann, auch wenn man sich täglich damit beschäftig­t. Man muss einfach unglaublic­h vorsichtig sein. Das gilt für Profis genauso wie für Laien. Der Mensch ist immer noch der allergrößt­e Risikofakt­or. Peter Sauer, 55, ist Ge schäftsfüh­rer der Kunst Feuerwerk Fabrik Fritz Sauer in Gersthofen (Kreis Augsburg)

 ?? Archivfoto: A. Kaya ?? Für viele Menschen gehört das Feuerwerk an Silvester einfach dazu – unser Bild zeigt den Blick über Augsburg im Jahr 2009. Der Verband der pyrotechni­schen Industrie geht dieses Jahr von einem Umsatz von rund 137 Millionen Euro aus.
Archivfoto: A. Kaya Für viele Menschen gehört das Feuerwerk an Silvester einfach dazu – unser Bild zeigt den Blick über Augsburg im Jahr 2009. Der Verband der pyrotechni­schen Industrie geht dieses Jahr von einem Umsatz von rund 137 Millionen Euro aus.
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