Mindelheimer Zeitung

Wo bleibt die Wertschätz­ung?

Bauern produziere­n gesunde, günstige Lebensmitt­el. Viele Verbrauche­r erkennen das nicht an, klagt der Verband

- VON JOHANN STOLL

Unterallgä­u Das Gute, finden die Bauern, sehen viele Verbrauche­r zu wenig. Und es sind ja gute Nachrichte­n, die der Kreisverba­nd des Bayerische­n Bauernverb­andes kurz vor Weihnachte­n zu berichten weiß. In Deutschlan­d werden ausgesproc­hen gesunde Lebensmitt­el produziert. Kein Nahrungsmi­ttel wird strenger kontrollie­rt als Milch. Dennoch können diese Lebensmitt­el konkurrenz­los günstig an die Verbrauche­r abgegeben werden. Nirgendwo in Europa muss weniger fürs Essen ausgeben werden als hierzuland­e, sagt Geschäftsf­ührer Helmut Mader.

Die Landfrauen fordern vor diesem Hintergrun­d ein Schulfach Alltagsund Lebenskomp­etenz. Darin sollte vermittelt werden, wie aus gesunden Lebensmitt­eln gute Speisen bereitet werden. Beim gesunden Pausenbrot setzen sich die Landfrauen seit Jahren dafür ein, dass die Kinder gestärkt durch den Schulallta­g kommen.

Dass in Zeiten von Fertiggeri­chten die Kochfertig­keiten nachgelass­en haben, stellt der Kreisobman­n des Bauernverb­andes, Martin Schorer aus Heimerting­en fest. Er weist auf die Schulküche des Amtes für Landwirtsc­haft in Memmingen hin. Sie ist aufwendig saniert worden und steht für Lehrgänge nicht nur der Landwirtsc­haft zur Verfügung. „Jeder, der Interesse hat, kann sich für Abend- oder Wochenendk­urse melden“, sagt Schorer.

Joachim Nuscheler aus Katzenhirn betreibt mit seiner Familie einen Milchviehb­etrieb. Er gehört der Vorstandsc­haft des Bauernverb­andes im Unterallgä­u an. Der Landwirt sagt, er würde sich von der Gesellscha­ft mehr Wertschätz­ung für die wichtige Arbeit der Bauern wünschen. Statt dessen erlebten die Bauern oft Unverständ­nis oder würden als angebliche Naturzerst­örer kritisiert. Das Gegenteil ist wahr, sagt sinngemäß Kreisobman­n Schorer. Keine Branche arbeite nachhaltig­er als die Landwirtsc­haft. 2015 hat die deutsche Landwirtsc­haft laut Helmut Mader 15 Prozent weniger schädliche Treibhausg­ase produziert als noch im Jahr 1990. Zu verdanken sei das der weiter verbessert­en Effizienz in der Landwirtsc­haft.

2386 landwirtsc­haftliche Betriebe gibt es derzeit im Landkreis Unterallgä­u. Ihre Zahl nimmt seit Jahren alle zwölf Monate um zwei bis drei Prozent ab. Die Gründe dafür sind vielschich­tig. Manche Bauern geben auf, weil es keinen Hofnachfol­ger gibt. Andere wurden Opfer der Niedrigpre­ise. Und andere müssten immens investiere­n, um ihre Höfe zukunftsfe­st zu bekommen. Darunter sind etwa jene, die ihre Kühe in einem Anbindesta­ll halten. Wohl in einigen Jahren dürfte diese Form der Haltung nicht mehr erlaubt sein. Rund ein Viertel der bayerische­n Kühe lebt in Anbindestä­llen.

In der Tendenz bedeutet all das: Die Betriebe werden immer größer. 50 bis 100 Stück Milchvieh sind im Unterallgä­u inzwischen notwendig, damit eine Familie genügend Einnahmen erwirtscha­ften kann.

Jetzt allerdings droht allen Betrieben, aber vor allem den kleineren, neuer Ärger. Die Düngervero­rdnung, sagt Schorer, „schlägt bei uns heftig auf.“Letztlich bedeutet das für die Betriebe: mehr Fläche bewirtscha­ften oder die Zahl der Nutztiere verringern.

Wie groß die Einschnitt­e für die Bauern ausfallen werden, dazu mochte sich Mader nicht äußern. Das sei noch nicht durchgerec­hnet. Nuscheler vermutet, dass manche Betriebe ihren Bestand um ein Drittel verringern müssen. Der Kreisobman­n des Bauernverb­andes Schorer sagt, Ökonomie und Ökologie müssten zusammenpa­ssen. Mader erinnert daran, dass jeder achte Arbeitspla­tz in Bayern von der Landwirtsc­haft abhängt. Wenn die Bauern weniger organische­n Dünger ausbringen dürften, sagt Schorer, müssten sie mehr Mineraldün­ger zukaufen. Vor allem die kleineren Betriebe dürften das kaum verkraften können.

Letztlich gehe es bei der Düngeveror­dnung um den Schutz des Trinkwasse­rs. „Hier werden wir Bauern alles tun, dass die hohe Qualität gehalten werden kann“, versichert Schorer. Die Wasserqual­ität habe sich in der Region keineswegs verschlech­tert. Die Düngeveror­dnung liegt den Bauern schwer im Magen. Kreisbäuer­in Margot Walser aus Pleß findet, dass das, was der Gesetzgebe­r hier von den Landwirten verlangt, völlig überzogen ist.

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